DIE STELLUNG DER FRAU IN
DER
FAMILIE
A. Die Eheschliessung
1. Die
rechtliche Beurteilung der Ehe
schliessung
Die Frage, unter welchen Bedingungen eine Ehe
beschlossen werden kann, wird im islamischen Recht in der Weise behandelt, dass
man untersucht, ob der Mann die für die Eheschliessung geforderten Voraussetzungen
erfüllt. Diese Voraussetzung sind :
a) Die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr (Qudrah ʿalā al-Waṭʾ).
b) Die Fähigkeit,
eine Frau gerecht zu behandeln (Qudrah ʿalā al-ʿAdl ).
c) Die
Fähigkeit, eine Familie ernähren zu
können (Qudrah ʿalā al-infaq ).
Je
nach dem Vorhandensein dieser Voraussetzungen urteilen die Fuqahāʾ bezüglich der Eheschliessung eines Mannes
folgendermassen:[1]
a) Wenn ein Mann Unzucht (zina)
begeht, und er fähig ist, eine Familie zu ernähren, und eine Frau gerecht zu
beha-ndeln , dann ist für ihn die Ehe obligatorisch (Wāǧib).[2]
b) Kann der Mann keine Familie ernähren,
oder die Frau nicht gerecht behandeln, dann ist die Eheschliessung für ihn
verboten (ḥarām).[3]
c) Konnte ein Mann die Frau oft
nicht gerecht behandeln, wird eine Eheschlies-sung dieses Mannes als
verwerflich angesehen (Makrūh). Das Gleiche gilt, wenn der Mann nicht zum
Geschlechtsverkehr fähig ist.[4]
d) Für einen Mann, der keine
Unzucht treibt, noch treiben wird, falls er nicht heira-tet, der seine Frau
gerecht beha-ndeln könnte und zum Geschlechtsverkehr fähig ist, wird die
Eheschliessung als empfehlenswert angesehen (Mandūb).[5]
Bei
der Beurteilung der Eheschliessung stützen sich die Fuqahʾā auf den Qurʾān, die Überlieferungen und den Iǧmāʿ.[6] (Konsens)
*
* *
.Die
nichtheiratbaren Personen
(Al-Muḥarramāt)
Bei
Frauen, die ein Mann nicht heiraten darf, unterscheidet man zwei Gruppen:
a) Frauen,
die ein Mann niemals heiraten darf, und ,
b) Frauen, die ein Mann heiraten
darf, nachdem der Grund, der eine Heirat verbie-tet, weggefallen ist.
Zur
ersten gehören die Blutsverwandten der Männer[7], Frauen die mit ihnen verschwägert sind2, und die Milchverwandt-schaft (Al-Qarābah min ar-Raḍāʿah).[8]
c) Wenn ein Mann schon vier Frauen
hat, darf er keine weitere Frau heiraten.
d) Der Mann darf keine Sklaven
eines anderen heiraten, wenn er schon eine Frau zur Ehefrau hat.
e) Der Mann darf keine Frau
heiraten, die noch verheiratet ist, oder sich in der Wartezeit befindet.
f) Ein Muslim darf keine Heidin
heiraten; d.h. eine Frau, die
Angehörige einer Religionsgemeinschaft ist, die nicht zu den ahl al-kitāb zählt.
g) Ein Mann darf seine eigene
Sklavin nicht heiraten, eben-falls darf eine Frau keinen eigenen Sklaven
ehelichen.[9]
* *
*
Heirat zwischen Muslimen
Christen und
Juden
Die
Fuqahāʾ bejahen in Übereinstimmung mit dem Qurʾān die Frage, ob ein Mus-lim eine Christin oder
eine Jüdin heiraten darf.[10] Der Ehemann erhält in dieser Ehe die gleichen
Rechte, als ob seine Ehefrau eine Muslimin wäre. Jedoch weicht die Form der
Eheschliessung ab und weist gegenwärtig folgende Besonderheiten auf:
a) Der Standesbeamte (maʾḏūn) darf die Ehe
nicht schliessen, sie muss von einem Gericht geschlossen werden.
b) Die
Ehefrau muss unterschreiben, dass sie folgende Bedingungen akzeptiert:
1)
Der Ehemann hat das Recht,
drei weitere Frauen zu ehelichen.
2)
Der Ehemann darf sich von
ihr scheiden lassen, gleich ob sie die Scheidung annimmt oder nicht.
3)
Sie muss bei ihrem Ehemann
wohnen und darf nicht von ihrem Ehemann ohne seine Erlaubnis wegziehen. Die
Ehefrau hat während der Ehe und der Wartezeit nach einer Scheidung Anspruch auf
Unterhalt.
4)
Die aus der Ehe
hervorgehenden Kinder sind Muslime.
5)
Die Ehepartner können sich
nicht beerben. Die Kinder beerben nur den Vater.
6)
Die Ehefrau hat das Recht,
ihre Kinder zu säugen und zu pflegen, es sei denn, das Gericht entzieht ihr
dieses Re-cht. Die Ehefrau bekommt Pflege- und Säuglohn vom Kindersvater.
* *
*
4. Der
Ehevertrag
Die
Araber legen bis heute sehr grossen Wert auf eine standesgemässe Heirat und
Verschwägerung. Daher war es verpönt, eine Tochter mit einem Angehörigen eines
niedrigeren Stammes zu verheiraten. Durch Heirat konnten auch Pakte zwischen
zwei Stämmen bzw. einzelnen männlichen Familienmitgliedern gefestigt werden. Es
kam deshalb auch vor, dass ein Ehevertrag abgeschlossen wurde, obwohl die Braut
noch Kind war.[12] In diesem Fall war es obligatorisch, dass sie
bei den Vertrags-verhandlungen durch einen Vormund (Waliyy) vertreten wurde.[13] Umstritten ist dagegen bei den Fuqahāʾ die Frage, ob beim Abschluss eines
Ehevertrages eine volljährige Braut ebenfalls durch einen Waliyy vertreten
werden muss. Aš-Šāfiʿī sagt, das ein Ehevertrag mit Wirkung eines Waliyy
stattfinden sollte.[14] Er stützt sich auf den Qurʾānvers: „Und wenn ihr die Frauen entlasst .... dann hindert sie nicht durch
Zwangsmassnahmen daran, sich mit ihren Gatten zu verheiraten.“ (2,232)
Aš-Šāfiʿī meint, dass die Worte „.... dann hindert sie nicht
.......“ keinen Sinn hätten, wenn die Eheschliessung ohne Waliyy vorgenommen
würde. Ausserdem führt Aš-Šāfiʿī hierzu folgenden Ḥadīṯ an: „Keine Eheschliessung ohne Waliyy.“[15]
Abū Ḥanīfah sagt: Ein Waliyy sei notwendig, wenn die Braut
minderjährig ist, wenn eine Volljährige einen Mann ohne Waliyy heiratet, ist
diese Ehe gültig. Hierzu führt er an, dass eine Vormundschaft dann Berechtigung
hat, wenn die Braut verstan-desmässig noch nicht so weit entwickelt ist, dass
sie ihre Interessen beim Abschluss des Ehevertrages selbst wahrnehmen kann. Bei
einer Volljährigen sei dies nicht der Fall. Ausserdem sei es der Frau erlaubt,
über ihr Vermögen zu verfügen, deshalb müsse es ihr um so mehr erlaubt sein,
über sich selbst zu befinden; allerdings sei es empfehlenswert, dass die Frau
den Ehevertrag durch einen Vertreter abschliessen lässt.[16]
Nach
Auffassung der Šāfiʿīten, Ḥanbalīten und Mālikīten muss dagegen ein Ehe-vertrag durch einen Waliyy
abgeschlossen werden.[17] Daraus ergibt sich die Frage, ob der Waliyy
nur gemäss dem Willen der Frau handeln darf, oder ob er auch gegen ihren Willen
einen Vertrag abschliessen darf. Die Fuqahāʾ aller Rechtsschulen stim-men diesbezüglich in
folgenden Punkten überein:
a) Die Braut ist minderjährig.[18] In diesem Fall braucht der Waliyy beim
Abschluss des Ehevertrages den Willen der Minderjährigen nicht zu
berücksichtigen. Wenn die Braut volljährig wird, kann sie den Ehevertrag
anfechten, oder ihm zustimmen. Das Schweigen der Braut gilt hierbei als
Zustimmung [19]
b) Die Braut ist volljährig. Hier
unterscheidet man zwei Fälle:
1) Die Braut ist eine Jungfrau
(Bikr). Der Waliyy braucht die Zustimmung der Braut zum Ehevertrag. Ein
Schw-eigen der Braut gilt als Zustimmung.
2) Die Braut ist keine Jungfrau (ṯayyib). In diesem Fall muss die Frau ausdrücklich
dem Ehevertrag zustimmen.[20]
Ein
Ehevertrag ist nur gültig, wenn er in Anwesenheit von zwei Zeugen (Männer oder
Frauen) abgeschlossen wird. Beim Abschluss des Ehevertrages wird die Mor-gengabe
(Mahr) fällig. Ist keine bestimmte Höhe der Morgengabe festgesetzt, gilt ein
Betrag, der gewöhnlich für Bräute der gleichen Gesellschaftsschicht bezahlt
wird, als angemessen. Der Verzicht der Braut auf die Morgengabe befreit den
Bräu-tigam von der Zahlungsverpflichtung.[21]
Das
ägyptische Familienrecht der Gegenwart hat die Modalitäten der Vertrags-schliessung
beim Ehevertrag nicht verändert. Allerdings schliesst sich das ägypti-sche
Familienrecht hinsichtlich des Waliyy der Rechtsschule Abū Ḥanīfas an; d. h. eine Volljährige braucht zum Abschluss
eines Ehevertrages keinen Waliyy.[22]
* *
*
5. Die
Pflichten in der Ehe
Durch die Eheschliessung entstehen für die Ehepartner Pflichten. Der
Ehemann muss der Frau eine seiner finanziellen Möglichkeiten entsprechende
Unterkunft und Verpflegung ge-währen. Auch wenn die Frau Vermögen hat, wird der
Mann nicht von seinen Verpflichtungen entbunden.[23]
Die
Ehefrau ist ihrem Mann gegenüber zum Gehorsam verpflichtet; ferner darf sie aus
der ehelichen Wohnung nicht ohne Zustimmung ihres Ehemannes ausziehen. Zieht
die Ehefrau aus der ehelichen Wohnung entgegen den Willen ihres Mannes fort,
entfällt für den Ehemann die Unterhaltspflicht;[24] er behält aber das Recht, seine Ehefrau zur
Rückkehr in die eheliche Wohnung zu zwingen. Die ägyptische Frauen-organisation
unternahm in den letzten zwanzig Jahren grosse Anstrengungen, um dem Ehemann
dieses Recht streitig zu machen und diese Bestimmung des Eherechts
abzuschaffen. Gegen diese Bestrebungen der Frauenorganisation wendet sich Wāfī: „Wenn ein Ehemann seine Unterhaltesspflicht
gegenüber seiner Ehefrau nicht nachkommt, zwingt ihn das Gesetz dazu und wendet
alle zur Verfügung stehenden Zwangsmittel gegen ihn an. In diesem Zusammenhang
kann er sogar zur Gefäng-nisstrafe verurteilt werden. Und wenn die Frau
widerspenstig ist und nicht wohnt, wo der Mann wohnt bzw. wohnen will, schreibt
das Gesetz vor, dass sie (die Ehe-frau) gemäss den gesetzlichen Vorschriften
zum Gehorsam gezwungen werden kann .... Rechten stehen Pflichten gegenüber. Das
Gesetz schreitet ein, wenn einer von beiden seinen Pflichten nicht nachkommt,
nachdem er seine Rechte bekommen hat.“[25]
Trotz aller Bemühungen hatte die Frauenorganisation bisher noch keinen
Erfolg. Doch beinhaltet ein Entwurf, der z.Z. dem Nationalparlament zur Debatte
vorgelegt wird, einen Zusatz, der besagt, dass die Ehefrau nicht zur Rückkehr
zu ihrem Ehemann gezwungen werden soll, wobei aber der Ehemann, wie zuvor, von
seinen Unterhaltszahlungen entbunden wird.[26]
* * *
B. Die Herrschaft des Mannes
über die Frau
Im
Qurʾān steht: „....... und die Männer stehen (bei
all dem) eine Stufe über ihnen.“ (2,228) Und: „Die Männer stehen über den
Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der
Aufgaben, die sie von ihrem Vermögen (als Morgengabe und Unterhalt für die
Frauen) gemacht haben.“ (4,34) Die alten Kommentatoren leiten aus den obigen
Versen die Überlegenheit des Mannes ab und heben dabei hervor: Der Mann ist von
Natur aus gegenüber der Frau bevorzugt. Er verpflegt die Frau aus seinen
Vermögen und zahlt daraus die Morgengabe.[27]
In
den modernen Kommentaren wird ebenfalls die Überlegenheit des Mannes anerkannt,
jedoch sagt ʿAbduh, dass die Herrschaft des Mannes über die
Frau nicht bedeutet, dass der Wille der Frau ausgeschaltet werde. Riḍā fügt hinzu, dass nicht ein einzelner Mann
bevorzugt sei, sondern das gesamte Geschlecht, da es genug Beispiele gäbe, dass
eine Frau ihrem Mann geistig oder körperlich überlegen sei.[28] Quṭb betont hierzu, dass es in der Ehe einen Partner
geben müsse, der die Geschicke der Familie lenke. Die Frau sei dazu nicht in
dem Masse in der Lage wie der Mann, da sie durch Schwangerschaft und
Kindererziehung stärker in ihrem Denken von Gefühlen geleitet werde. Es sei
deshalb natürlich, dass der Mann die Familie leite.[29] Aus diesen Anschauungen ergibt sich, dass
sich die Frau der Autorität des Mannes unterwerfen solle.
Für
den Fall eines Konflikts zwischen den Ehepartnern dienen nach Ansichten der
alten und modernen Kommentatoren folgende Qurʾānverse als Grundlage zur Behebung des
Konflikts. „Und wenn ihr fürchtet, dass (irgendwelche) Frauen sich auflehnen,
dann ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie. Wenn sie euch
(daraufhin wieder) gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie.“
(4,34) „Wenn ihr fürchtet, dass es zwischen einem Ehepaar zu einem
(ernsthaften) Zerwür-fnis kommt, dann bestellt einen Schiedsrichter aus seiner
und einen aus ihrer Familie (um zu vermitteln). Wenn sich die beiden aussöhnen
wollen, wird Gott ihnen zu ihrem (weiteren) Zusammenleben (in der Ehe) gelingen
geben.“ (4,35) Diese Verse zeigen klar, welche Massnahmen der Mann nacheinander
ergreifen sollte, bis das Zerwürfnis beigelegt ist, oder die Ehe geschieden
wird.
Der
oben angeführte Vers gibt dem Mann die Erlaubnis zur körperlichen Züchti-gung
seiner Frau. Hierzu bemerkt az-Za-maḫšarī, dass der Mann seine Frau nicht so stark schlagen
dürfe, dass sie gesundheitliche Schäden erleide, und dass die Züchti-gung keine
Spuren an ihrem Körper hinterlassen dürfe, anderenfalls könne die Frau ihren
Mann vor Gericht verklagen.[30] Obwohl der Qurʾān die körperliche Züchtigung der Frau erlaubt,
sah Muhammad r das Schlagen als ein ungeschicktes Verhalten
des Ehemannes an. Ibn Saʿd berichtet, dass eine Frau zum Propheten r gekommen sei und sich bei ihm darüber beklagt
habe, dass sie von ihrem Mann geschlagen worden sei. Der Prophet r missbilligte das Verhalten des Ehemannes und
sagte: „Wie kann man seine Frau wie eine Sklavin schlagen und sie darauf
liebkosen, ohne sich zu schämen!“[31]
Nun
erhebt sich die Frage, warum Muhammad r diese Massnahme nicht abgeschafft hat, obwohl er das Schlagen als
ungeschicktes Verhalten ansah. Diese Frage beantwortet Šaltūt: „Es gibt Frauen, bei denen keine Ermahnung nützt,
noch reagieren sie auf das Meiden im Ehebett. Bei solchen Frauen ist dem Mann
eine Art der Züchtigung (d.h. das Schlagen) erlaubt. Der Qurʾān hat dies als letztes Erzie-hungsmittel, das
dem Mann zusteht aufgeführt. Daher stellt es das letzte Heilmittel dar, auf das
man nötfalls zurückgreifen darf.“[32] Im ägyptischen Familiengesetz wird das Recht
des Mannes zur körperlichen Züchtigung der Frau bestätigt.3 Die Frauen-organisationen gingen ohne Erfolg dagegen
an.[1]
Nachdem in der Nationalcharta
die Gleichberechtigung zwischen Mann uns Frau gesetzlich verankert worden ist,
wird gegenwärtig in Ausschüssen über die Herrsch-aft des Mannes über die Frau
beraten, wie das ägyptische Familienrecht mit dem Grundsatz der
Gleichberichtigung in Einklang zu bringen ist. Es finden dabei heftige Debatten
zwischen den Befürworten und Gegnern einer vollständigen Gleichberich-tigung
statt, und es bleibt abzuwarten, wann das in der Verfassung verankerte Prog-ramm
zur Einführung der Gleichberichtigung vewirklicht sein wird. Sogar unter den politisch
aktiven Frauen gibt es gewisse Vorbehalte gegen eine vollständige Glei-chberichtigung.
Z. B. äusserte die Parlamentsabgeordnete Nawāl ʿĀmir, dass der Mann die Vorherrschaft im Hause haben
müsse: „Nehmen wir an, der Mann könne nicht arbeiten, und die Frau ist
berufstätig. Darf sich die Frau in diesem Fall benehmen, als wäre sie der Herr
im Haus? Natürlich nicht! Wird der Mann von seiner Frau beherrscht, fühlt er
sich verächtlich. Der Frau dagegen gefällt der starke Mann.“[1] Auch mit dieser Frage müsse sich die
Theologen noch eingehender beschäf-tigen, um geeignete Lösungen herbeizuführen.
*
* *
C.Kindererziehung
Ein
Kind, dass frühestens sechs Monate nach der Eheschliessung zur Welt kommt, wird
als ehelich anerkannt, und dem Ehemann zugeschrieben. Wird ein Kind zu einem
früheren Zeitpunkt nach der Eheschliessung geboren, hat der Ehemann das Recht,
die Vaterschaft zu bestreiten. Die Ehefrau ist in diesem Fall in einem Geri-chtsverfahren
beweispflichtig.[1] Das Problem des unehelichen Kindes wird bis
heute in der ägyptischen Gesellschaft nicht öffentlich behandelt und spielt
daher bei den Emanzipationsbestrebungen noch keine Rolle.[1] Wird ein Kind dem Ehemann zuge-schrieben, so
hat das für die Eltern und das Kind folgende Konsequenzen:
1) Das Kind gehört der Familie und
Glaubensgemeinde des Vaters an.
2) Der Vater ist zum Unterhalt des Kindes
verpflichtet.
3) Die Mutter hat das Recht, das Kind zu pflegen. Falls die Ehe
geschieden wird, bleibt das Kind vorerst bei der Mutter, wenn es noch nicht
entscheidungsfähig ist.[1] Im Alter zwischen sieben und neun Jahren kann
sich das Kind entscheiden, bei welchem Elternteil es leben will. Hat sich der
Kindesvater von einer Nichtmuslimin getrennt, und es ist zu befürchten, dass
die Mutter das Kind nach ihrem Glauben erzieht, kann ihr das Kind weggenommen
werden:
a) Wenn das Kind
noch nicht entscheidungsfähig ist, und es ist erwiesen, dass die nichtmuslimische
Mutter das Kind ihren Glauben und ihre religiösen Bräuche lehrt.
b) Wenn das Kind
sich für den Aufenthalt bei der Mutter entschieden hat, und es ist zu befürchten, dass das Kind durch die
Lebensgewohnheiten der nichtmuslimischen Mutter allmählich dem Islam entfremdet
wird.[1]
Wenn sich ein Sohn entscheidet, bei der Mutter
zu bleiben, übernachtet er in ihrem Haus und hält sich tagsüber bei dem Vater
auf, damit dieser ihn einen Beruf lehren kann.[1] Diese Ansicht wird von den Fuqahāʾ zu einer Zeit vertreten, als der Vater noch
oftmals für die Berufsausbildung allein zuständig war. Will eine Tochter bei
ihrer Mutter bleiben, hält sie sich ständig im Hause der Mutter auf. Ihr Vater
hat aber das Recht, sie zu besuchen. Wenn sich der Sohn für den Aufenthalt beim
Vater ent-scheidet, besucht er seine Mutter von Zeit zu Zeit. Bleibt eine
Tochter bei ihrem Vater, wird sie von ihrer Mutter besucht.[1] Die Fuqahāʾ können bei dieser unterschie-dlichen Beurteilung
davon ausgegangen sein, dass das Mädchen in der Öffentlich-keit mehr gefärdet
sei als der Junge. Falls ein Eltern-teil verreist ist, bleibt das Kind während
dieser Zeit beim anderen Elternteil.[1]
Das
ägyptische Familiengesetz von 1929 stimmt in den oben unter Ziffer 3 a und b
aufgeführten Fällen mit den Regeln der Fuqahāʾ überein.[1] Dagegen bestimmt es, dass ein Sohn in diesem
Fall mit dem Beginn seines achten Lebensjahres beim Vater seinen Aufenthalt zu
nehmen hat. Bei einer Tochter gilt dasselbe entsprechend vom Beginn des zehnten
Lebensjahres. Diese Gesetzesbestimmung geht davon aus, dass der Vater die
Ausbildung eines Kindes besser überwachen und fördern kann. Der Richter kann
der Mutter darüber hinaus für zwei weitere Jahre das Pflegerecht zusprechen.[1] Die Befürworter der Emanzipation fordern das
Pflegerecht für Mutter bis zum 12. Lebensjahr des Sohnes und 14. Lebensjahr der
Tochter.[1]
*
* *
D. Problematik
der Polygamie
in
den drei Religionen
Das
Problem der Polygamie tritt, durch die gesellschaftsbedingte Emanzipation der
Frau, heutzutage sehr stark in den Vordergrund. Fragen zur Polygamie sind
Gegenstand der Diskussionen zwischen den Vertretern der Frauenemanzipation und
den Gelehrten des islamischen Rechtes geworden. Die Gegner der Frauenemanzi-pation
sehen die Monogamie als ein Mittel zur Verbreitung der Prostitution in der
Gesellschaft, welches ein Verstoss gegen die Gebote im Islam bedeutet.
Die
Befürworter der Emanzipation der Frau meinen jedoch, dass Polygamie ein Zeichen
der Rückständigkeit und der Erniedrigung der Frau bedeutet. Denn je niedriger
das Bildungsniveau der Frau ist, desto mehr verbreitet sich Polygamie; vor
allem wenn der Mann imstande ist, seine Frauen in materiellem Wohlstand leben
zu lassen. Mit zunehmendem Bildungsniveau der Frau verschwindet auch allmählich
die Polygamie, da eine ausgebildete Frau nur selten mit dieser
Gesellschaftsform für sich selbst einverstanden ist; ganz allmählich tritt dann
die Monogamie als gesell-schaftliche Ethik ein. Auch von Seiten des Mannes,
der, soweit es die materiellen Aspekte betrifft, sich nicht mehrere Frauen
leisten kann.
Von
der konservativen Seite werden diese Gründe abgelehnt und als falsch
zurückgewiesen. Sie begründen dies einmal damit, dass die Polygamie ein Sozial-phänomen
ist. Zum anderen, dass Polygamie seit eh und je praktiziert wird und beinahe
bei allen Völkern und anderen Religionen neben dem Islam vorkommt.
Die
Polygamie wird jedoch in den verschiedenen Gesellschaften unterschiedlich
ausgeübt. Im Islam ist sie gesetzlich durch einen Ehevertrag erlaubt. In Gesell-schaften,
in denen Monogamie herrscht, wird die Polygamie auch ausgeübt, nur in etwas
anderer Form. Wie z. B. eine nebeneheliche Beziehung, oder auch der Aus-tausch
der Ehepartner untereinander, sowie freie sexuelle Beziehungen mit mehr als
einem Partner. Alle diese Fälle gelten in Gesellschaften mit Monogamie als
Freiheit jedes Einzelnen und sind normale Tatbestände in der Gesellschaft.
Die
islamischen Rechtsgelehrten und Befürworter der
Polygamie finden solche Vorkommnisse unbegreiflich und sehen darin keine
Emanzipierung der Frau mit der Begründung, dass in der islamischen Gesellschaft
die Polygamie eine soziale Not-wendigkeit zum Schutz der Frau ist. Da viele
Frauen in der islamischen Gesellschaft bis heute im Zustande der
Verachtung und Demütigung leben, ist die Monogamie nicht einwandfrei
befürwortbar. Die Gefahr einer Herabsetzung ihrer Werke ist als Unverheiratete
grösser als verheiratete Frau. Die Erlaubnis des Mannes zur Polyga-mie bewahrt
sie vor dieser Herabsetzung und gibt ihr ein geachtetes Eheleben, in dem sie
ihre Rechte, Würde und Selbstachtung erhält.
Jedoch werden wir selten in einer Gesellschaft mit männlichem Überschuss
eine Frau finden, die die Rolle der zweite Frau akzeptiert. Daher finden wir in
solchen Gesellschaften die Polygamie fast ausgestorben. Genauso wie in
Gesellschaften mit gleichem Anteil beider Geschlechter. Bei auftretendem
Frauenüberschuss jedoch würden entstehende Probleme wie folgende gelöst:
Gehen wir davon aus, in einer monogamen
Gesellschaft zu leben, so gäbe es (bei Frauenüberschuss) für viele Frauen keine
Möglichkeit zu heiraten und das bedeutet ein Leben ohne Geschlechtsverkehr,
welches wider der Natur ist.
Würde die Frau ihre natürlichen Begehren
mit einem verheirateten Mann befriedigen, so sei das für sie eine Schande und
eine Beraubung der Rechte der Ehe-frau dieses Mannes. Ehrenhafter für die Frau
ist die Rolle der zweiten Frau; sie wird somit durch das Gesetz geschätzt und
von der Gesellschaft anerkannt.
Für die Erstfrau dieses Mannes wiederum
bedeutet dies ein Leben ohne Furcht, dass ihr Mann fremdgehen könne. Denn durch
die Heirat einer Zweitfrau (bzw. bis zu vier Frauen) ist der Frau genau
bekannt, bei wem sich ihr Mann aufhält.
Genannte Gründe der Notwendigkeit der
Polygamie in der Gesellschaft sind nicht nur Schutz gegen Geschlechtskrankheiten,
sondern lösen auch das Problem des Frauenüberschusses.
Nicht
nur der Islam,
auch Judentum und Christentum erlauben die Poly-gamie.
Im alten Testament (AT) steht, dass Salomon
700 Frauen und 300 Sklavinnen gehabt haben soll. „Aber der König Salomon liebte
viele ausländische Weiber ... und er hatte siebenhundert Weiber zu Frauen und
dreihundert Kebsweiber.“[1]
Auch
Jacob hatte zwei Frauen zur gleichen Zeit, Rahiel und Lea und zwei Kebs-weiber,
Silpa und Bilha.
Nicht nur die Propheten hatten mehrere Frauen zur gleichen Zeit, auch
der einfache Mann im Volke. Im AT steht:
„Lamech aber nahm zwei Weiber; eine hiess ʿAdah, die andere Ṣillah ... und Lamech sprach zu seinen Weibern ʿĀdah und Ṣillah: Ihr Weiber Lamechs höret meine Rede und merket,
was ich sage: ...“[1]
Dieser Text zeigt deutlich, dass die
Polygamie im AT bei den Juden erlaubt und praktiziert wurde.
Für
die Christen sind die Gebote des AT Pflicht, denn Jesus sagte im Neuen
Testament (NT): „Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder
die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu
erfüllen. Denn ich sage euch wahrlich: Bis dass Himmel und Erde vergehen, wird
nicht ver-gehen, der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis
dass es alles geschehe.“[1]
Was bedeutet hier das Wort „Gesetz“, das
Jesus nicht kam um aufzulösen, sondern zu erfüllen?
Mit
„Gesetz“ sind die Thora und deren Gottesgebote gemeint. Insofern sind die
Christen angewiesen, sich an die Gebote im AT zu halten, sofern keine Änderung
im NT gegeben wurde.
Ethelbert Stauffer sagte in seinem Buch „Die Botschaft Jesus damals und
heute“, dass sich die Botschaft Jesus auf Ethik konzentrierte. Sie „die
Botschaft“ hat weder Gesetze erlassen, noch Angaben zu gesetzlichen Regelungen
gegeben. Das beweist er uns durch das, was in Lukas steht:
„Es
sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit
mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter
oder Erbteiler über euch gesetzt?“[1]
Weiter werden uns von Stauffer einige Gebote aus dem NT genannt, die das
AT annullieren. Zu unserem Thema erwähne ich zwei dieser Gebote:
1) Die Qomranleute nehmen es mit
mosaischen Ehegesetzen (Ehebruch) beson-ders genau.
„Wer die Ehe
bricht mit jemandes Weibe, der soll des Todes sterben, beide, Ehebrecher und
Ehebrecherin, darum, dass er mit seines Nächsten Weibe die Ehe gebrochen hat.
Wenn jemand bei seines Vaters Weibe schläft, dass er seines Vaters Blässe
aufgedeckt hat, die sollen beide des Todes sterben; ihr Blut sei auf ihnen.
Wenn jemand bei seiner Schwiegertochter schläft, so sollen sie beide des Todes
sterben; denn sie haben eine Schande begangen; ihr Blut sei auf ihnen.[1]
Jesus aber
begnadigte die Ehebrecherin, die nach Moses den Tod verdient. Das NT sagt:
„Aber die
Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau zu ihm, im Ehebruch
ergriffen, und stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese
Frau ist ergriffen auf frischer Tat im Ehebruch. Moses aber hat uns im Gesetz
geboten, solche zu steinigen. Was sagst du? Das sprachen sie aber, ihn zu
versuchen, auf dass sie eine Sache wider ihn hätten. Aber Jesus bückte sich
nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun anhielten, ihn zu
fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde
ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und bückte sich wieder nieder und
schrieb auf die Erde. Da sie aber das hörten, gingen sie hinaus, einer nach dem
anderen, von dem Ältesten an; und Jesus ward allein gelassen und die Frau in
der Mitte stehend. Jesus aber richtete sich auf und sprach zu ihr: Weib, wo
sind sie, deine Verkläger? Hat dich niemand verdammt? Sie aber sprach: Herr,
niemand. Jesus aber sprach: So verdamme ich dich auch nicht; gehe hin und
sündige hinfort nicht mehr.“[1]
2) Das zweite Gebot, was sich im
NT vom AT unterscheidet, ist die Ehescheidung.
Im AT ist die
Ehescheidung erlaubt:
„Wenn jemand ein Weib nimmt und ehelicht sie und sie keine Gnade findet
vor seinen Augen, weil er etwas Schändli-ches an ihr gefunden hat, so soll er
einen Scheidebrief schrei-ben und ihr in die Hand geben und sie aus seinem
Hause entlassen.“1
Das NT verbietet die Scheidung und
sagt folgendes:
Da traten zu
ihm die Pharisäer, versuchten ihn und sprachen: Ist es auch recht, dass sich
ein Mann von seiner Frau um irgendeiner Ursache willen scheide? Er antwortete
aber und sprach : Habt ihr nicht gelesen, dass, der am Anfang den Menschen
geschaffen hat, schuf sie als Mann und Weib und sprach (1. Mose,24) „Darum wird
ein Mensch Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen, und werden
die zwei ein Fleisch sein.“
So sind sie
nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammen-gefügt hat, das
soll der Mensch nicht scheiden.
Da sprachen
sie: Warum hat dann Mose geboten, einen Scheidebrief zu geben, wenn man sich scheidet?
Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch von euren Frauen zu scheiden,
um eueres Herzens Härtigkeit willen; von Anbeginn ist es nicht so gewesen. Ich
aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn um der Hurerei
willen, und freit eine andere, der bricht die Ehe. Da sprachen die Jünger zu
ihm: Steht die Sache eines Mannes mit seiner Frau so, dann ist es nicht gut,
ehelich zu werden.[1]
In
Stauffers Aufzählungen der Gebotsabweichungen im AT und NT gibt er uns keinen
Hinweis darauf, dass Jesus die Polygamie verbot.
Die
Kirche stützt sich zwar beim Polygamieverbot auf Texte aus dem NT, ist aber in
ihrer Auslegung weit entfernt von der philologischen Bedeutung. Einige dieser
Texte sind folgende:
1)
Die christlichen Theologen[1] behaupten, dass mit der Aussage Jesus „...
und an seinem Weibe hangen“ (Matthäus 19, Vers 3 - 6), ein Verbot der Polygamie
gemeint ist. Sie haben vergessen, dass es sich bei der Aussage Jesus um die
Singularform gehandelt hat. Dementsprechend wie es die Grammatik verlan-gt,
werde auf eine Frage in der Singularform mit der Sigularform geantwortet. Das
bedeutet also, dass man aus diesem Text nicht ein Verbot der Polygamie
verstehen kann; Polygamie ist eine Mehrzahlform.
2) Maḥfūẓ übersetzt uns aus dem NT folgendermassen:
„Wer seine Frau scheiden lässt und eine
andere heiratet, wird Ehebruch begehen. Und wer die geschiedene Frau heiratet,
wird Ehebruch begehen.“
Dazu erklärt Maḥfūẓ, dass dieser Text von der christlichen Kirche als
Beweis des Polygamieverbotes angeführt wird und sagt wörtlich:
„Es ist bekannt, dass es kein Ehebruch des
Mannes ist, solange er mit der ihm lebenden Frau einen Ehevertrag hat.
(Scheidung ist im Christentum verboten) Und da das Zusammenleben mit einer
Zweitfrau in der christlichen Religion als Ehebruch betrachtet wird - wie
obiger Vers lautet - ist die Polygamie absolut verboten.“
Die Auslegung von Maḥfūẓ zu obigem Text aus dem NT ist nicht richtig. Denn,
wenn aus dem ersten Satz zu verstehen wäre, dass der Mann durch die Heirat
einer zweiten Frau Polygamie begeht, so ist das nicht aus dem zweiten Satz zu
verste-hen. Denn es kann sein, dass die Geschiedene für denjenigen, der sie
dann ehelicht, die erste Frau ist. Also muss somit von Ehebruch, nicht von
Polygamie gesprochen werden, da die christliche Kirche die Scheidung nicht
akzeptiert.
Der von Maḥfūẓ angegebene Text wurde von ihm falsch zitiert; in
Matthäus steht: Es ist auch gesagt (5. Mose, 24, 1): „Wer sich von seiner Frau
scheidet, der soll ihr einen Scheidebrief geben.“ Ich aber sage euch: „Wer sich
von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, der macht, dass sie die
Ehe bricht; und wer eine Geschiedene freit, der bricht die Ehe.[1]
Dieser Text besagt eindeutig das Verbot der
Ehescheidung, nicht aber der Poly-gamie.
3) Paulus schrieb in seinem 1.
Brief an die Korinther:
Doch um der Unkeuschheit willen habe ein jeglicher
seine eigene Frau, und eine jegliche ihren eigenen Mann. Der Mann leiste der
Frau die schuldige Pflicht, desgleichen die Frau dem Manne.[1]
Maḥfūẓ legt diesen Text folgendermassen aus:
Die Kirche stützt sich bei diesen Versen auf ein
Verbot der Polygamie und behauptet, dass daraus hervorgeht, dem Manne sei
befohlen, nur mit einer Frau zu leben.
Diese Schlussfolgerung ist philologisch falsch. Es
heisst doch „... ein jeglicher seine eigene
Frau ...“ und nicht seine einzige
Frau. Um diese Auslegung noch besser zu verstehen, gebe ich nur folgendes
Beispiel an: Auf einem Tisch liegen mehrere Bücher und ich fordere die
Studenten auf, jeder soll sein eigenes Buch nehmen. Dann könnte es geschehen,
dass ein Student zu mehr als einem Buch greift, denn es sind seine eigenen. Die
Paulusaussage „ein jeglicher seine eigene Frau“ kann also mehr als nur eine
Frau meinen. Das Paulusgebot ist ein Verbot der Ehebrechung. Ein jeder soll
sich mit seiner oder seinen angeheirateten Frauen begnügen. Die Beziehung
zwischen Mann und Frau soll sich im Rahmen der Ehe bewegen.
Aus allen vorher angeführten Beispielen geht klar
hervor, dass es für ein Verbot der Polygamie seitens der Kirche keine
eindeutigen Beweise gibt.
Es
wäre nun zu fragen, woher das Verbot zur Polygamie im christlichen Dogma kommt?
Westermark antwortet auf diese Frage und sagte: „Bei
vielen Völkern - in vorchri-stlicher sowie neuerer Zeit -, sei es in primitiven
sowie zivilisierten Kulturen, bes-tand das System der Monogamie. In alter Zeit
bei den Griechen und Römern und dann auch in neuer Zeit bei den Europäern in
Amerika und Australien. Das Chris-tentum fand dieses System ideal, obwohl kein
eindeutiger Text im NT dazu steht. Als in frühchristlicher Zeit sich das
Christentum in Europa verbreitete, beliess die Kirche es bei der Tradition der
Monogamie. Später dann hat man versucht, Beweise zum Polygamieverbot aus dem NT
zu bringen, was zu angeführten Versen, die nicht eindeutig sind, führte.
Die Monogamie ist also keine Erscheinung der Neuzeit,
sondern bestand bereits vor dem Christentum. (Vgl. Wāfī:
Geschichte der Heirat und Ehelosigkeit in der Welt, S. 57)
In unseren Tagen wird die christliche Lehre sehr unterschiedlich
praktiziert. Z. B. herrscht unter den Christen in Schwarzafrika die Polygamie
und um noch weiter zu gehen, führe ich nur an, dass ein katholischer Priester
im christlichen Afrika heiraten darf, was seinem Bruder in z. B. Europa
verboten ist; dies hat der Zweck Anhänger nicht zu verlieren, sondern dazu zu
gewinnen.
Im
Qurʾān
ist nur aus einem Vers die Erlaubnis zur Polygamie zu verstehen.
Er lautet: „Und gebt den (eurer Obhut anvertrauten)
Waisen ihr Vermögen und (dabei) tauscht nicht etwas Schlechtes gegen etwas
Gutes aus, zehrt nicht ihr Vermögen auf, indem ihr es eurem eigenen zuschlagt!
Das wäre eine schwere Sünde. Und wenn ihr fürchtet in den Sachen der (eurer
Obhut anvertrauten weiblichen) Waisen nicht recht zu tun, dann heiratet, was
euch an Frauen gut ansteht, (ein jeder) zwei, drei oder vier. Und wenn ihr
fürchtet, (so viele) nicht gerecht zubehandeln, dann nur eine, oder was ihr an
Sklavinnen besitzt.“ (4,2 f) Dieser Vers wird in vierfacher Weise ausgelegt:
1) Wenn jemand begüterte weibliche Waisen in
seiner Obhut hat, und sie wegen ihrer Schönheit und ihres Geldes heiraten
möchte, so sollte er dieses nicht tun, wenn er befürchtet, der Waisen Unrecht
zuzufügen, da die Waise keinen ande-ren Beschützer ausser ihm hat. Er hat das
Recht, statt der Waise zwei bis vier andere Frauen zu heiraten.[1]
2) Als dieser Vers (4,2) geoffenbart wurde,
fürchteten sich viele Männer, Vormund einer Waisen zu werden, um nicht in
Gefahr zu geraten, unrecht zu handeln. Viele dieser Männer hatten jedoch zehn
oder mehr Frauen. Hier lau-fen sie gleichermassen Gefahr, gegenüber den Frauen
ungerecht zu sein. Infolgedessen folgte der Vers 3 der Surah 4, d. h. sie
sollten sich auf vier oder weniger Frauen beschränken.[1]
3) Wenn sich ein Mann fürchtet, gegenüber
einer Waisen ungerecht zu sein, so soll er sich auch vor der Unzucht (zina)
fürchten, und Frauen heiraten, die ihm erlaubt sind und nicht anderen nachlaufen.[1]
4) Wenn
jemand eine begüterte Waise in seiner Obhut hat, und er ist mit mehreren Frauen
verheiratet, dann sollte er sich mit soviel Frauen begnügen, wie er aus seinem
Vermögen ernähren kann. Er sollte das Vermögen der Waise für den Unterhalt seiner
Frau (en) nicht antasten. Wenn er vier Frauen nicht unter-halten kann, sollte
er notfalls nur eine Frau haben.[1]
Da diese Qurʾānstelle die einzige ist, die eine Mehrehe
erlaubt, behandelten die Kommentatoren die Mehrehe hier stets im Zusammenhang
mit dem Verhältnis eines Vormundes zu der von ihm beschützten Waisen. Die
Version zwei bis vier gibt daneben noch eine Begründung der Mehrehe bzw. der
Beschränkung in der Anzahl der Ehefrauen. Eine Mehrehe sollte der Mann
eingehen, wenn zu befürchten ist, dass er mit einer Frau nicht auskommt, und er
deshalb Ehebruch betreibt. Mehr als vier Frauen sollte er aber nicht heiraten,
da es ihm nicht möglich sein wird, wenn er mehr Frauen hat, seine Frauen
gerecht zu behandeln. Ausserdem sollte er nur so viele (aber höchstens vier)
Frauen heiraten, wie er ernähren kann.
Die modernen Kommentatoren sehen die Polygamie
eben-falls als rechtmässig an. Quṭb führt hierzu folgende Gründe an:
1) Durch einen Krieg wird stets die Anzahl der
Männer verringert, so dass in diesem Fall Frauenüberschuss herrscht.
2)
Falls eine Frau schwer krank oder unfruchtbar ist, und der Mann sich
trotzdem nicht von ihr trennen möchte, ist die Mehrehe hier ein Ausweg.
3) Wenn
ein Mann ein so starkes Triebleben hat, dass er mit einer Frau nicht auskommt,
dann darf er noch weitere Frauen heiraten.[1]
Šaltūt sagt zum Problem der Polygamie, dass einige
Wissenschaftler der Ansicht seien, die Polygamie sei ein Ergebnis des Egoismus
des Mannes, der von vielen Frauen Besitz ergreifen möchte. Das Phänomen der
Polygamie leite sich aber nicht vom Egoismus des Mannes ab, sondern von seiner
natürlichen Veranlagung und seien Lebensumständen:
1) Die Sexualität des Mannes ist stärker und
länger andaue-rnd.
2) Während der Menstruation, Schwangerschaft
und Niederkunft kann der Mann seiner Frau nicht beiwohnen.
3) Eine Frau
altert schneller als der Mann und ihr Verlangen nach einem Mann nimmt schnell
ab.
4) Die
Männer werden durch Krieg dezimiert, ausserdem ist die Rate der Sterb-lichkeit
bei männlichen Kleinkindern höher.
5) Das
Berufsleben bringt es mit sich, dass der Mann grös-seren gesundheitlichen
Gefahren ausgesetzt ist.
Die Polygamie ist nach Šaltūt nicht
erst vom Islam eingeführt, sondern diese Eheform leitet sich aus dem
Daseins-kampf des Menschen ab.
Der Islam hat die Mehrehe
aus zwei Gesichtspunkten eingeführt:
1) Der Mann soll nicht in Versuchung kommen,
Unzucht zu betreiben oder zu leiden, wenn er seiner Frau nicht beiwohnen kann.
2) Die Zahl der Frauen wurde beschränkt, damit
der Mann seine Frauen gerecht behandeln kann, und der Frieden innerhalb der
Familie nicht gestört wird.[1]
Qāsim Amīn versucht dagegen
durch den Qurʾān zu beweisen, dass die
Polygamie abgeschafft werden muss. Er vergleicht den Vers 3 Surah 4 mit dem
Vers 129 der gleichen Surah und kommt zu dem Urteil, dass man aus diesen Versen
auch ableiten könne, dass die Polygamie nicht erlaubt ist. Diese Auslegung
stehe aber der Tradition entgegen. Nehmen wir nun an, die Gesellschaft hätte
die Polygamie nicht verwirklicht, hätte man aus diesen beiden Versen entnehmen
können, die Polygamie ist verboten.[1] Amīn sieht die
Mehrehe nur in zwei Fällen als gerechtfertigt an:
1) Wenn die Frau unheilbar krank ist.
2) Wenn die Frau unfruchtbar ist.[1]
Nach ʿAbduh hat eine Mehrehe zur Voraussetzung, dass der
Mann charakterfest genug und wirtschaftlich imstande ist, seine Frauen gleich
zu behandeln. Da es aber menschlich kaum denkbar ist, dass jener Bedingung
entsprochen werden könne, so wird dieses koranische Zugeständnis der Polygamie
von selbst hinfällig.[1] Weiter leitet ʿAbduh das Gebot zur Einehe aus dem islamischen Erbrecht ab, indem bestim-mt wird,
dass nach dem Tod des Ehemannes in einer polygamen Ehe die Gattinnen zusammen
nur einen Gattenanteil erhalten.[1]
Die Opposition
gegen das Recht des Mannes zur Mehrehe hat bisher keinen Erfolg gehabt.[1] Ein Sprecher des Familienausschusses gab
bekannt, dass eingebrach-te Entwürfe zum Verbot der Polygamie von ihnen
abgelehnt werden, da sich heutzu-tage nur noch 0, 02 % zur Mehrehe
entschliessen. Für eine solche Minderheit sei ein solches Gesetz nicht
erforderlich. Trotzdem wurde der ersten Ehefrau das Recht gegeben, die
Ehescheidung zu verlangen, falls sie mit einer weiteren Eheschliessung ihres
Mannes nicht einverstanden ist und dies als Beleidigung ansieht. Diese Zubil-ligung
stützt sich auf die Ansicht der Fuqah, die der Frau das Recht geben, die
Ehe-scheidung zu verlangen, sollte sie sich durch ihren Ehemann beleidigt
fühlen.[1]
Für den
Propheten r galt die Beschränkung auf vier Frauen nicht.
Über die Sonderstellung der Propheten hinsichtlich der Ehe gibt die Surah 33
Vers 50 ff. Auskunft.[1] Die muslimischen Gelehrten versuchten zu
beweisen, dass der Prophet nicht aus sexuellen Gründen die erlaubte Zahl an
Ehefrauen überschritten hat, sondern folgende Gründe eine Ausnahme bildeten:
1) Er heiratete ʿĀʾišah und Ḥafṣah, um ihre Väter Abū Bakr und ʿOmar zu ehren.
2) Ğuweiriyyah nahm er zur Frau, um ihren Stamm an
den Islam zu binden.
3) Ommo Ḥubeibah und Ommo Salamah ehelichte er, weil
ihre Ehemänner gestorben waren, und er sie in seine Obhut nehmen wollte.
4) Zeinab bint Ğaḥš nahm er zur Frau, weil sie von seinem Adoptivsohn
geschie-den war, und der Prophet zeigen wollte, dass es entgegen der Ansicht der Araber
erlaubt war, die geschiedene Frau des Adoptivsohns zu heiraten.[1]
Für die
übrigen Eheschliessungen des Propheten werden ebenfalls Begründungen aus dem
politischen und sozialen Bereich gegeben.[1]
Dirwazah[1] meint, dass die Vielehe Muhammads r den normalen Gepflogenheiten der Araber entsprochen habe. Später hatte
er durch eine Offenbarung die Zahl der Ehefrauen eingeschränkt. Alle Muslime
liessen sich daraufhin von den überschüssi-gen Frauen scheiden. Da die
geschiedenen Frauen des Propheten r
nicht hätten heiraten dürfen,[1] habe sich der Prophet r von keiner Frau getrennt, aber auch keine weitere
Frau geheiratet.[1]
Aus dem
vorher Erwähnten erklärt sich, dass die drei prophetischen Religionen
(Judentum, Christentum und Islam) die Polygamie
erlauben. Sie ist eine soziale Notwendigkeit und ein Schutz für die Frauen;
durch Polygamie wird die Gesell-schaft vor der freien Ausübung des
Geschlechtsverkehrs bewahrt.
* * *
A. Die Ehescheidung
1. Die rechtliche
Beurteilung der Ehescheidung
Fast
alle islamischen Gelehrten sind der Meinung, dass dem Ehemann die Ehescheidung
erlaubt ist.[1] Sie begründen ihre Haltung mit den folgenden Argumen-ten:
a) Der Qurʾān
gestattet die Ehescheidung.[1]
b) Die Gefährten des Propheten r hätten sich verschie-dentlich scheiden
lassen, als der Prophet r
noch lebte.
c) Es wurde überliefert: "Es gibt keine Erlaubnis, die bei Gott so verhasst ist,
wie die Ehescheidung"[1]
Ibn
Qudāmah hält die Ehescheidung prinzipiell für
verboten (ḥarām); er sieht sie aber als empfehlenswert an, wenn der
Fortbestand der Ehe für die Partner schädlich ist.[1] Abū Zahrah stellte beide Beurteilungen der
Ehescheidung gegenüber und sagt, die Gegner einer Ehescheidung stützten sich
hauptsächlich auf die Quranstelle: „..... und wenn sie auch (daraufhin wieder)
gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie.“ (4, 34) Ferner führen
sie einen Ḥadīṯ an: „Scheidet euch nicht von den Frauen, es sei denn
im Zweifel (über die Möglichkeit eines Zusammenlebens)“.[1] Daraus leiteten nach Abū Zahrah die Gegner einer Ehescheidung ab, dass
eine Ehe-scheidung nur bei einem ernsthaften Zerwürfnis erlaubt ist. Abū Zahrah fährt fort, es gäbe Rechtsgelehrte,
die für ein generelles Verbot der Ehescheidung eintreten. Sollte sich der Mann
ohne triftigen Grund scheiden lassen, müsse die gesch-iedene Frau eine
Entschädigung bekommen. Die andere Richtung schliesst sich der über-wiegenden
Mehrheit der Rechtsgelehrten an, die eine Ehescheidung für zulässig erklären.
Richter, die dieser Ansicht folgen, billigten der geschädigten Frau keine
Entschädigung zu.[1]
Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem sich der Mann scheiden lässt, teilen
die Rech-tsgelehrten die Ehescheidung ein:
a) Aṭ-Ṭalāq as-Sunnī, wenn die Frau nicht zum Zeitpunkt der Scheidung
menst-ruiert und der Ehemann ihr nach der letzten Menstruation nicht beigewohnt
hat. Dasselbe gilt für eine schwangere Frau, denn der Ehemann wird sich wegen
des zu erwartenden Nachwuchses nur nach reiflicher Überlegung entschlossen
haben, sich von seiner Frau zu trennen.[1]
b) Aṭ-Ṭalāq al-Bidʿī, wenn die zwei Bedingungen der Ṭalāq as-Sunnah nicht gegeben sind.[1]
Die
Fuqahāʾ sind sich darin einig, dass der Ṭalāq al-Bidʿī eine Sünde ist.[1] Aller-dings konnten sich die Rechtsgelehrten
nicht darüber einigen, ob ein Ṭalāq al-Bidʿī eine rechtskräftige Ehescheidung ist. Die vier
grossen Rechtsschulen bejahen diese Frage. Ibn Taimiyah und Ibn al-Qayyim
bestreiten diese Rechtsgültigkeit.[1] Warum ist der Ṭalāq al-Bidʿī eine Sünde? Die Rechtsgelehrten geben dafür folgende
Erklä-rung:
a) Es fällt ihm leichter, sich von
seiner Frau zu trennen, wenn er ihr nicht beiwohnen kann, weil sie menstruiert.
b) Wenn die Frau während der
Menstruation geschieden wird, hat sie die längst-mögliche Wartezeit für eine
Wiederheirat.[1]
Der
Familienausschuss hat den Vorschlag abgelehnt, die Ehescheidung nur durch den
Richter vornehmen zu lassen. Dies würde folgendermassen begründet. Dadurch,
dass der Mann vor einem Richter seine Frau in ungünstiger Weise beschuldigen
könnte, um die Scheidung zu erreichen, wäre dem Ruf der Frau sowie ihrer
Familie für ihr weiteres Leben geschadet. Die Ehescheidung bleibt nach wie vor
in der Hand des Mannes, aber unter Hinzuziehen zweier Zeugen. Diese Massnahme
soll ein Hindernis - nach Darstellung des Familienausschusses - für die
Ehescheidung sein, da die Suche nach zwei geeigneten Zeugen dem Mann Zeit
lässt, sich noch einmal über die Scheidung klar zu werden.[1]
* *
*
2.
Die Auflösung
der Ehe durch den Mann
auf
Wunsch der Ehefrau
Nach
herrschender Auffassung hat der Mann die Möglichkeit, sich von der Frau
scheiden zu lassen. Er hat lediglich darauf zu achten, dass der Zeitpunkt der
Schei-dung richtig gewählt ist. Es entsteht jetzt die Frage, ob die Scheidung
auf Ersuchen der Frau vorgenommen werden darf. Die Rechtsgelehrten räumen der
Frau das Recht ein, sich durch Zahlung einer bestimmten Summe an ihren Ehemann
vom Ehevertrag loszukaufen (al-Ḫulʿ). Rechtsgrundlage für den Ḫulʿ sind :
a) Die Qurʾānstelle: „..... wenn aber zu befürchten ist,
dass die beiden (im Falle der Aufrechterhaltung der Ehegemeinschaft) die Gebote
Gottes nicht einhalten werden, ist es für sie keine Sünde, wenn die Frau sich
mit einem gewissen Betrag loskauft.“ (2, 229)
b) Ibn ʿAbbās hat überliefert, dass die Frau des Ṯābit Ibn Qais zum Propheten r kam und sagte: „Oh, Gesandter Gottes, ich
tadle nicht den Charakter und die Frömmigkeit des Ṯābit Ibn Qais, aber ich will gegen den Islam nicht sündigen (d. h. durch ein weiteres
Zusammenleben mit ihrem Mann, wäre ein vom Islam missbilligtes Verhalten der Frau nicht
ausgeschlossen.).“ Der Gesandte Gottes fragte:“ Gibst du ihm seinen Garten
zurück?“ Sie antwor-tete: „Ja!“ Der Gesandte Gottes sagte zu Ṯābit: „Nimm den Garten und lass dich von ihr
scheiden!“[1]
Durch die Rechtsvorschriften des Ḫulʿ soll der Vermögensstand vor der Ehe wieder
hergestellt werden, indem die Frau einen Betrag in Höhe der Morgengabe (Mahr)
an den Mann zurückzahlt, wenn sie eine Scheidung wünscht. Allerdings steht es
dem Mann frei, ob er dem Wunsch seiner Frau nachkommt und in die Eheschei-dung
einwilligt. Will der Mann sich nicht von seiner Frau trennen, so hat die Frau
keine rechtliche Möglichkeit, die Ehescheidung zu erzwingen.[1] Einige Rechtsgelehr-te, darunter Bakr Ibn ʿAbd Allāh al-Māznī, wenden sich gegen den Loskauf der Frau (al-Ḫulʿ). Al-Māznī zitiert hierzu den Qurʾānvers: „Und wenn ihr eine Gattin an Stelle
einer anderen eintauschen wollt, und einer von ihnen (vorher) einen Qinṭār gegeben habt, dann nehmt nichts (wieder an
euch)!“ (4, 20) Al-Māznī behauptet, dass dieser Vers den oben
zitierten Vers 229 der Surah 2 abrogiert habe. Al-Māznī versuchte, seinen Standpunkt ausserdem mit zwei Ḥadīṯen zu bekräftigen: „Die Frau, welche eine Scheidung
ohne (dass sie durch den Fortbestand der Ehe) Schaden (erleide) verlangt, geht
nicht ins Paradies ein.“[1] Ferner: „Die Frauen, die sich (von ihrem
Ehemann) entfernen und sich loskaufen (Muḫtaliʿāt) sind Heuchlerinnen (Munāfiqāt).“[1] Abū Muhammad widerlegte Al-Māznīs Auffassung wie folgt:
a) Die Qurʾānverse 2, 229 und 4, 20 widersprechen sich
nicht, da der Vers 4, 20 nicht den Loskauf (al-Ḫulʿ) verbietet.
b) Zum ersten des oben genannten Ḥadīṯ führt Abū Muh-ammad aus, dass er sich auf einen Sonderfall beziehe,
nämlich, wenn die Frau keinen triftigen Grund für eine Scheidung hat. Kann sie
aber Gründe angeben, stehe der Ḥadīṯ dem Ḫulʿ nicht entgegen.
c) Zum zweiten des oben genannten Ḥadīṯ bemerkt er, dass die Kette der Überlieferung (Isnād) fehlerhaft sei.[1]
Die
Mehrheit der Rechtsgelehrten billigt der Frau das Recht zu, sich aus dem
Ehevertrag zu lösen. Abū
Zahrah erklärt die Rechtsvorschriften des Ḫulʿ: „ Die Ehe-scheidung
wird in die Hand des Mannes gelegt; er kann sie (die Ehefrau) entlassen, wenn
er ihr überdrüssig ist. Die Frau könnte sich ebenfalls nicht (im Eheleben) wohl
fühlen, wenn der Mann sie (in der Ehe) hält. Deshalb hat Gott ihr al-Ḫulʿ gegeben, damit sie frei wird, indem sie dem Mann
zurückgibt, was ihr bei Schliessung der Ehe gegeben wurde.“[1]
* *
*
3. Die Auflösung der Ehe
durch
den Richter
Das
islamische Familienrecht legt die Entscheidung
über die Auflösung oder den Fortbestand der Ehe in die Hand des Mannes. Wenn
der Ehemann seinen ehelichen Pflichten auf Unterhalt bzw. gegenüber der Frau
nicht nachkommt, und sie trotzdem nicht auf ihr Verlangen aus dem Ehevertrag
entlässt, hat die Ehefrau die Möglich-keit, Klage auf Auflösung der Ehe vor dem
Gericht für Personenstandsangelegen-heiten (Maḥkamat Al-Aḥwāl Aš-Šaḫṣiyyah) zu erheben. Die Fuqahʾā unterscheiden bei diesem Sachverhalt nach den
Motiven, die die Frau zur Klage auf die Eheschei-dung bewegen:
a) Ehescheidung wegen Beleidigung
der Ehefrau; wenn der Ehemann sich gegenüber seiner Ehefrau schlecht benimmt,
oder sie beleidigt, darf die Frau Klage erheben. Der Richter soll nach Mālik und Ibn Ḥanbal die Ehe auflösen, wenn die Frau ihre
Anschuldigungen gegen den Mann glaubhaft machen kann.[1] Nach Aš-Šāfiʿī und Abū Ḥanīfah darf der Richter in diesem Fall die Ehe nicht
auflösen, sondern hat den Mann zu befragen.[1] Das ägyptische Familiengesetz Nr. 25 vom
Jahre 1929 folgt hier den Lehren von Mālik und Ibn Ḥanbal: „Wenn eine Ehefrau behauptet, dass ihr Ehemann
sie beleidigt, so dass ein Zusammenleben mit ihm unmöglich wird, darf sie vom
Richter die Auflösung der Ehe verlangen. [1]
b) Auflösung der Ehe wegen
getrennten Wohnsitzen des Ehemannes; wenn der Ehemann ohne triftigen Grund
einen anderen als den gemeinsamen Wohn-sitz der Ehe-partner nimmt, und seine
Frau nicht besucht, darf der Richter nach Mālik und Ibn Ḥanbal die Ehe auf Wun-sch der Frau scheiden,
weil die Ehefrau in diesem Fall in Versuchung käme zu sündigen.[1] Die Schüler Māliks konnten sich jedoch nicht darüber
einigen, wie lange die Ehefrau von ihrem Mann getrennt leben muss. Es gab unter
ihnen zwei Meinungen, die einen sprachen sich für eine einjährige Trennung, die
anderen für eine dreijährige Trennung aus. Die Mālikīten befürworten auch eine Auflösung der Ehe, wenn der
Ehemann wichtige Gründe für die Trennung von der Frau vorbringen kann. Die Ḥanbalīten lehnen eine Scheidung beim Vorhanden-sein
wichtiger Gründe seitens des Ehemannes ab.[1] Das Familiengesetz von 1929 bestimmt, dass
die Ehefrau nach einer einjährigen Trennung, die nicht von ihr gewollt ist, die
Scheidung verlangen kann.[1]
c) Ehescheidung wegen Haft des
Mannes; Ibn Teimiyyah, aus der Schule Ibn Ḥanbals, räumt der Frau das Recht auf
Ehescheidung ein, wenn sich der Ehemann länger als ein Jahr in Gewahrsam
befindet. Von Vertretern der drei anderen Schulen wird dieses Recht der Frau
bestritten.[1] Das Familiengesetz von 1929 bestimmt nach
Paragraph 14, dass die Ehefrau auf Scheidung klagen kann, wenn der Ehemann zu
mindestens drei Jahren Haft verurteilt worden ist. Die Ehefrau darf aber erst
nach Ablauf eines Jahres seit der Verurteilung ihres Ehemannes die Scheidung
verlangen.
d) Ehescheidung wegen Unfähigkeit
des Mannes, seine Ehefrau zu unterhalten; in diesem Fall gehen die Ansichten
der vier Rechtsschulen wieder auseinan-der. Die Ḥanifīten sprechen der Ehefrau nicht das Recht auf
Ehescheidung zu, wenn der Ehemann finanziell nicht in der Lage ist, sie zu
unterhalten. Sie befürworten, dass die Ehefrau ein Darlehen aufnimmt, und
stützen sich auf folgende Belege:
1) “Und wenn (unter den
Schuldnern, die Kapital zurückzahlen müssen) einer ist, der sich in Bedrängnis
befindet, dann sei (ihm) Aufschub gewährt, bis er Erleichterung gefunden hat.“
(2, 280)
ﱡﭐ ﲶ ﲷ ﲸ ﲹ ﲺ ﲻ ﲼﲽ ﳅ ﱠ [
البقرة: ٢٨٠]
2)
“Der Vermögende spende aus seinem Vermögen; wenn aber
seine Versorgung bemessen ist, dann spende er von dem, was ihm Allah gegeben
hat.“ ( 65, 7 )
ﱡﭐ ﱥ ﱦ ﱧ ﱨ ﱩﱪ ﱫ ﱬ ﱭ ﱮ ﱯ ﱰ ﱱ ﱲﱳ ﲁ ﱠ
[ الطلاق: ٧] ﭐ
3) Die Frauen des Propheten r litten Mangel. Als sie sich darüber
beklagten, entfernte sich der Prophet r von ihnen und kehrte erst nach einem Monat zurück. Der Prophet
bestrafte dadurch seine Frauen, weil sie von ihm Unmögliches verlangten. Um
wieviel härter müsste die Strafe der Frauen sein, die wegen einer finanziellen
Not-lage des Mannes nicht nur klagen, sondern die Scheidung verlangen.
4) Zur Zeit des Propheten
gab es viele Arme. Es ist nicht bekannt, ob der Prophet r die Scheidung eines Ehepaares guthiess, wenn der
Ehemann seine Frau nicht unterhalten konnte.[1]
Die
Vertreter der drei übrigen Rechtsschulen wenden sich gegen die Ḥanifīten und räumen der Frau das Recht auf die Ehescheidung
ein, wenn der Ehemann seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommen kann.[1] Sie führen dazu folgende Argumente an:
1) “Die
Entlassung ..... ist zweimal (erlaubt). Dann (sind die Frauen entweder) in
rechtlicher Weise (zu) behalten oder auf ordentliche Weise frei (zu) geben.“
(2, 229)
ﱡﭐ ﲖ ﲗﲘ ﲙ ﲚ ﲛ ﲜ ﲝﲞ ﳉ ﱠ [ البقرة: ٢٢٩]
Ferner: „Und wenn ihr die Frauen entlasst, und
sie dann ihren Termin erreichen, dann behaltet sie in rechtlicher Weise oder
gebt sie in rechtlicher Weise frei.“ (2, 31)
ﱡﭐ ﱁ ﱂ ﱃ ﱄ ﱅ ﱆ ﱇ ﱈ ﱉ ﱊﱋ ﱌ ﱍ ﱎ ﱏﱐ ﱗﱳ ﱠ [
البقرة: ٢٣١]
Wenn ein Mann seine Frau behalten will, muss er sie
ernähren, sonst erfüllt er ihr gegenüber nicht seine Pflicht und handelt nicht
rechtmässig.
2) Ein Ḥadīṯ sagt: „Es gibt weder Schaden noch
(gegen-seitige Zufügung von) Schaden im IslÁm.“ Wer seine Frau nicht ernähren kann,
schadet ihr. Der Richter hebt diesen Zustand durch Trennung der Ehe auf.
3) Der Richter darf die Ehe
trennen, wenn der Ehemann nicht zum ehelichen Beischlaf imstande ist, weil dies
der Frau schadet. Umso mehr müsste es der Frau schaden, wenn der Ehemann sie
nicht ernähren kann.[1]
Die Ḥanifīten polemisieren gegen die obigen Argumentationen.
Wenn der Ehe-mann seine Frau nicht ernähren kann, habe die Frau noch die
Möglichkeit, sich Geld zu leihen. Es sei nicht zu billigen, dass die Frau bei
ihrem Mann bleibt, solange es ihm gut geht und ihn verlässt, wenn er mittellos
ist.[1] Bis 1920 hatte die Ḥanifītische Lehre
Gesetzeskraft. Das Gesetz Nr. 25 vom Jahre 1920 bestimmte in Paragraph 4, dass
sich die Frau durch den Richter scheiden lassen kann, wenn der Ehemann sie
nicht unterhalten kann. Damit schloss sich der Gesetzgeber der drei obigen Rechts-schulen
an.
e) Ehescheidung wegen eines Körperfehlers
des Mannes:
1) Stellt die Ehefrau nach der
Ehescheidung fest, dass der Ehemann nicht zum ehelichen Beischlaf fähig ist,
dann räumen alle Rechtsgelehrten unter folgenden Bedingungen das Recht auf Ehescheidung
ein:
a) Die Ehefrau hatte von diesen
Fehlern des Mannes keine Kenntnis; dann steht ihr das Recht auf Scheidung zu.
b) Der Richter hat sich von dem
Vorhandensein des Körperfehlers überzeugt.[1]
2) Stellen sich während der Ehe
beim Mann Geistesschwäche oder Krankheit ein, durch die der Frau ein weite-res
Zusammenleben mit ihrem Ehemann nicht zuzumuten ist, kann die Ehefrau nach
Auffassung von drei Rech-tsschulen[1] unter folgenden Bedingungen geschieden
werden:
a) Die Krankheit ist unheilbar
oder dauert längere Zeit an.
b) Zur Zeit des Abschlusses des
Ehevertrages hatte die Frau von der Erkran-kung des Mannes keine Kenntnisse,
falls er bereits krank war.
c) Die Frau hat unmittelbar, nach Erkenntnis,
dass die Erkrankung ihres Ehe-mannes lange andauern wird, oder dass er
unheilbar krank ist, auf Scheidung zu drängen. Unterlässt sie dies, steht ihr
das Recht auf Scheidung nicht zu.[1]
Das Gesetz Nr. 25 v. Jahre 1929 gibt der Frau das
Recht auf Scheidung in den oben aufgeführten Punkten eins und zwei bei
Vorliegen der genannten Bedingungen.[1]
* * *
4. Gegenseitige Pflichten
nach
der Ehescheidung
Wird
eine Ehe aufgelöst, dann bleiben ehemalige Ehepar-tner noch für eine bestimmte
Zeit dadurch aneinander gebunden, dass jeder in dieser Pflichten und Rechte
hat. Die geschiedene Frau muss bis zur Wiederheirat eine Wartezeit vergehen
lassen. Diese Wartezeit begründen die Fuqahāʾ folgendermassen:
Aus
Achtung vor der vorigen Ehe soll eine vornehme Frau nicht sofort wieder-heiraten.
Die Wartezeit dient zur Feststellung einer eventuellen Schwangerschaft der
Geschiedenen. Der geschiedene Ehemann soll eine Chance erhalten, seine ehemali-ge
Frau wiederzuheiraten.[1] Für die Dauer der Wartezeit sind drei
Gesichtspunkte wesentlich:
a) Die Frau
menstruiert nach der Ehescheidung regelmässig. In diesem Fall ist ihre
Wartezeit beendet, nachdem sie drei oder vier Mal menstruiert hat. (ṯalḍṯatu qurūʾ)[1]
b) Die Frau menstruiert nach der
Scheidung nicht. Für diese Frau gilt ebenfalls eine Wartezeit von drei Monaten.[1]
c) Die Frau ist schwanger. Die
Wartezeit einer Schwangeren endet nach ihrer Niederkunft.[1]
Das Gesetz Nr. 25 vom Jahre 1929 bestimmt, dass die Wartezeit bei
unregelmäs-siger oder keiner Menstruation nicht länger als ein Jahr sein darf.[1] Während der Wartezeit hat der geschiedene
Mann seiner ehemaligen Ehefrau Unterhalt zu gewäh-ren. Er hat während dieser
Zeit auch das Recht, seine ehemalige Frau ohne ihre Einwilligung noch mal zu
heiraten, wenn die Ehe nicht von einem Richter geschie-den wurde.
* *
*
F. Versuche der Reform des
Ehescheidungsrechts
Seit
der Abbasidenzeit war die ḥanafitische Schule in Ägypten im Familienrecht
herrschend. Wie dargelegt wurde, billigte diese Schule der Frau nur in einem
Fall das Recht auf Scheidung durch den Richter zu, nämlich bei Unfähigkeit des
Ehe-mannes zum Beischlaf. Der Einfluss dieser Rechtsschule wurde in Ägypten
zurück-gedrängt, als man im Zuge der Emanzipationsbestrebungen das
Familienrecht refor-mierte. Qāsim Amīn rief als erster zu dieser Reform auf. Zum Problem
der Schei-dung durch den Richter auf Verlangen der Frau fordert er, man soll sich
nicht nur auf ḥanafītisches Recht stützen, sondern der Rechtsschule von Mālik in diesem Fall den Vorzug geben, da diese
Schule das Recht der Ehefrau auf Scheidung durch den Richter bejaht. Oder man
urteilt weiter nach ḥanafītischem Recht, nimmt aber in den Ehevertrag
die Klausel auf, dass sich die Frau durch den Richter scheiden lassen darf,
wenn sie will. Diese Bedingungen seien - sagte Qāsim Amīn - von allen Schu-len als zulässig anerkannt.[1] Die Behauptung, dass alle Rechtsschulen eine
Vertrags-klausel bejahen, die der Frau das Recht auf Ehescheidung durch den
Richter geben, und von allen Schulen anerkannt wird, ist nicht ganz zutreffend.[1]
Im
Zuge der Emanzipation wurde Amīns Forderung, māli-kītisches Recht zur Grundlage der Rechtsprechung bei der
Ehescheidung durch den Richter zu machen, nicht verwirklicht.[1] Amīns zweiter Vorschlag, eine Scheidungsklausel in den
Ehe-vertrag aufzunehmen, wurde dagegen im Jahre 1926 von Reformen des Familien-rechts
angenommen. Am 25. 10. 1926 wurde ein Ausschuss gebildet, dessen Auf-gabe es
sein sollte, das Familienrecht zu reformieren. In diesem Ausschuss waren
vorwiegend Schüler ʿAbduhs vertreten. Dieser Ausschuss wollte sich bei der
Reform des Familienrechts nur auf Qurʾān und Ḥadīṯ als Rechtsgrundlage stützen und löste sich von
einzelnen Lehrmeinungen der vier Rechtsschulen. Zwar akzeptierte der Ausschuss
Amīns Forderung, der Frau das Recht zu geben,
eine allgemeine Scheidu-ngsklausel in den Ehevertrag zusetzen. Ihr Entwurf
daraufhin beinhaltet u. a.: „Wenn die Frau eine Bedingung zu ihren Gunsten
stellt, die dem Zweck der Ehe nicht ent-gegensteht, z. B. er (der Ehemann) darf
keine zweite Ehe eingehen, andernfalls muss er sie (seine erste Ehefrau aus dem
Ehevertrag) entlassen; oder (die Bedingung) er darf sie nicht zum Umzug von
einem Ort in den anderen zwingen. Diese Bedingun-gen sind gültig und bindend,
und sie (die Ehefrau) hat das Recht, die Ehe aufzulösen, wenn die Bedingungen
nicht erfüllt werden.“[1] Der Ausschuss erklärt bei der Befür-wortung
dieser Ehevertragsklausel, er stütze sich auf die ḥanifītische Schule. Abū Zahrah bemängelt aber, dass man sich
lediglich auf die Ansicht eines ḥanbalītischen Rechtsgelehrten, nämlich auf Abū al-Ḫaṭṭāb[1] stütze.[1] Der Entwurf dieses Reformaus-schusses konnte
aber nicht verwirklicht werden, da eine starke Opposition sich gegen den
Entwurf und gegen deren Durchführung stellte.[1]
Gegenwärtig werden immer wieder Stimmen laut, die fordern, dass eine Ehe
nur durch einen Richter geschieden werden soll. Wāfī wendet dagegen ein:
„Seit kurzer
Zeit tauchen einige ägyptische Schriftsteller auf, die dem Gesetz-geber raten,
das Recht zur Ehescheidung aus der Hand der Ehepartner zu nehmen und in die
Hand der Rechtsprechung zu legen; d. h. die Frau wird nicht geschieden, es sei
durch einen Prozess vor dem Gericht, wenn der Richter die Scheidungsgründe
anerkennt. Sie (die Schriftsteller) wollen das französische Ehescheidungsrecht
in Ägypten einführen, als Ersatz für das göttliche Recht ..... . Die meisten
Gründe, die zur Ehescheidung führen, können aber nicht wegen der Familienehre
sowie der Zukunft der Töchter und Söhne öffentlich dargelegt werden. Würden die
Ehepartner sich nur scheiden lassen dürfen, nachdem sie dem Gericht ihre Gründe
bzw. die Beweise dafür dargebracht haben, stünden sie zwischen zwei Feuern:
entweder sie ziehen es vor, sich und die Kinder nicht durch die Bekanntgabe der
Scheidungs-gründe vor dem Gericht zu komplimentieren, indem sie diese
ehrenrührigen Gründe nicht vorbringen und deshalb in dem ungünstigen Zustand
bleiben (d. h. nicht geschieden werden) ..... oder sie ziehen die Bekanntgabe
der Scheidungsgründe vor und bürden dadurch ewige Schande auf sich und alle
Familienmitglieder.[1] Wāfīs Argumente spiegeln die noch herrschende
Meinung in Ägypten wieder,[1] daher ist mit einer Einführung des
Gerichtszwanges für Ehescheidungen in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Ein
Entwurf des Familienausschusses, der Zurzeit dem Parlament vorliegt, hat es
abgelehnt, die Ehescheidung in die Hand des Richters zu legen. Doch hat er der
Frau das Recht zugebilligt, Bedingungen zu ihren Gunsten in den Ehe-vertrag zu
setzen, wie das schon einmal vom Ausschuss im Jahre 1926 gefordert wurde.[1]
* * *
Schlussbetrachtung
Die
Gelehrten im Mittelalter haben die Frauenfrage nur in der Auslegung der
betreffenden Qurʾānverse und Ḥadīṯe behandelt. Da die Richtlinien im Qurʾān vor-wiegend allgemein gefasst sind, spielten
u.a. die damaligen Kenntnisse bzw. Geb-räuche, sowie politische Richtungen eine
grosse Rolle in den Interpretationen. Ob-wohl sich die Gelehrten in der Frage
der Rolle der Frau in der Gesellschaft nach Qurʾān und Ḥadīṯ richteten, finden wir in ihren Auslegungen auch
Meinungen, welche weder vom Qurʾān noch Ḥadīṯ vertretbar wären.
Die
modernen Theologen haben unter dem Einfluss der Emanzipationsbewegung versucht,
fremde Einflüsse, die im Mittelalter in die Qurʾānauslegungen eingegan-gen sind, zu beseitigen.
Sie bemühen sich, eine der Entwicklung der Gesellschaft angepasste Stellung für
die Frau aus Qurʾān und Ḥadīṯ abzuleiten, konnten aber bis jetzt nicht die
Erfordernisse einer modernen Industriegesellschaft in Einklang mit den
religiösen Vorschriften bringen. Daraus ergeben sich ständig Konflikte, auf die
zusammenfassend noch einmal hingewiesen werden muss.
Das
Richteramt wird der Frau versagt mit Berufung auf einen Qurʾānvers. Das Versagen wird unterstützt durch die
im islamischen Orient weithin unerschütterte
Auffassung, dass (wie eine moderne
Psychologin formuliert) „Frauen mehr mitfüh-lender, zurückhaltender....emotionaler“
sind.[1] Da es von der auf dem Qurʾān als einem Ganzen stehenden Theologie
unmöglich ist, auch nur einen Vers als veraltet auszuklammern, ergibt sich hier
eine Ausweglosigkeit, die den bisherigen Status erhalten wird.
Wenn
die ägyptischen Theologen den hanifitischen Standpunkt eingehender untersucht
hätten, nähmen sie jetzt eventuell eine positivere Haltung zu dieser umst-rittenen
Frage ein und räumten der Frau das Recht ein, das Richteramt in Zivil-pro-zessen
auszuüben.
Die Möglichkeit,
zu einer Reform im Hinblick auf die Stellung der Frau auf dem Gebiet des
Familienrechts mit religiöser Grundlage zu kommen, sind wir, meiner Meinung
nach, auf analytische Philologie angewiesen; die Imperative in religiösen
Vorschriften bedeuten „Dürfen“ oder „Müssen“. Das „Dürfen“ (Erlaubnis) sollte
aufgehoben werden, wenn der Gesellschaft damit geschadet wird. Es bleibt dabei
zu prüfen, welche Erlaubnisse mehr schaden denn nutzen. Dementsprechend kö-nnen
die Probleme der Polygamie und Scheidung reformiert werden, da die Polygamie
eine Erlaubnis ist. Auch ist es dem Mann erlaubt, sich von seiner Frau
bedingungslos scheiden zu lassen. Bei „Müssen“ (Pflicht) sollte die Ratio
gesucht werden. Fällt diese aus, könnte auch die Pflicht aufgehoben werden; bei
Vorhandensein ist es nicht möglich, sie auf religiöser Grundlage aufzuheben.
Dementsprechend hat, ʿOmar,
der zweite Ḫalīfah, seine Entscheidungen zum Beispiel über Ṣadā-qat oder Diebstahl im Gegensatz zum Quranvers
getroffen.[1] Er hat damit einer wichtigen Theorie im isla-mischen Recht den Weg gewiesen, die in der
irakischen Schule mit der Ausbildung des „Analogieschlusses“ (qiyās) als dritte Quelle des Rechts zur
Durchführung kam.
Bei
der Reformierung des Familienrechts ergibt sich die Möglichkeit, diese Rich-tung
wieder aufzunehmen, und zwar indem man nach einer der Zeit und den Verhält-nissen
entsprechenden Ratio sucht und aus der Analogie Schlüsse zieht, in der Weise
auf die ʿOmar entsprechend den Verhältnissen seiner Epoche
uns einen, wenn auch bescheidenen Hinweis gegeben hat. Bedenkt man, welche
Möglichkeiten sich hier anbieten, um zu einer völligen Neuformierung z.B. des
Scheidungsrechts oder Poly-gamie zu gelangen, so muss man um so erstaunter sein
und mit Bedauern feststellen, dass bei der intensiven Diskussion über das
Familienrecht diese Methode noch keine Erwähnung, geschweige denn
Wiedererwecker gefunden hat.
Nun
bleibt den Theologen zu entscheiden, welche Auslegungen der Offenbarung sich
der wandelnen Gesellschaftsform anpassen können, bzw. bei welchen Auslegu-ngen
dies vom Qurʾān nicht möglich ist. Die Bedingungen einer
modernen Industrie-gesellschaft, wie sie das heutige Ägypten darstellt,
verlangen ein verändertes Verhal-ten der Geschlechter zueinander. Die islamische Theologie sieht sich, wenn sie wie-terhin
Einfluss auf die Gestaltung der Gesellschaft nehmen will, gezwungen diesem
Problem Rechnung zu tragen.
* *
*
NACHTRAG
Ibn Ḥazm (gest. 456 Chr.=1064 H.) sagte:[1] وجائز أن تلى المرأة الحكم ، وهو قول أبى حنيفة Dazu erklärte er nicht worauf sich Abū Ḥanīfah gestützt hat. Dieselbe Ansicht wird von den Ḥanifītischen Gelehrten vertreten z.B. sagten sie, die Frau
dürfe in Zivilprozessen als Richterin fungieren. Ebenso hören wir von Ibn
al-Humām (gest. 861=1457):
ويجوز
قضاء المرأة في كل شيء إلا في الحدود والقصاص اعتبارا بشهادتها [1]
Er
bezieht sich darin weder auf den Qurʾān noch auf einen Ḥadīṯ. Vielmehr versu-cht er die Parallele zwischen der
Zeugenaussage der Frau und dem Richteramt zu ziehen.
Bei einem der
bedeutendsten ḥanafītischen Gelehrten as-Saraḫsī (gest. 483=1090 oder nach Anderen 478) habe
ich diese Meinung nicht gefunden. Er stimmt auch in den Grundgedanken über die
Schwäche der Frau mit den anderen Rechts-schulen nicht überein. Wir finden sie
u.a. in foldendem Text wieder:
وجعلنا النساء أحط رتبة في
الشهادة من الرجال لنقصان الولاية بسبب الأنوثة .... فإن الضلال والنسيان يغلب
عليهن، ويقل معهن الضبط والفهم بالأنوثة. [1]
Der mālikīt Ibn al-ʿArabī (gest. 543=1148) stellt die
Worte Abū Hanīfas in Frage:
ونقل
عن محمد بن جرير الطبري إمام الدين أنه يُجَوِّز أن تكون المرأة قاضية، ولم يصح
عنه ذلك، ولعله – كما نقل عن أبى حنيفة – أنها إنما تقضى فيما تشهد به، وليس بأن
تكون قاضية على الإطلاق، ولا بأن يكتب لها منشـور بأن فلانة مقدمة على الحكم، إلا
فى الدماء والنكاح، وإنما ذلك كسبيل التحكيم أو الاستنابة في القضية الواحدة بدليل
قوله صلى الله عليه وسلم: لن يفلح قوم ولوا أمرهم امرأة. وهذا هو الظن بأبي حنيفة
وابن جرير. وقد رُوِىَ أن عمر رضى الله عنه قدم امرأة على حسبة السوق، ولم يصح فلا
تلتفتوا إليه، فإنما هو من دسائس المبتدعة في الأحاديث. [1]
Diese – für die Stellung der Frau in der Öffentlichkeit – sehr wichtige
Frage, die eine grosse Kontroverse ausgelöst hat, verdiente zweifellos eine
genauere Untersu-chung. Da es mir in dieser Arbeit aber vor allem um die
Darstellung der Lehrmei-nungen und Gesetze im heutigen Ägypten geht, habe ich
diese Untersuchung hier ausgeklammert, in der Hoffnung mich mit dieser Frage in
einer weiteren Arbeit detaillierter auseinanderzusetzen.
*
* *
Allgemeine Einblicke
in
die
Meinung von Rāzī
über die Frau
Verzeichnis der Abkürzungen
B. : Band
Q. : Qurʾān
M. :
Mafātīḥ al-Ġeib
R. : Rāzī, Faḫr ad-Dīn
S. : Seite
Sch. : Šiʿīten
Su. : Surah
V. :
Vers
Einleitung
R.
hat kein eigentliches Buch über das sogenannte “Frauenproblem” geschrieben, da
es zu seiner Zeit dieses Problem nicht gab. Wenn wir seine Meinung über die
Frau erfahren wollen, sind wir auf seine Interpretation der Qurʾānverse, die dieses Problem behandeln,
angewiesen. Zu seiner Zeit gab es noch keine Bewegung, die die Frau geschützt
hat.
Rāzī stand unter Einflüssen, die wir anschliessend
behandeln werden sowie Rāzī Richtungen und Meinungen festzustellen versuchen.
Hätte es zu seiner Zeit so etwas wie eine Frauenbewegung gegeben, hätte er in
seiner objektiven Meinungsäusserung und Denkweise unter deren Druck gestanden.
Beeinflusst war er von Tradition, Kultur, Meinung der islamischen Rechtsschulen und seiner Umwelt.
Keiner ist, von Beginn der Menschheitsgeschichte, von Zwängen befreit. Der
Druck des Überlebens (Beruf) und andere persönliche Interessen waren für Rāzī keine Fesseln, seine Meinung zu äussern.
Der
Q. bringt zahlreiche Verse über die Frau, beschreibt viele ihrer Stellungen,
entscheidet über ihre Verhältnisse und gibt ihr verschiedene Rechte. Es ist uns
nicht möglich, im Rahmen dieser kurzen Untersuchung alles, was R. über die
Verse gesch-rieben hat zu umfassen. Wir wollen uns nur auf drei Punkte
beschränken:
1. Die Erschaffung der Frau.
2. Das Ziel ihrer
Erschaffung.
3. Die Stellung der Frau.
1.
Die Erschaffung
der Frau
“Oh
ihr Menschen, fürchtet euren Herrn, der euch aus einem Wesen erschuf und aus
ihm erschuf er seine Gattin und aus ihnen liess er viele Männer und Weiber
entstehen “ (Q. Su. 4, V. 1)
“Er schuf aus
ihr (der Seele) ihre Gattin” Er meint, diese Gattin ist Eva. Dass Eva aus Adam
geschaffen worden ist, darüber gibt es zwei Ansichten:
1. Die meisten Gelehrten
sagen, dass, als Gott Adam schuf, er auf ihn einen Schlaf legte. Darauf schuf
er Eva aus einer seiner linken Rippen, und als er erwachte, sah er sie und
fühlte sich zu ihr hingezogen, weil sie aus einem Teil von ihm geschaffen
worden war. Die Gelehrten haben das aus den Worten des Propheten geschlossen: “
Die Frau ist aus einer gekrümmten Rippe geschaffen. Wenn du sie gerade biegst,
zerbrichst du sie. Wenn du sie krumm lässt, hast du an ihr Freude.”
2. Abū Muslim al-Aṣfahānī sagte: “Die Bedeutung des Wortes “ er schuf aus ihr
(der Seele) ihre Gattin“ ist, dass sie aus demselben Stoff geschaffen ist und
nicht aus Adams Rippe” (R. M. B.
3, S. 130)
*
* *
2. Das
Ziel ihrer Erschaffung
“Und
zu seinen Zeichen gehört es, dass er Frauen für euch aus euch selbst geschaf-fen
hat, um ihnen beizuwohnen und er lässt Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch
bestehen, sodass hierin Zeichen für denkende Menschen sind.” (Q. Su. 30. V. 23)
“Er schuf für
euch” beweist, dass das Weib geschaffen worden ist, genauso wie Tiere und
Pflanzen und anderes zum Gebrauch. Wie Gott an anderer Stelle gesagt hat: “ Er
schuf für euch, was auf der Erde ist”. (Su.2, 29 ) Daraus folgt, dass sie nicht
für Gebete und Verpflichtungen geschaffen worden ist. Wir meinen, dass die Erscha-ffung
der Frau eine Gnade für uns sei. Sie hat keine Verpflichtung gegenüber Gott wie
wir Männer. Wir leiten diese Meinung von der Überlieferung, dem Urteil und der
Bedeutung ab:
Die Überlieferung ist vorstehender Vers und
andere. Das Urteil besteht darin, dass die Frau schwächer im Geist ist; sie ist
wie das Kind, das keinerlei Verpflichtung hat. Somit hat sie auch keine
Verpflichtungen gehabt. Doch die Gnade für uns wäre nicht vollkommen, wenn sie
keine rituellen Handlungen verrichten müsste, damit sie die Strafe Gottes
fürchten soll. Durch diese Furcht wird sie immer dem Ehemann gehorchen und wird
die Verbote nicht übertreten. Wäre es nicht so, dann würde das Verderben
erscheinen. (R. M. B. 6, S. 475)
* *
*
3.
Die Stellung der
Frau
Die
Hälfte der Gesellschaft besteht aus Frauen. Wenn diese Hälfte zur geistigen und
körperlichen Vernichtung verurteilt wäre, so würde gewiss die andere Hälfte
ebenfalls untergehen. R. hat über diese Hälfte (die Frauen) das dem Qurʾān folgende Zitat ausgeführt: (Su. 2, V. 228)
Es gibt
gemeinsame Rechte zwischen Beiden. Davon nennt al-Rāzī einige:
Der Ehemann ist der Herrscher und Leiter, die Ehefrau
muss gehorchen und sich leiten lassen. Abgesehen davon muss der Ehemann ihre
Rechte und Interessen vertreten. Sie muss deswegen unterwürfig sein und ihm
gehorchen. ...... Man braucht nicht zu beweisen, dass der Mann gegenüber der
Frau den Vorzug hat. Aber was hier erwähnt worden ist, hat zwei Bedeutungen:
Erstens: Der
Mann hat gegenüber der Frau auf verschiedenen Gebieten Vorzüge:
I)
der Vernunft
II)
Das Schmerzensgeld (d. h., für einen getöteten Mann
ist das Schmerzensgeld doppelt das einer getöteten Frau). Dieses Gesetz
(Schmerzensgeld) besteht bei einigen islamischen Gelehrten.
III. Die Erbschaft (der männliche Erbe erhält
das Doppelte einer weiblichen Erbin)
IV Der Mann darf im Gegensatz zur Frau
Richter, Zeuge vor dem Gericht und Vorbeter sein.
V) Dem Mann
ist im Gegensatz zur Frau erlaubt, neben seiner gesetzlichen Frau noch bis zu
drei weitere Frauen zu heiraten und sich ausserdem Sklavinnen als angetraute
Nebenfrauen zu halten.
VI) Die Erbanteile, die der Mann beim Tod seiner Frau
erhält, sind grösser als die, welche die Frau beim Tod ihres Mannes erhält.
VII) Der Mann
kann sich von seiner Frau scheiden lassen und kann sie wieder innerhalb einer
bestimmten Zeit heiraten, auch wenn die Frau dagegen ist. Aber umgekehrt kann
sie sich nach der Scheidung nicht wieder mit ihrem Mann gegen seinen Willen
verheiraten.
VIII) Die Anteile
des Mannes bei der Kriegsbeute sind grösser als die Anteile der Frau.
Nachdem die Vorzüge des Mannes dargelegt wurden, erscheint die Frau wie
eine schwache Gefangene in Händen des Mannes. Deshalb sagte der Prophet: “Ich
empfehle euch, die Frauen gut zu behandeln. Sie sind hilflos” Und in einer
anderen Überlieferung sagte er: “Fürchtet den Herrn in Bezug auf zwei Dinge,
das sind die hilflosen Waisen und die hilflosen Frauen”.
Zweitens: Der
Mann und die Frau haben beide gleichen Anteil an den Genüssen und den
nützlichen Dingen des Lebens, weil das Ziel einer Gemeinschaft ist: Ruhe,
Liebe, Mitgefühl, verwandtschaftliche Verbundenheit und die Vermehrung von
Helfern und Freunden in der Familie.
Das Gesetz gibt
der Frau Rechte und Pflichten, die im Ehevertrag festgesetzt sind; wie die
Morgengabe, den Lebensunterhalt, den Schutz der Frau und das Vertreten ihrer
Interessen. Er soll auch verhindern, dass sie vom rechten Weg abkommt. Da der
Mann die Interessen der Frau vertritt, muss sie ihm dienen. Das ist die Gegen-gabe
für die Rechte, die die Frau empfängt. Und so hat Gott gesagt: “Die Männer sind
den Weibern überlegen wegen dessen, was Allah dem einen vor dem anderen gegeben
hat, weil sie von ihrem Geld (für die Weiber) auslegen.” (Q. Su. 4, V. 34)
Und
ebenfalls sagte der Prophet: “Wenn ich jemandem befohlen hätte, sich vor
anderen ausser vor Gott zu beugen, so hätte ich der Frau befohlen, sich vor
ihrem Mann zu beugen.”
(R. M. B. 2; S. 251)
“Die Männer
sind den Weibern überlegen wegen dessen, was Allāh dem einen vor dem anderen
gegeben hat, weil sie von ihrem Geld (für die Weiber) auslegen.” (Q. Su. 4, V. 34)
R. sagte, als
er diesen Vers kommentierte: “Die Vorzüge der Männer haben zwei Ursachen:
I) Gott sagte: “..... weil Allah
dem einen vor dem anderen gegeben hat ”Wisst, dass die Vorzüge der Männer vor
den Frauen von verschiedenen Seiten betrach-tet werden können, z. B.
hinsichtlich ihrer körperlichen und geistigen Fähigkei-ten und der Ausübung
ihrer gesetzlichen Pflichten. Die körperlichen und geis-tigen Fähigkeiten
beziehen sich auf die Wissenschaft und die Stärke. Es ist ohne Zweifel, dass
die Männer im Denken und in den Wissenschaften höhere Grade erreicht haben. Die
Männer können eine schwerere Arbeit besser ertragen als die Frauen. Es ist
allgemein bewiesen, dass der Mann in Bezug auf Mut (Krieg) Entschlossenheit,
Vernunft und Literatur den Frauen überlegen ist. Männer werden Propheten,
Gelehrte, Staatsführer, Prediger, Gebetsrufer und sind Zeu-gen bei
Gerichtsverhandlungen, sowie gesetzlicher Bestrafung (al-Ḥudūd), Vergeltung (al-Qiṣāṣ) und Eheverträge. Bei Vergeltung und bei der
gesetz-lichen Bestrafung waren sich alle Gelehrten darüber einig, dass die Frau
als Zeuge nicht zugelassen wird. Beim Ehevertrag waren nur die Šāfiʿīten gegen die Zeugenaussage der Frau.
Ausserdem steht der Männer der grössere Anteil der Erbschaft zu (der doppelte
Anteil einer Frau). So sind die Vorteile des Mannes klar bezüglich des
Erbanteils innerhalb der Sippe. Bleibt bis zum Tode des Vaters nur ein Sohn
zurück, ist er Alleinerbe. Bleibt nur eine Tochter zurück, erbt sie vom
väterlichen Erbe die Hälfte, die andere Hälfte wird auf die Verwadtschaft
verteilt. Bei Blutrache (Di-yah) wird das Blutgeld nur vom Mann bezahlt.1[1] Der Vormund bei Schliessung eines Ehevertrages
muss ein Mann sein. Dem Mann ist vorbehalten: die Scheidung, die
Wiederverheiratung mit der geschiedenen Frau und die Polygamie. Die Söhne
erhalten die Namen ihrer Väter, nicht ihrer Mütter. All dies beweist, dass die
Männer Vorzüge vor den Frauen haben.
II) Gott sagte: “..... weil sie
von ihrem Geld (für die Weiber) auslegen.” Das bedeutet, dass der Mann eine
Bevorzugung vor der Frau geniesst, weil er ihr die Morgengabe gibt und für sie
auslegt.
Wenn wir seiner
Ansichten folgen, um zu sehen, wie der Mann die Frau behandeln soll, finden
wir, dass R. die Frau unter die Herrschaft des Mannes gestellt hat, so dass er
sogar nach der Scheidung noch über sie verfügen kann.
Als er folgende
Verse erklärt hat: “O du Prophet, wenn ihr
euch von Weibern scheidet, so scheidet euch von ihnen zu ihrer
festgesetzten Zeit; und berechnet die Zeit und fürchtet Allah euern Herrn.
Treibt sie nicht aus ihren Häusern noch lasset sie hinausgehen, es sei denn sie
hätten eine offenkundige Schandbarkeit begangen. Dies sind Allahs Gebote, und
wer Allahs Gebote übertritt, der hat wider sich selber gesündigt. Du weisst
nicht, ob Allah nach diesem ein Ding geschehen lässet” (Q. Su. 65, V. 1), meint R. damit: Es ist die Verpflichtung des Mannes,
der Frau die Wohnung zu stellen, solange die Ehegemeinschaft besteht. Das Ziel
sind die Gemeinschaft und der Genuss. Die Frau muss für ihren Ehemann bereit
sein, wenn er Bedürfnis nach ihr hat. Nach einer evt. Trennung hat die Frau das
Recht (s. Su. 65, V. 1), auf die Woh-nung zu verzichten. Das kann nur
sein, wenn er ihren Ansprüchen auf Lebens-unterhalt, Kleidung und Wohnung
genügt hat. All dies sind Gründe, die wir als Genüsse bezeichnet haben. Dazu
kommt noch das Recht des Mannes, die Keuschheit seiner Frau zu bewahren, wenn
eine Scheidung stattfindet. Damit die Ehefrau ihre Keuschheit behält, muss er
Obdach für sie schaffen. Das ist nicht nur ein Muss für den Mann, sondern ein
von Gott gegebenes Recht an die Frau, dem sich der Mann nicht entziehen kann.
Wenn eine
Scheidung stattfindet, sind natürlicher-weise Rechte und Pflichten beider
Seiten (Mann, Frau) aufgehoben. Es sei denn, der Mann ist verpflichtet, die
Frau eine bestimmte Zeit zu unterhalten und ihre Wohnung zu stellen. (ausf.
darüber in Islam. Rechtsschriften)
Die Ehefrau
darf nicht umziehen, auch wenn sie darum bittet und der Ehemann es akzeptiert.
Man darf sie nicht umziehen lassen, auch wenn sie möchte. Sie darf umziehen nur
in folgenden Fällen:
Bei Zerstörung
des Hauses, bei Ablauf des Wohnungsvertrages, bei Wasserflut und Feuergefahr
oder wenn man um sein Leben fürchtet, oder wenn sie von irgend-einer Angst
bedroht wird. Auch wenn ein Usurpator sie zwingt, umzuziehen. Sind alle
Gefahren vorüber, muss die Frau wieder in das eheliche Haus zurückkehren.
R. kommentierte
die Verse des Qurʾāns, die über die Frau erzählen, entsprechend
dem Bild, das er sich durch sein Studium und seine Berührung mit der
Gesellschaft gebildet hat.
Er kam zu folgender Meinung:
1. R. stellt Mann und Frau in
Bezug auf die Schöpfung auf eine Stufe. Er sagte, dass Eva genauso wie Adam aus
gleicher Substanz geschaffen worden sind. Trotz dieser Aussage ist er jedoch
folgender Meinung. Für einen Leser ist es oft schwer zu verstehen, was der
Gelehrte gemeint hat. Auch wenn es textlich klar und deutlich ausgedrückt
wurde. Vieles wird oft nur angedeutet und lässt dem Leser die Freiheit,
Gemeintes selbst herauszufinden. Für einen Wissen-schaftler ist es wichtig, die
Objektivität zu bewahren. Verschiedene Meinungen sollen berücksichtigt und
gemäss der Zeit verstanden und dargestellt werden. Um die Meinung Rāzis über
die Bewertung der Frau verstehen zu können, soll man emotionelle Gefühle
beiseite stellen und eine klare wissenschaftliche Auslage aufstellen.
2. Er erniedrigt die Frau in der
Weise, dass er sie mit den Tieren gleichsetzt; er meint, dass das Ziel der
Erschaffung der Frau Genuss des
Mannes ist. Wie Gott Tiere und Pflanzen zum Gebrauch des Mannes erschaffen hat,
so hat er auch die Frau zur Freude des Mannes geschaffen.
3. Er hat ihre Verpflichtung gegenüber
Gott als Furcht dargestellt, damit der Mann sie leicht leiten kann, und sie ihm
untertan ist, nicht als dem Mann gleichbe-rechtigt vor Gott.
Er hat daraufhin
bewiesen, wie er es verstanden hat:
I.
Mit dem Vers 21 Su. 30
II.
Sie hat nicht so viele Verpflichtungen gegenüber Gott
wie der Mann.
III) Sie ist schwächer im Geist und sie ist wie
ein Kind. Darum hätte sie keine Verpflichtungen haben müssen. Aber damit die
Verdorbenheit nicht erscheint, muss sie rituelle Handlungen tun.
4. Er hat den Mann vor der
Frau als überlegen hingestellt, in dem er den Mann als einen absoluten
Herrscher über die Frau machte. Die Frau muss seine Interessen vertreten und
ihm (nach Meinung Rāzīs)
gehorchen, ohne irgeneinen Wiedersp-ruch zu leisten.
5. Er ist der Meinung, dass
sie keine Richterin, keine Zeugin und keine Führerin sein kann, weil es nicht
ihrer Natur entsprechend ist.
6. Das Ziel des Ehevertrages
ist der gegenseitige Austausch; die Frau gibt sich dem Mann, um Freude zu
bekommen, als Gegenleistung dafür muss er ihr eine Wohnung und alles, was sie
zum Leben braucht, geben.
Die
Gelehrten, Dichter und Schriftsteller sind der Spiegel einer Gesellschaft, die
die Gewohnheiten, die Charaktere, die Gedanken und die Politik wiederspiegeln.
Die Literatur prägt den Einzelnen in seiner Gesellschaft, die Tradition und
Lebens-weisheiten verkörpern seinen Geist. Die meisten Lehrmeinungen
veränderten sich durch die Entwicklung der Traditionen oder durch Veränderungen
politischer Syste-me. Wenn wir den Ursprung der Meinungen von R. über die Frau
entdecken wollen, müssen wir daher die Richtungen, die in seiner Zeit existiert
haben und wie die Ansi-chten davon abgeleitet worden sind, erfassen. Zu dieser
Zeit teilte sich die Haschi-miten-Familie in zwei Gruppen, die seit den Tod des
Prophetes eine Einheit bildete und die Omayyadenzeit überlebte. Damals
verbreitete sich die Aufforderung Kali-fats im Namen al-Raḍiyy aus der Familie des Propheten. Nach der
Herrschaft Abū al-ʿAbbās al-Saffāḥ (Blutvergiesser), ein Nachkomme des ʿAbbās ibn ʿabd el-Muṭ-ṭalib, Onkel des Propheten, übernahm Abū-Ğaʿfar al-Manṣūr das Ḫilāfah als Nach-folger und wollte seinen Sohn, Muhammad al-Mahdī, als Thronfolger bestimmen. Da es so war,
erkannten die Sch. (Nachkommen des Propheten und Enkel von ʿAlī Ibn ʾAbī Ṭālib) schliesslich, dass die Söhne ihre Onkel,
die mit ihnen unter Druck zur Zeit der Omayyaden lebten, sie überwältigten und
allein das Ḫilāfah bekamen, obwohl die Sch. Unter den Omayyaden viel
kämpf ten. Die Sch. dachten folglich drüber nach, was sie dagegenunternehmen
sollten! Und so waren die beiden Fami-lien einander Feind. Dann rebllierte der
Sch. Führer, an-Nafs az-Zakiyyah (die reine Seele), Muhammad Ibn al-Ḥasan, mit den Medinensern und einigen Irakern
gegen Abū-Ğaʿfar al-Manṣūr. Während der Kampf stattfand, tauchten die beiden
Führer, Muhammad Ibn al-Ḥasan und Abū Ğaʿfar, einige Briefe. Darin hat jeder seine Ansicht so
dargelegt, dass nur er das Recht habe, Ḫalifah zu sein. Muhammad schr-ieb in seinem Brief, dass er ein
Enkel von Fāṭimah, Tochter des Propheten, sei. Deshalb habe
er Vorrecht, Ḫalīfah zu sein. Abu Ğaʿfar antwortete: “ Als dann (ʾammā baʿdu) habe ich deinen Brief bekommen und deine Worte zur
Kenntnis gekommen. Also wenn du dich auf die Weiber berufst, damit du den Pöbel
und die gemeinen Leute betrügst, dann stellt Gott die Weiber nicht mit den
Vatersbrüdern gleich.” Daher erniedrigten die ʿAbbāsīden die Frau bei jeder Gelegenheit. Die Gelehrten
verachteten die Frau, um die Gnade der Herrscher zu bekommen und die Dichter
dichten gegen die Frau, um ihre Beihilfe zu erhalten. Als der Dichter, Marwān Ibn Abī Ḥafṣah, Dichter der ʿAbbāsīden, gegen die Sch. und gleichzeitig für die ʿAbbāsīden die folgende Verse dichtete, gab ihm Hārūn ar-Rašīd hundert-tausend und zehn Dirham:
Macht den Weg frei für die Leute,
deren Gewohnheit es ist,
In jeden Gedränge mit den Schultern zu stossen.
Seid zufrieden mit dem, was Gott euch gegeben hat,
Hört auf, jedem schwebenden Vogel nachzujagen
In eurem Erbschaftsanspruch. Wie könnte es denn sein?
Es kann doch nicht sein, dass die Söhne der
Töchter die Rechte der Vatersbrüder erben dürften.
Nach kurzer
Zeit wurden die allgemeinen Ansichten über die Frau schon festgele-gt.
Daraufhin machten sich die Dichter diese Ansicht zueigen, um viel Geld zu
bekommen.
Muhammad Ibn Yaḥyā at-Taġlibī, ein Schiʿite, widersprach dem Marwān:
Warum nicht ? -Doch kann es sein-, dass die
Söhne der Töchter die Rechte der Vatersbrüder erben dürfen.
Die Tochter hat eine Vollhälfte der Erbschaft,
der Onkel aber hat keinen bestim-mten Anteil. Wie kann eine Freigelassener
(Bezeichnung für die Makkahner, die bis zur Kapitulation Makkahs Heiden
blieben) die Erbschaft antreten? Der Freigelas-sene (al-ʿAbbās) musste nur aus Furcht beten.
Die Frau blieb für Abū Ğaʿfar eine Gefahr, die ihm Schmerz und Leidenschaft
verursachte. Als er einmal beinahe ums Leben gekommen wäre, sagte er seinem
Sohn; “Hüte dich, dass du auf die Ratschläge der Weiber hörst. Ich hoffe, dass
du tust, wie ich dir gesagt habe.”
Es
liegt klar auf der Hand, dass die ʿAbbāsīden die Frau erniedrigt haben; das geschah durch den
Kalifah al-Mustanṣir. Als er die Nachrichten bekam, dass die
Ägypter von einer Frau, die Šagar ad-Durr hiess, regiert wurden, schickte er einen
Brief an die Fürsten der Mamluken. Darin hiess es: “Lassen Sie uns wissen, wen
es in Ägypten keinen Mann gibt, der gut regieren kann, dann schicke ich ihnen
einen! Haben Sie den Ḥadīṯ von dem Propheten nicht gehört: “Diejenigen,
die eine Frau herrschen lassen, haben Unglück.”
Er
schloss seinen Brief mit einer Drohung. Dazu hat er die folgende Dichtung
erwähnt:
Die Weiber
haben weniger Geist und Religion (d. h. rituelle Handlungen)
Wir sahen, dass sie keine guten Ideen haben.
Wegen der Vollkommenheit sandte Gott uns
keinen Propheten unter den Weibern.
All dies
beweist, dass die ʿAbbāsīden die Frauen unterdrückt haben, damit ihnen die Sch.
das Ḫalifat im Namen der Frau (Tochter Muhammadsr) nicht wegnehmen können. In Übereinstimmung mit
dieser politischen Strömung liess man die Frau erniedrigen, und sie hat ihre
Worte als Mitglied in der Gesellschaft verloren. Sie diente nur zum Gebrauch
des Mannes.
In dieser
Umgebung wuchs R. auf und nahm seine Gedanken aus dieser Gesell-schaft, die die
Faru verachtete und sie auf die Rolle von Genuss und Sehnsucht beschränkte. Es
liegt nicht fern, dass R. entsprechend dem, was er vorfand, den Qurʾān komentierte.
Aber darüber
hinaus hat er eine besondere Idee: Die Frau ist aus Adam geschaffen worden, aus
der gleichen Substanz wie der Mann. Diese Idee kommt nicht aus der
Gesellschaft, sondern aus dem Qurʾān. ( Su.
4, V. 1 )
*
* *
a) obligatorisches Handeln (Wāǧib Su.
2, 43)
b)
empfehlenswertes Handeln (Mandūb Su. 2, 282)
c)
erlaubtes Handeln (Mubāḥ Su. 5, 5)
d)
verwerfliches Handeln (Makrūh Su. 5, 101)
e)
verbotenes Handeln (ḥarām Su. 17, 32)
[2]) Dāwūd
Ibn ʿAlī Al-Aṣfahānī sagte: “Die Heirat ist eine individuelle Pflicht (Farḍ
ʿain) ; wer ihr nicht nachkommt, obwohl er zum Geschlechtsverkehr fähig
ist, und eine Familie ernähren kann, begeht eine Sünde.” As-Samarqandī
II, 157.
[6]) ebenda
Die
Fuqahāʾ zeigen für die
Eheschliessung seitens der Frau keine Bedingung auf. Lediglich al-Ḫaṭīb ( III, 125 ) erwähnt hierzu folgendes :
a) wenn eine Frau keinen Geschlechtsverkehr braucht,
und sie will ganz für den Glauben leben, dann wäre eine Heirat verwerflich
(Makrūh).
b) wenn sie
Geschlechtsverkehr oder Unterstützung braucht, dann ist die Heirat
empfehlenswert (Mandūb)
[7]) Mutter Töchter, Schwestern,
Tanten (väterlicher- und mütterlicherseits) und Nichten (Su. 4, 23 Aš-šāfiʿī V, 23 f. Al-Ḫaṭīb III, 174 Ibn Qudāmah III, 31 und As-Samarqandī II,162 f.
a) Schwiegermutter, sobald der Mann den Ehevertrag über
die Heirat ihrer Tochter abgeschlossen hat.
b)
Stieftochter, wenn der Mann ihrer Mutter bereits beigewohnt hat; ist dies noch
nicht der Fall gewesen, dann kann er die Stieftochter
heiraten, obwohl er den Ehevertrag über die Heirat ihrer Mutter schon
abgeschlossen hat.
c) Schwiegertochter, sobald der natürliche Sohn einen Heiratsvertrag
abgeschl-ossen hat (dies gilt nicht für Adoptivsöhne).
d) Stiefmutter, sobald der Vater den Ehevertrag
abgeschlossen hat. Su. 4, 23 Mālik IV, 123 ff. As-Samarqandī II, 163 ff. Ibn Qudāmah
III, 32 f. Aš-Šāfiʿī V, 24 f. u. Al-Ḫaṭīb III, 177.
[8] ) Amme und Aszendenten, ebenso die Mutter ihres Ehemannes, Nachkommen
der Milcheltern und deren Deszendenten. Das Kind wird als Sohn der Amme
betrachtet, daher gilt das Heiratsverbot in Bezug auf die Verwandtschaft der
Amme entspre-chend. Vgl. Anm. 7 und 8 Al-Ḫaṭīb III,
176 Aš-Šāfiʿī V, 24 ff. Ibn Qudāmah III, 31 f. As-Samarqandī II, 166 u. Mālik IV, 132.
[10]) Als Beweisstelle wird Su. 5, 5
angeführt. Siehe Aš-Šāfiʿī V, 7 Al-Ḫaṭīb III, 187 ff. As-Samrqamndī II, 177 f. und Ibn Qudāmah
III, 38 f.
[12]) Muhammad
hat ʿĀʾišah geheiratet, als sie sechs Jahre alt war.Aber hat ein Forscher
gewiesn, dass sie 17 Jahre alt war.
[13]) Zur Vormundschaft sind
folgende Personen in der aufgeführten Rangfolge berechtigt: Vater, Grossvater,
Urgrossvater, Bruder, Stiefbruder (väterlicherseits), Bruder und Stiefbruder
des Vaters und deren Söhne. Ist kein zur Vormundschaft Berechtigter vorhanden,
fungiert ein Richter als Vormund.
3) Über das Erreichen der Volljährigkeit gab es
zwei Ansichten: Einige Rechtsgelehrte betrachteten ein Mädchen als volljährig
nach Vollendung des 9. Lebensjahres (Ibn Qudāmah III,
15). Andere Rechtsgelehrte sind der Ansicht, dass ein Mädchen mit Beginn ihrer
Menstruation volljährig wird. Das ägyptische Familiengesetz Nr. 56 vom Jahr
1923 bestimmt, dass ein Mädchen nicht vor Vollendung ihres 16. Lebenjahres
heiraten darf. Abū Zahrah 119.
"Weder der Vater, noch ein Anderer hat das Recht,
die Jungfrau, oder die schon einmal verheiratete Frau ohne ihre Einwilligung zu
verheiraten.” E. Dermenghem. 115.
Die Rücksicht auf die Einwilligung der Braut
zum Ehevertrag finden wir auch im alten Rom. “Zwar war der Konsens der Tochter zur Verlobung und
Heirat notwendig, doch wurde er vorausgesetzt, wenn sie keinen Widerspruch
erhob, und dieses war ihr nur gestattet, wenn der Vater einen schimpflichen
oder durch seinen Charakter unwüdigen Verlobten für sie wählte.” L.
Freadlaender 271.
[22]) ebenda 124 f.
3) In Paragraf 6 des Gesetz Nr.
25 vom Jahre 1929 heisst es: “Wenn eine Frau ihren Ehemann beschuldigt, dass er
sie derart beleidigt habe, dass ein (weiteres) Zusammenleben zwischen beiden
nicht möglich ist, dann darf sie von dem Richter verlangen, sie zu scheiden.”
Dieser Paragraph wird in der Weise ausgelegt, dass eine leichte Züchtigung noch
keine schwiegende Beleidigung der Frau sei. Vgl. Al-Ḥuseinī
115.
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