Die Wege zur Erneuerung in
der islamischen Gesellschaft
Prof. Dr. M. Shama
Die historischen Ereignisse haben nachgewiesen, dass die
Wendephase eine der gefährlichsten Phasen ist, die die menschlichen
Gesellschaften durchlaufen. Sie bildet nämlich die Phase eines scharfen
Konflikts unter den geistigen Strömungen, die in ihren Quellen und Ursprüngen
verschie-den sind, in ihrem Inhalt und ihren Formen miteinander in Widerstreit
stehen und in ihren Zielen und Zwecken weit auseinander liegen. Es ist ja so,
dass das Weltsystem auf dem Prinzip der Bewegung und des Wachs-tums beruht und
die Grundlage der Lebensdynamik sich auf Veränderung beschränkt. Wenn dies dem
Gedächtnis der Leute entfallen ist, kommt das Pulsieren des Daseins zum
Stillstand und nimmt die Lebensbewegung bis in Ewigkeit ab. Aber das
Sich-Gewöhnen der Leute an das Vertraute und deren Angst vor der Zukunft
stürzen sie in die Annahme, dass alles Neue in sich eine überraschende Gefahr
birgt, die die Grundlagen, auf denen ihr Leben basiert, zerstört und die
Stabilität, mit der sie vertraut und an die sie gewöhnt sind, erschüttert. Ja,
es ist sogar ein Grund betreffs dessen, was es bei ihnen an Dekadenz und
Rückständigkeit gibt. Sie sind zufrieden mit dem, was sie bei ihren Eltern
vorfanden und unter dessen Schatten sie gross wurden und sich entwickelten,
wenn es auch in einigen ihrer Aspekte etwas gibt, was deren Fortgang behindert
und ihnen das Erreichen dessen, was ihre Entlastung bewirkt und ihre Schmerzen
abschwächt, unmöglich macht. Somit beginnt der Konflikt zwischen denen, die zur
Befreiung von den Spuren der Vergangenheit auffordern und zum Öffnen der Arme
für alles Neue und zum Akzeptieren von allem Modernen aufrufen, weil das –
ihrer Meinung nach – das Leben zum Fortschritt vorantreibt und bei der
Befrei-ung von den Spuren der Vergangenheit hilft, insofern als es Dekadenz und
Rückständigkeit in allen Lebensbereichen gibt, und denen, die das Erneu-ern
ablehnen und auf dem Festhalten am Alten beharren, wie auch dessen Wert und
Auswirkung im Leben seien. Sie meinen, dass die Neuerung kein Gewicht habe und
so ihr Akzeptieren nicht erlaubt sei. Und sie habe auch keine Wurzeln, die
deren Vorhandensein in der Geselschaft ergeben und den Menschen zum
Beschäftigen mit ihr veranlassen. So sei sie eine „Ketzerei“ (Bidʿa), die
irreführt, wer ihr folgt, und diesen somit in ein fernes bodenloses Tal führe,
in dem er seine Identität verliere und sich seine Konturen inmitten der neuen
Bilder und Formen auflösten. Und damit zerrinne seine Persönlichkeit und
zerfalle als eine der Folgen dieses neu Angekommenen seine Wesenheit.
Zwischen diesen
und jenen gibt es eine Gruppe, die sich für die Neue-rung nicht begeistert.
Vielmehr zwingen sie die Lebensumstände zur Beschäftigung mit ihnen. Diese
Gruppe leugnet das Alte nicht, aber unter dem Druck der Lebensumstände
verschliesst sie ihre Augen vor ihm und zieht sich angesichts der Gegebenheiten
der Zeit und der Lebenserforder-nisse von ihm zurück. Deshalb sieht man sie
verwirrt und kopflos. Die vielfältigen Trends wetteifern in ihr und die
geistigen Strömungen aus allen Richtungen werfen sie hin und her. Sie hört auf
jene, die am Alten fest-halten, und neigt gänzlich zu ihnen. Ihre Gefühle sind
vertraut mit dem, was sie an Argumenten und Beweisen wiederholen, da das Alte
tief darin verwurzelt ist und die Wurzeln sich in ihren Gefühlen und
Empfindungen verzweigen. Und sie lauscht jenen, die zur Neuerung aufrufen. Und
sie verweigert ihnen kein Gehör und schlägt ihnen kein Argument und keinen
Beweis ab, da die Realität des Lebens sie bestärkt und der Wunsch nach
Fortschritt und Aufstieg sie bestätigt und die Hoffnung auf die Befreiung von
der Oberhand jener, die das Heft der Technologie des Zeitalters in der Hand
haben, unterstützt sie und bringt die Zögernden zur Parteinahme für ihre
Reihen.
Sind die
Standpunkte der Neuerer und der Konservativen eindeutig, so ist der Standpunkt
der breiten Masse noch schwankend. Sie pendelt zwi-schen diesen und jenen und
zuweilen neigt sie gänzlich zur Seite der Neuerer, und zwar wenn das weltliche
Interesse überwiegt und die Auswir-kung der Zivilisation und deren Glanz vor den
Augen und Ohren klar werden. Und dann wieder ist sie fanatisch für das Alte,
sofern die Gefühle überwiegen und die Gemüter erregt sind und die Empfindungen
entflam-men.
Das ist das
Bild der zeitgenössischen islamischen Gesellschaften, denn wenn sie einen
direkten Kontakt mit der westlichen Zivilisation aufnah-men, öffneten sich die
Augen der Muslime für einige Lebensgewohnheiten und musterhafte
Verhaltensvorbilder, die sie zuvor nicht gekannt und über die sie kein Wissen
hinsichtlich ihres Wesens und ihrer Dimensionen verf-ügt hatten. Es steht bei
ihnen nur fest, dass Fortschritt und Aufstieg jener Nationen im Produktionsbereich
mit all seinen Teilgebieten auf deren Wahl dieser Methoden bei der
Organisation der Angelegenheiten des Lebens und Ausrichtung des Verhaltens
der Individuen in der Gesellschaft zurückzu-führen sind. So lässt sich eine
Gruppe von Muslimen dazu hinreissen zur Befreiung von allen Spuren der
Vergangenheit und zum Annehmen der musterhaften Vorbilder des westlichen Lebens
als eine Grundlage für uns bei der Gestaltung unseres Lebens und bei der
Formung unseres Verhaltens aufzufordern, damit wir sie beim Fortgang des
Fortschritts und Aufstiegs einholen können. Zu dem, was diesen Aufruf
einschliesst, gehört die Auffo-rderung, dass wir ihren Spuren in allen Bereichen
folgen, seien es nun politische, wirtschaftliche oder soziale Bereiche. Und das
erfordere, dass diese Bereiche aus der Vorherrschaft der Religion befreit
werden, mit dem Argument, dass der Islam für das Leben in der modernen Zeit als
nicht mehr geeignet gelte. Und deshalb solle er sich nur auf den Bereich der
reinen Anbetungshandlungen beschränken, das heisst es müsse eine Tren-nung
zwischen Religion und Staat geben, was von
ihnen „Laizismus“ genannt wird. So ist der laizistische Staat ein Staat,
in dem die Religion keine Macht über die Angelegenheiten des Lebens hat,
sondern sich nur auf die Rolle der Anbetung beschränkt und die Angelegenheiten
des Lebens lässt. Sie führt die Leute durch die
Methode, die sie für sich als richtig betrachten.
Es ist
natürlich, dass eine andere Gruppe gegen sie opponiert. Sie sieht, dass der
Islam sowohl Religion als auch irdisches Leben sowie Moschee als auch
Institution für das Leben in all dessen Bereichen ist, in Anlehnung an das, was
die historischen Bücher an musterhaften Vorbildern überliefern, die bestätigen,
dass der Islam eine riesige Gemeinschaft mit vielfältigen Rassen und
Abstammungen in einer Weise führte, die es irgendeinem Sys-tem unmöglich macht
etwas Ähnliches bei der Verwirklichung von Freiheit, Gerechtigkeit, sozialer
Garantie und Erarbeitung der Bedingungen, die beim Fortschritt, Kreieren und
Erfinden helfen, zu erreichen. Wollen wir also eine Beschleunigung beim Lauf
der Zivilisation, so hat der Islam für uns die Überlegenheit über alle Nationen
in diesem Bereich bereits verwir-klicht – wenn wir ihn denn so anwenden wie es
sein sollte und wie es GOTT für uns unter SEINEM Schutz will.
In dieser Zeit
erreichten nur wenige im Namen des Islam Sprechende einen Grad an Kultur und
Wissen, der ihnen das Verstehen der Realität der zeitgenössischen menschlichen
Gesellschaften und das Unterscheiden zwi-schen dem, dessen Annahme unter den
gegenwärtigen Umständen notwen-dig ist, und dem, was man ablehnen soll,
ermöglichte. So ist auf keinen Fall in den islamischen Gesellschaften
Grosszügigkeit in dem Sinne statthaft, dass diese sie zur Ablehnung all dessen
führt, was mit der modernen Zivili-sation zusammenhängt, ja sogar wenn es keine
negative Auswirkung auf die religiöse Seite hat.
Sie stellten
das Beschäftigen mit jeglicher Erscheinungsform der Zivilisation in Abrede,
selbst wenn die Religion es nicht in Abrede stellt oder verbietet.
Sie legten dem
Verhalten der Leute Beschränkungen auf und stützten sich auf die Meinung eines
Rechtsgelehrten – ohne Berufung auf einen ein-deutigen Text.
Ihre
Rechtsgutachten sind durch Einschränkung und Kontrolle der Freiheit der Leute
gekennzeichnet, obwohl es eindeutige Texte gibt, die erläutern, dass GOTT den
Leuten keine Bedrängnis in der Religion aufer-legt, sondern diese eine Erziehung
und ein Geraderichten im Rahmen der Einfachheit und Leichtigkeit ist.
Dieser
Standpunkt einiger Geistlicher war ein Grund für das Beharren der zum Laizismus
des Staates Aufrufenden auf ihrem Standpunkt. Denn es lieferte ihnen den Beweis
dafür, dass die Religion für das zeitgenössische Leben nicht geeignet sei, das
durch Schnelligkeit von Veränderungen und Vielzahl von Neuerungen
gekennzeichnet ist. Es ist nicht möglich das Fest-halten an alten Formen, die
das Bewegen des Fortschritts hemmen oder als Hindernis innerhalb der
Gesellschaft stehen, mit dem Aufbruch zum Weg des Aufstiegs und der
Zivilisation in Einklang zu bringen. Zu dem, was diese Leute in ihrem
Standpunkt stützt, gehören die unter den Radikalen bekannten Standpunkte, die
die Elite der Gebildeten der Nation für überhaupt nicht annehmbar in der zeitgenössischen
Gemeinschaft hält, insbesondere was mit dem Politik- und Herrschaftsbereich
zusammen-hängt. Zu den bekanntesten dieser Standpunkte gehört, was einige
Geist-liche meinen, dass nämlich die Beratung, die der ehrwürdige Qurʾān
fest-legt, dass sie zu den notwendigen Eigenschaften für die islamische
Gesell-schaft gehört, für die Herrscher nicht verpflichtend sei. Denn die
Laizisten bezeichnen diesen Standpunkt als der Demokratie zuwiderlaufend, mit
der die Gesellschaften in der modernen Zeit dahingehend bekannt wurden, dass
sie die optimale Methode bei der Verwaltung der Herrschaftsangelegen-heiten sei.
Kommt also jemand und entledigt sie ihres Hauptinhaltes und vereitelt ihre
Grundwirkung, so ist es nur natürlich, dass er einen starken Widerspruch findet,
sogar wenn er seine Meinung mit dem Mantel des Islam umhüllt. Wie steht es dann
mit einer Meinung, die kein Gewicht im Bereich der islamischen
Rechtswissenschaft hat, selbst wenn jemand, der sich selbst als einen
Rechtsgelehrten bezeichnet, an ihr festhält. Die Laizis-ten griffen diese
Meinung jedoch auf und erhoben sie als eine Waffe, mit der sie verängstigen,
wer über den einladenden Aufruf zur Anwendung der islamischen Šarīʿah im
Bereich der Herrschaft nachdenkt, insofern als sie ihre Stimme erheben, dies
bedeute eine religiöse Diktatur, solange der Herrscher nicht zu der Meinung
derer verpflichtet sei, die er zu Rate zieht.
Zu den Dingen,
bei denen die Laizisten gegen die Herrschaft der Reli-gion in den
Lebensbereichen Einwände erheben, gehört ihre Angst vor dem Nicht-Vorhandensein
eines Einwands – oder Raumes für Kritik an mass-gebenden Leuten – unter dem
Schutz der religiösen Herrschaft; denn der Herrscher verbirgt sich hinter der
Heiligkeit der Religion, gegen die Ein-wände zu erheben niemandem gestattet ist.
Und damit stirbt die andere Meinung und der, in dessen Hand die Macht ist,
besitzt ohne Mitstreiter allein die Herrschaft. So gibt es niemanden, der Mut
zur Kritik an ihn hat, da man fürchtet des Abweichens von der Religion
beschuldigt zu werden. Und es gibt niemanden, der gegen seinen Beschluss
Einspruch erhebt ohne ein Meuterer gegen
die Religionslehren zu sein..
Es ist
merkwürdig, dass einige derer, die diese Waffen angesichts der zur islamischen
Herrschaft Aufrufenden erheben, keine Beziehung zur Meinungsfreiheit im Bereich
der Herrschaft haben. Und es gibt Feindselig-keit zwischen ihnen und dem Prinzip
der Ausdehnung des Raums zum Einwand, die die Historie auf ihren Seiten
vermerkte. In ihren Prinzipien oder politischen Programmen gibt es nichts, was
darauf hinweist, dass sie Aufrufende zur Demokratie sind oder das Vorhandensein
eines Einwands in der Gemeinschaft befürworten oder die Ausübung von Kritik am
Herrscha-ftssystem erlauben. Deren Wurzeln sind diktatorisch, und einige von
ihnen haben sie bereits für einen gewissen Zeitraum ausgeübt. Und deren Führer
und Lehrer üben sie nach wie vor in umfangreichem Mass aus. Denn wie nehmen sie
das, was sie „die Diktatur der Geistlichen“ nennen, als eine Waffe, mit der sie
die Allgemeinheit und die Volksmassen in der islami-schen Gesellschaft
verängstigen?
Das ist in der
Tat ein grosser Trugschluss. Die Lehre des Islam hat zwei Teile:
Ein Teil hängt
mit den reinen Anbetungshandlungen zusammen, und diese sind detailliert und
konkret festgesetzt. Deshalb ist deren Änderung oder Umbildung niemandem
erlaubt. Der Muslim hat sie also wie sie über-liefert wurden und ohne
Hinzufügung oder Verringerung an vereinbarten Quellen auszuüben.
Was aber den
zweiten Teil betrifft, und zwar was es ausser den reinen Anbetungshandlungen
gibt – was nämlich mit den Angelegenheiten des Lebens zusammenhängt – so
erlaubt es der Islam den Muslimen sich um sie zu bemühen und, wenn es der Fall
erfordert, deren Entwicklung. Sie haben das Recht dazu, solange sie dem
generellen Rahmen verpflichtet sind. Zu den Dingen, die diesen Kurs
veranschaulichen, gehört, was der Islam im Bereich der Herrschaft festlegt. Er
macht zur Bedingung, dass die Angelegenheit Beratung sei, das heisst, man muss
jedem die Möglichkeit geben seine Meinung zu äussern. Was über dies an Form und
Weise der Herrschaft hinausgeht, so bleibt deren Angelegenheit den Leuten
über-lassen. Sie haben das Recht zu wählen, was zu ihnen passt. Und sie haben
ferner das Recht zu ändern, was sie angewandt hatten, wenn sie sehen, dass es
einen Mangel hat, unter der Bedingung, dass das System, das sie besch-liessen –
wie seine Art und Form auch sei – auf dem Prinzip der Beratung beruht und das
Prinzip einschliesst jedem Individuum die Gelegenheit seine Meinung zu äussern
zu geben.
Das ist die
islamische Methode, die Aufgeschlossenheit für alle poli-tischen und
wirtschaftlichen Ideen und Experimente in der Welt erlaubt und gestattet, davon
zu übernehmen, was dem islamischen Staat Ungebunden-heit und Fortschritt möglich
macht, und alle Elemente des wissenschaft-lichen, politischen und
wirtschaftlichen Aufstiegs zu übernehmen. Wird nun zur Anwendung der
islamischen Šarīʿah aufgerufen, soll jeder Mensch mit ausgewogenem Verstand
verstehen, dass deren Grundlage das Prinzip der Beratung ist. Unter ihrem
Schutz sind das Anwenden von Demokratie in deren liberalen Sinne, nämlich durch
das Mehrparteiensystem, sowie, wenn dies zum Wohl der Gesellschaft ist, das
Errichten von Verfassungs-organen möglich. Denn zu den Grundlagen der
islamischen Rechtslehre gehört „Wo das Wohl ist, ist GOTTes Gesetz“. Sind die
Meinungen der Rechtsgelehrten bei irgendeiner Frage vielfältig, wird von ihnen
nur das ein Beschluss und ein alle Leute verpflichtendes Gesetz, was auf Basis
der Zufriedenheit der Mehrheit in Übereinstimmung mit dem Prinzip der Bera-tung
das Wohl der Leute erzielt. Damit fällt die von den Laizisten gezeigte
Verlegenheit angesichts der Fülle von Meinungen der Rechtsgelehrten bei einer
einzigen Frage fort, und ihre Angst vor dem gewaltsamen Durchset-zen deren
Meinungen durch die rigoros Unnachgiebigen zerrinnt. Das Prinzip der Beratung,
das der Islam festlegte, ist mit dem gewaltsamen Durchsetzen der Meinung
unvereinbar und bietet den Meinungen, die das Wohl der Leute verwirklichen, die
Gelegenheit zum Überwinden anderer Meinungen … sogar wenn deren Vertreter sich
in den Mantel des Islam hüllen und auf ihren Köpfen dessen Hut oder Zeichen
tragen.
Was aber die
Laizisten vorbringen, dass nämlich die Blütezeit der isla-mischen Herrschaft –
in der überall im Staat Gerechtigkeit herrschte und die Leute Meinungsfreiheit
genossen und das Prinzip der Gleichheit unter ihnen angewandt wurde und so
Stammesfanatismus und rassistisches Sektierertum verschwanden – kurz war, da
sie ja nicht über die Zeit der rechtgeleiteten Kalifen – mit Ausnahme der
zweiten Hälfte der Herrschaft des dritten Kalifen – und die Zeit von ʿOmar Ibn
ʿAbdi-l-ʿAzīz, die drei Jahre nicht überstieg, hinausging und dann wieder der
Fanatismus erschien, der die Meinungsfreiheit bei der Wahl des Herrschers
beseitigte und alles – oder zumindest einen grossen Teil –, zu dem der Islam im
Bereich von Politik und Herrschaft aufruft, auslöschte, so wollen wir doch mit
ihnen keine byzantinischen Diskgussionen über die Merkmale der islamischen
Herrschaft in den Epochen nach der Zeit der rechtgeleiteten Kalifen begin-nen,
da uns dies in ein endloses Labyrinth führen würde. Es reichen in diesem
Zusammenhang die Worte, dass wir nun also alle zugestehen, dass der Islam die
Regeln für einen demokratischen Staat schuf und deren Anwendung damals
ermöglichte, als die Verwirklichung der Demokratie ein unerfüllbarer Traum
war; ja die Verwirklichung dessen war sogar unmöglich inmitten einer Welt,
über die Diktatur in all ihren Arten, sei sie nun rassistischer,
sektiererischer oder religiöser Art, herrschte. Dies ist also ein Beweis für
die Einfachheit der Anwendung in unserer Zeit, in der der Klang der Demokratie
alles andere übertönt – oder fast übertönt. Also sind die Prinzipien, die ihre
Existenz in der Welt der pechschwarzen Finster-nisse nachwiesen, fähig dazu
ihre Aktivität in einer Zeit, in der sich die Intensität dieser Finsternis
abschwächte, in noch besserer Art und Weise zu bestätigen.
Einige der
Opponenten des Prinzips der Macht der Religion über die Orientierung und
Regelung des Lebens in der Gesellschaft meinen, dass der Lebensstil sich
gründlich verändert habe, weshalb die Anwendung der Prin-zipien und Lehren der
alten Zeiten in der zeitgenössischen Gesellschaft unmöglich sei. Denn wie
könne ein Mensch der Moderne mit einer Metho-de fertig werden, die dem Charakter
seines zeitgenössischen Lebens wider-spreche? Und wie könne ein Mensch des 21.
Jahrhunderts Gesetzen unter-liegen, die für die
Regelung des Lebens eines Menschen im ersten Jahr-hundert formuliert
wurden, als es Nomadentum, Einfachheit und keine Kompliziertheit gab? Darüber
hinaus sei, was in den Nomaden-Gesell-schaften akzeptabel war, vom
zeitgenössischen Menschen nicht leicht zu schlucken. Ja, es gebe sogar einige
Fragen, die in der Vergangenheit unbes-tritten waren und keinen Zweifel
zuliessen und die der Verstand heut-zutage voll und ganz ablehnt und mit denen
die Gefühle und Empfindungen nicht harmonieren, da diese Fragen nicht mit der
gegenwärtigen Zivilisatio-nsstufe im Einklang stehen und den Anforderungen des
zeitgenössischen Lebens nicht entsprechen sowie mit den Gegebenheiten der Zeit
nicht harmonieren, sondern sie verabscheuen und nicht mögen.
Die Antwort auf
dieses Argument gliedert
sich in zwei Teile
Ein Teil hängt mit der Frage der Dinge zusammen, die Veränderungen unterworfen sind. Der andere Teil befasst sich mit den Pfeilern, auf denen die Zivilisation beruht und der Fortschritt der Völker und Nationen aufge-baut wird.
Was die Frage
der Dinge, die Veränderungen unterworfen sind, betrifft, so gibt es keinen
Zweifel, dass GOTT das Universum erschuf und die Bewegung in dieser Welt zu
einem auslösenden Moment für das Leben
machte. Käme nun diese Bewegung zum Stillstand,
verschwände das Leben gänzlich. Eine der Notwendigkeiten des Lebens ist
die ständige Veränderung, da nichts auf der Erde in einem Zustand zwei Momente
verharrt. Es befindet sich vielmehr in einer permanenten Wechselwirkung und
ununterbrochenen Veränderung. Deshalb sehen wir, dass Gesellschaf-ten, die
dieses göttliche Gesetz nicht erkennen, Lähmung befällt, wenn sie dessen
Bewegung verlangsamen oder die Unabänderlichkeit der Bewe-gung, die die
Grundlage der Entwicklung und des Fortschritts sowie die Quelle des Aufstiegs und
des Aufbaus der Zivilisationen ist, ignorieren.
Da dieses
Prinzip die Grundlage des ununterbrochenen Fortschritts ist, ist also zu
beachten, dass keine Erscheinungsform des Lebens fest bleibt, sonst wäre sie
ein Hindernis, das den normalen Fortgang des Lebens hemmt. Deshalb musste der
Mensch seine Lebensweise ändern um sich dem Gesetz der Entwicklung anzupassen
und auch seine Gesetze modifi-zieren um sie mit den Bildern des erneuerten
Lebens in Einklang zu brin-gen und um den Bedürfnissen der Gesellschaft, die
den ständigen Wechsel-wirkungen bei den gesellschaftlichen Phänomenen
entstammen, zu begegnen. Wollen also die Angehörigen einer Nation von der
Verrichtung dieser Arbeit nichts wissen oder glauben sie, dass das, was die
Ahnen ihnen hinterliessen, etwas Unveränderliches sei, da dies zu den heiligen
Angele-genheiten gehöre, deren Auslöschung oder Verzicht oder Modifizierung
nicht statthaft sei, so haben sie bereits über sich selbst das Urteil der
Starr-heit gefällt und zwischen sich und dem Fortschritt einen Zaun errichtet,
der zwischen ihnen und ihrer Beteiligung am Aufbau der internationalen
Zivili-sation ein Hindernis bildet.
Man soll jedoch
unter diesem Weltgesetz nicht verstehen, dass sich alles im Leben der
Gesellschaft im Zustand der Veränderung und ständi-gen Erneuerung befindet, da
dies zur Verwirrung und Instabilität führt. Die Systeme und sich verändernden
Gesetze haben also feste und unverä-nderliche Aspekte, damit sie für das Leben
dessen Stabilisierung sind. Darüber hinaus haben das Leben der Leute und deren
soziales Verhalten unveränderliche Grundlagen und unaustauschbare Prinzipien.
Gäbe es also im Leben keine festen Elemente und stabile Prinzipien, befiele die
Gesellschaft das Fieber der raschen Veränderung und des ständigen Wan-dels, was
weder beruhigt noch stabilisiert. So gerät das Leben in Schwie-rigkeiten und
wird gestört, und die Angelegenheiten vermengen und verflechten sich. Und so
stürzt die Vernunft in Verlegen-heit, und die Nation befällt Lähmung, denn sie
ist nicht zur Definition der Begriffe dessen, was sich um sie ereignet, fähig.
Was also gestern tauglich war, ist heute verdorben, und an was die Nation in
der jüngeren Vergangenheit festhielt, da sie glaubte, dass dies für ihr Leben
passte, leugnet sie heute und betrachtet es mit den Augen des Spottes und der
Verhöhnung.
Freilich ist
die Fähigkeit des Menschen nicht zur Festlegung der Prin-zipien im Stande, die
die Stabilität bewahren. Gleichzeitig behindert sie nicht die Veränderung, die
die Bewegung des Fortschritts und der zivilisier-ten Lebensweise fordert, und
sie verbietet nicht die Neuerung, die für den Fortgang des Lebens auf dem Weg
einer definitiven Entwicklung in der Umgebung des Menschen notwendig ist. Denn
wie hoch auch die Anzahl an geistigen Bildern über die Vergangenheit und
Gegenwart in dessen Geist im Bereich der veränderlichen und stabilen Dinge sei,
so kann er die künfti-gen veränderlichen Dinge nicht in der Weise kennen, die es
ihm ermöglicht festzulegen, was an
Gesetzen geeignet ist, die das Leben der Gesellschaft regeln und das
Verhalten deren Individuen begrenzen. Wenn der Mensch als Folge beobachtete
Erscheinungen auch voraussagen kann, was in naher Zukunft auf sozialem Gebiet
passiert, so wird seine Einschätzung bezüg-lich dessen, was sich in zwei oder
drei Jahrhunderten ereignen wird, doch nicht einwandfrei sein. Der menschliche
Verstand ist nicht fähig dazu Gesetze und Systeme, die sich auf universale,
feste und unveränderliche Prinzipien konzentrieren, festzulegen, damit diese
für das Leben dessen Stabilisierung bedeuten. Gleichzeitig erlaubt sie die für
die Bewegung des Fortschritts und des Aufstiegs notwendige Veränderung, da die
geistigen Möglichkeiten des Menschen mit dessen Zeit verbunden und durch dessen
Raum begrenzt sind. Und deshalb ist die Verwirklichung der beiden folgen-den
Faktoren erforderlich: Die Kontinuität universaler Prinzipien und der
Möglichkeit zur Änderung sekundärer
Details zur Konfrontation mit der ständigen Veränderung – dass nämlich die
Fähigkeit des Urhebers dieses Gesetzes hinsichtlich Zeit und Ort unbegrenzt
sein muss, damit er es voll-kommen erlassen kann, ohne dass ihm ein Mangel oder
eine Schwäche anhaftet oder es
irgendwann wegen veränderter Umstände eine Untaug-lichkeit erfährt. Und niemand
ist dazu fähig ausser GOTT, gepriesen und erhaben ist ER.
Deshalb legte
GOTT Gesetzesbestimmungen fest, die universale Regeln enthalten, die für alle
Zeiten und Epochen gültig sind und im Ein-klang mit dem stehen, was das Leben an
Stabilität haben soll, und mit den Aspekten übereinstimmen, an denen sich alle
Menschengeschlechter betei-ligen. Was aber die Details und sekundären Dinge
betrifft, so überliess GOTT sie dem Verstand des Menschen, der sie gemäss seiner
Zeit und Umwelt herauskristallisiert und nach den Anforderungen seiner ihn
umge-benden Verhältnisse schlussfolgert, damit er den Anforderungen der Zeit
Folge leistet. Gleichzeitig sollen die Details nicht von der Hauptlinie
abweichen, die der Islam als ein allgemeines Prinzip entwarf, zu dem die
Allgemeinheit verpflichtet ist, oder als eine Verfassung, die die Leute als
eine Grundregel für die Gesetzgebung annehmen, aus der alles hervorgeht, was
sie an Gesetzen beschliessen sowie für sich an Durchführungsbestim-mungen und
Verordnungen entwerfen.
Es genügt ein
einziger Blick auf das, was die Gesellschaften an grossen Fragen beschäftigt –
um nur einige Beispiele zu nennen: Beratung im Bereich der Herrschaft,
Freiheit zur Kritik in allen Lebensbereichen, Frage der Gleichheit unter den
Menschen auf der Grund-lage eigener Fähigkeit, und nicht auf der Grundlage
einer Rasse oder Farbe oder irgendeines Aspektes der Aspekte des materiellen
Lebens, Gerechtigkeit bei der
Vertei-lung des Volksvermögens sowie weitere grundlegende Angelegen-heiten, auf
denen das Leben der Gesellschaften beruht und die einen starken Einfluss auf
den Aufstieg der Nationen und Gesellschaften ausüben – und der Standpunkt des
Islam gehört dazu, er erläutert, dass er in Übereinstim-mung mit ihnen – und mit
anderen grundlegenden Fragen – für die Gesetze des Lebens gekommen ist. Er
entwarf feste Regeln und überliess den Rechtsgelehrten die Details und
sekundären Dinge, damit diese einen Bereich für Bemühung und Aufbereitung
bilden um sich um die gesetzli-chen Formen, die zu deren Milieu und Epochen
passen, zu bemühen.
Auf dieser
Grundlage richtete sich die Daʿwah (das einladende Auf-rufen) an jeden auf der
Erde sich zum Islam zu bekennen. Denn dieser bildet das System, das mit der
Natur des Lebens und dessen ständigen Bewegung übereinstimmt und zu dem passt,
was an festen Regeln erfor-derlich ist. Auf diesen Regeln beruhen die sich
ändernden Dinge, damit sie nicht zerstört werden oder sich ihre Merkmale
inmitten dieses reissenden Stromes der erneuernden Ereignisse nicht auflösen.
Wer also die
sich ändernden Dinge im Universum und im Leben als Beweis für die
Unangemessenheit des Islam für das zeitgenössische Leben nimmt, da die
Gegebenheiten der Zeit sich völlig von dem unterscheiden, was im sechsten
nachchristlichen Jahrhundert vorhanden war,
der kennt in der Tat nicht die Besonderheiten der islamischen
Gesetzgebung und begrei-ft nicht deren Pfeiler. Denn die Grundprinzipien im
Leben der mensch-lichen Gesellschaften verändern sich nicht, und sie sind es,
die die islami-sche Šarīʿah festlegte. Was aber zu den sich verändernden Dingen
an sekundären Dingen und Details passt, so liess sie der Islam für das Sich
Bemühen der Rechtsgelehrten und Gesetzgeber, die sie entsprechend den Erfordernissen
der Zeit und den Milieuverhältnissen von dem gestalten, was dem Islam die
Tauglichkeit der Anwendung in allen Zeitaltern und verschiedenen Milieus gibt.
Was die
Opponenten des Anwendens der islamischen Šarīᶜah behaup-ten, dass nämlich die Herrschaft
der Religion die Bewegung des Fort-schritts behindere und den Lauf des
Zivilisationsaufstiegs hemme, wobei die Geistlichen dem Denken Fesseln
aufzwingen, und was sie – kraft ihres geistigen Standortes – an ideologischer
Vorherrschaft über schöpferische und kreierende Kräfte beim Menschen als
Beweis für die Richtigkeit ihrer Meinung hinsichtlich dessen praktizieren, was
in Europa in der Zeit der Renaissance geschah, als die Europäer ihre
Zivilisation erst dann aufbauen konnten, als sie sich der Vormacht der Kirche
entledigt und sich von den Gedanken der Geistlichen, die ihnen alles Neue
verboten und die Ausübung von Kritik verwehrt hatten – anderenfalls wären sie
als Ungläubige und Ketzer beurteilt worden –, befreit hatten – all diese
Behauptungen bedürfen einer wohlüberlegten Position, aus der wir in Ruhe
diskutieren, was in den Köpfen jener Leute hinsichtlich der religiösen Vormacht
und Willkür relig-iöser Institutionen gegenüber der Bewegung des Denkens und
dem Fortsch-reiten der Zivilisation haftet.
Der Islam gab
niemandem – wie auch dessen Stellung sei – die Vormundschaft über das Denken
über andere, wie das der Fall beim Papst in der christlichen Gesellschaft vor
dem Zeitalter der Renaissance der Fall war. Darüber hinaus sprach er niemanden
von Fehlern frei – oder mit einem Terminus technicus: er erklärte niemanden für
unfehlbar –, so dass er der Gesellschaft eine Meinung mit dem Argument
aufzwingt, es sei nicht erlaubt ihn zu kritisieren. Denn Kritik richtet sich ja
nur an jemanden, der einen Fehler macht. Solange sein Fehler unmöglich ist, ist
Kritik an ihm ein Verbrechen, für das bestraft wird, wer sich erdreistet ihm zu
widersprechen, wie das hinsichtlich der Christen beim Papst der Fall war.
Entfällt also im Islam die gedankliche Vormundschaft, hat jedes Individuum
unter seinem Schutz das Recht frei zu denken und das von ihm Gedachte ohne
behindert zu werden und ohne Beschränkungen, die über die Freiheit der
Meinungs-äusserung verhängt werden, zu äussern. Das Prinzip der Verneinung der
Unfehlbarkeit des Menschen hatte eine Auswirkung auf die Ausweitung der
Kritikbewegung; denn es gestattete Kritik an irgendeinem Denken, wie auch die
Stellung des Äussernden sein mag. Es gibt also niemanden, der sich einer
Immunität gegen von ihm abweichende Meinungen erfreut, auch wenn sein Ansehen
in den geistigen Positionen hoch ist und er das höchste ihrer offiziellen Ämter
bekleidet oder sich in einer Stellung behauptet, die die breite Masse für Seine
Heiligkeit hält, wegen seiner Nähe – demzu-folge, was sie glauben – zum Inhaber
der Mission hinsichtlich Abstam-mung oder Wissen oder Gottesfurcht und
Rechtschaffenheit.
Blicken wir
also auf die Pfeiler der Renaissance in irgendeiner men-schlichen Gesellschaft,
finden wir, dass die Freiheit zu denken – und die Nicht-Bevormundung – den
ersten Platz einnimmt, da die Kontinuität des Fortschritts nur realisiert wird,
wenn die Gesellschaft zur Erneuerung der Entwicklung und des Denkens fähig ist
und sich in Verhältnissen befindet, die ihr die Erkenntnis des Rechtschaffenen
und des Verdorbenen ermög-lichen und ihr die Freiheit zur Ausübung dessen, was
ihr beim Vorantreiben der Beschleunigung des Fortschritts hilft, garantiert
und sie bei der Bestän-digkeit der Aktivität beim Aufbau und Aufstieg unterstützt.
Da nun der Islam dem Muslim diese Umstände bot – mit dem, was er als Prinzip
der Freiheit des Denkens für jedem Menschen festlegte, und mit dem, was er den
Leuten als Nicht-Vorhandensein eines unfehlbaren Menschen erläuterte –, beruht
das, was die Opponenten behaupten, dass nämlich das Befolgen der islamischen
Šarīʿah die Bewegung des Fortschritts behindere und das Fortschreiten des
Aufstiegs und der Zivilisation hemme, auf keinem stichhaltigen Beweis. Vielmehr
strafen dies die Texte Lügen, und der Geist der Prinzipien des Islam und dessen
Stützpfeiler stellen dies in Abrede. Es gibt zahlreiche Verse, die zum Forschen
und Betrachten und Erkunden aufrufen, wie e (Qurʾān,
Qrʾān Surah 29, Vers 20)
: Und SEINE Worte
„Betrachten sie nicht nicht die Wolken,
wie sie erschaffen wurden, und den Himmel, wie er emporgehoben wurde, und die
Berge, wie sie aufgerichtet sind, und die Erde, wie sie ausgebreitet ist?“
(Qurʾān, Qrʾān Surah 88, Verse 17-20)
Der Islam
hindert nicht am Denken, selbst wenn das dazu führt ihn zu leugnen. Er zwingt
also niemanden sich zu Eigen zu machen, was man ablehnt. GOTT, der Erhabene,
sagt:
„.Wer nun will, der soll glauben! Und
wer will, der soll leugnen„
(Qurʾān, Qrʾān Surah 18, Vers
29)
:Und ER sagt auch
„Es gibt keinen Zwang in der Religion. Bereits stellte sich das
richtige Verhalten gegenüber dem sündhaften Fehlgehen heraus “
(Qurʾān, Qrʾān Surah 2, Vers 256)
Es besteht
überhaupt kein Zweifel daran, dass eine Religion zum Betrachten und Forschen
aufruft sowie dem Menschen die Freiheit in dem gibt, was er glaubt. Es ist
nicht möglich, dass die Religion auf dem Weg des Fortschritts einen
Stolperstein ist. Vielmehr treibt er den Menschen stark zur Beschleunigung beim
Aufbau und Aufstieg durch das an, was er ihm an Gelegenheiten zur Freiheit im
Denken und Äussern der Meinung bietet..
Zu dem, was
diesen Aspekt noch mehr verdeutlicht, gehört, dass der Islam einen Muslim nur
in einem Masse zum anbetenden Dienen verpfli-chtet, das ihn zum Kultivieren der
Erde qualifiziert. Der Erhabene sagt:
„… ER hat euch
aus der Erde hervorgebracht und hat euch auf ihr angesiedelt …“ (Qurʾān, Qrʾān Surah 11, Vers 61)
Die
Kultivierung ist aber nur das Ergebnis von Handeln und Produ-ktion und einer der
Aspekte des Aufstiegs und Fortschritts.
Also ist nicht
das anbetende Dienen an sich gemeint, sondern viel-mehr das, was sich aus ihr
hinsichtlich der Qualifikation des Individuums ergibt, insofern als sie es zum
Schaffen und Gestalten befähigt und im Bereich der Zivilisation zum
Beeinflussen und zum Beeinflusst Werden heranbildet. Man denke über die Worte
des Erhabenen nach:
„… GOTT will nicht, dass ER euch eine
Bedrängnis auferlege, sondern ER will euch
reinigen .“ (Qurʾān,
Qrʾān Surah 5, Vers 6)
Die Reinheit
hat nun zwei Aspekte: die äussere und die innere. Ihr äusserer Faktor besteht
darin, dass der Mensch in einem schönen Aussehen erscheint, adrett angezogen
ist und bei allen, mit denen er geschäftlich zu tun hat, geordnet ist sowie
mit denen um ihn herum harmoniert.
Was aber den
anderen Aspekt der Reinheit betrifft, so besteht er darin, dass er einen guten
Charakter, ein reines Herz und eine reine Gesinnung hat, niemanden betrügt,
keinen Menschen hasst und für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst
wünscht.
Es besteht kein
Zweifel daran, dass die Produktivität des morali-schen Aspekte– und zwar ist
das der innere –, wenn er mit Fähigkeit und Unter-stützung zusammentrifft, in
den verschiedenen Lebensbereichen die Basis für den Aufstieg und die Zivilisation
darstellt, und diese ist es, deren Ausw-irkungen auf den Menschen sichtbar
werden.
Somit sollen
die Opponenten der Anwendung der islamischen Šarīʿah sich die folgenden
Tatsachen vor ihre Augen führen:
Erstens: Der Islam ruft zum Handeln im
weltlichen Bereich auf. „Also kein Mönchtum im Islam.“ Wer also behauptet, dass
Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit im weltlichen Bereich zu den Kennzeichen
des Islam gehö-ren, und zwar mit dem Argument, vom Muslim werde gefordert die
Anbe-tungshandlungen zu vermehren, selbst wenn dies auf Kosten der Produk-tivität
ginge, der ist nicht Korrekt. GOTT, der Erhabene, sagt:
„Wenn also das Gebet verrichtet ist, so
zerstreut euch im Land.“ (Qurʾān, Qrʾān
Surah 62, Vers 10)
Hinsichtlich des Anspornes zum weltlichen
Handeln gibt es nichts Beredteres als dies.
Zweitens: Der Islam erläuterte, dass
das Ziel der Existenz des Men-schen die Kultivierung der Erde ist. Die
Kultivierung auf ihr wird aber nur durch Aufstieg und Fortschritt realisiert. Wessen
Ziel seiner Existenz also der Aufbau von Zivilisationen ist, der darf nicht
passiv auf dem Kampfplatz des Aufbaus und Fortschritts stehen bleiben, ganz zu
schweigen vom Behi-ndern der Bewegung des Fortschritts und vom Aufhalten des
Fortgangs der Zivilisation.
Drittens: Der Islam hat nicht den
Genuss der Früchte der Zivilisation verboten, sofern daraus kein Schaden
resultiert. Er will vielmehr vom Gerede derer, die jenes verbieten, nichts
wissen. Denn der Erhabene sagt:
„Sprich: „Wer hat den Schmuck GOTTes verboten, den ER für SEINE anbetend
Dienenden hervorgebracht, und die guten Dinge vom Lebensunterhalt?“ Sprich:
„Sie sind für diejenigen, die im dies-seitigen Leben glauben, besonders am Tag
der Auferstehung. „ (Qurʾān, Qrʾān Surah 7, Vers 32)
Ja er wies
den Menschen sogar an das zu geniessen, was es im Diesseits an guten Dingen
gibt. Der Erhabene sagt:
„O ihr, die glauben! Esst von den guten
Dingen, die WIR euch als Lebensunterhalt gewährten! …“ (Qurʾān, Qrʾān Surah 2, Vers 172)
Wer also das
Verbot der Verwendung dessen, was die Zivilisation produziert hat, sieht, darf
seine Meinung nicht dem Islam zuschreiben; denn die Texte des ehrwürdigen Quran
verbieten die Beschäftigung mit irgendetwas, das die Zivilisation
hervorgebracht hat, überhaupt nicht, es sei denn, es ergäbe sich daraus ein
Schaden für das Individuum oder eine Verderbtheit in der Gesellschaft.
Wer also diese
Tatsachen kennt, darf demzufolge der Anwendung der islamischen Šarīʿah nicht
widersprechen – in Anlehnung an das, was sich unter der Masse der Gebildeten
verbreitete, dass nämlich der Islam das Fortschreiten der Zivilisation hemme
oder die Geschwindigkeit des Rades des Fortschritts begrenze. Das Ausmass des
Einflusses des Glaubens auf das Antreiben des Laufes der Zivilisation ist ja
nun klar geworden. Falls der Glaube bei der Führung der Nation benutzt wird,
beschleunigen wir unsere Schritte auf dem Weg des zivilisatorischen Aufbaus.
Der Standpunkt
des Islam gegenüber den Fragen der Freiheit, der Demokratie und der
Zivilisation ist nicht alles, was ihn für alle Zeit und für jeden Ort geeignet
und für alle Milieus und Gesellschaften passend macht; vielmehr wurde seine
ganze Methode – sei sie nun im Bereich der Politik und Herrschaft oder in den
Pavillons der Wirtschaft und des Kapitals oder in den Sälen der Forschung und
des Studiums oder in anderen Dingen – auf die Grundlage des Nicht-Einschränkens
zeitlicher und örtlicher Bereiche gestellt. Denn GOTT hat den Menschen in all
diesem zum Angelpunkt SEINER Prinzipien und Regeln, zum Ziel SEINER Gebote und
Verbote sowie zum Zweck der Befolgung SEINER Bestimmungen und
Rechts-vorschriften gemacht. Was es im Islam an Dogmen, Anbetungshandlungen,
Ethik und Bestimmungen gibt, ist ausschliesslich aus Fürsorge für den Menschen
und dessen Interesse, so dass die Stürme des Irrtums und der Verleumdung ihn
nicht zerstören und der Wind des Hasses und der Aggres-sion sein Wesen nicht
niederreisst und sein Selbst nicht auslöscht und die Pfeiler seiner
Gesellschaft nicht erschüttert werden und seine persön-liche individuelle
Struktur oder Abstammung nicht geschwächt wird. Die Grund-lagen des Glaubens im
Islam stimmen also mit der natürlichen Veranlagung des Menschen überein, und
deshalb harmonisieren sie mit seinen Empfin-dungen und Gefühlen und sind
geordnet für sein Leben und seine Orientie-rungen sowie auf seine
Verhaltensweisen und Gewohnheiten ausgerichtet, so dass er sich innerlich mit
sich selbst im Einklang findet und nach aussen mit denen, die sich um ihn
befinden, und mit dem, was sich um ihn befin-det. Wo auch immer man sich dem
islamischen Harmonie in der Melodie des ganzen Lebens und bewirkt einen
positiven , findet man alles, was es in ihm an Glauben, Anbetung,
Handlungen und Bestimmun-gen im Dienst des Menschen und des Lebens gibt. Und er
führt – wer ihn anwendet, wie GOTT es will – zur Harmonie in der Moldie des ganzen Lebens und bewi-rkt einen positiven Einfluss beim Antrieb des Rades des Fortschritts und des Aufstiegs.
Prof. Dr. M. Shama
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