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الأحد، 10 مايو 2020

الجزء الثالث من مقرر العقيدة


25. DIE HIĠRAH

Die menschlichen Gesellschaften wogen seit alters her in unterschied-lichen Strömungen, widerstreitenden Orientierun-gen und unvereinbaren Ideologien. Freilich ist eine Klassifi-zierung menschlicher Neigungen möglich, die den Ausgangs-punkt dieser Orientierungen und die Quelle jener Ideologien in zwei Hauptfaktoren darstellt, nämlich das Gute und das Böse. Die menschliche Seele pendelt zwischen beiden Fakto-ren hin und her. Denn das Handeln und das Verhalten des Menschen in der Gesellschaft ist entweder durch Merkmale charakterisiert, die ihn sich zum Guten neigen lassen, oder ihn beherrschen Motivationen, die ihn zum Weg des Bösen und Sündhaften locken.

Die Menschen sind hinsichtlich der Festlegung der Chara-kteristika des Guten und des Bösen unterschiedlicher Mei-nung, und deshalb befinden sie sich in einem ständigen Konf-likt bezüglich dessen, zu was sich das Individuum verpflich-ten muss um für sich selbst wie auch für seine Gesellschaft rechtschaffen zu sein, sowie in einem fortwährenden Streit hinsichtlich der Festlegung der Merkmale des Bösen, von dem sich der Mensch fernhalten soll. Es gibt zahlreiche Prinzipien, deren Bewertung von einem Menschen zum anderen untersch-iedlich ist. Während der Eine meint, dass sie gut und für die Gemeinschaft geeignet sind, ist der Andere der Ansicht, dass sie Schaden für das soziale Leben hervorrufen. Diese Meinu-ngsverschiedenheit wird deutlich in der Historie der Prophe-ten mit deren Völkern. Denn während sie die Leute zu dem aufriefen, in dem deren Wohlergehen im Diesseits und deren Erfolg im Jenseits lagen, bestand deren Reaktion auf sie im Abstreiten und im Widerstand, der zuweilen körperliche Ver-letzung erreichte, da sie annahmen, dass das, was sich bei ihnen befand, das Richtige sei, was wiederum eine Pflicht für die Gesellschaft sei dies zu bewahren und auf nichts davon zu verzichten. Was ihnen nun aber ihre Propheten brach-ten, war eine Angelegenheit, hinter der nichts Gutes steckte, sondern nur ketzerisch Neues, von dem sie nichts außer dem Aspekt kannten, der ihnen Ruin und Zerstörung bringen werde.

Als die Propheten mit der Übermittlung ihrer Botschaft be-auftragt waren, egal was für Widerstand und Abstreiten auch immer ihnen begegnen würden, fuhren sie fort, ihre Völker zum Glauben an das aufzurufen, was sie von Gott brachten. Es glaubten indes nur sehr wenige an sie, die für die Abstrei-tenden und sich Widersetzenden zu einem Ziel von Belästi-gungen wurden. Die schärfste Form des Widerstands, die die Historie der Propheten überhaupt kennt, war der Widerstand der Bewohner Mekkas gegen den Islam. Sie verstanden sich meisterhaft auf das Zufügen von Verletzungen gegenüber denjenigen, die an den Islam glaubten: Sie schlugen sie und peinigten sie in einer für den Menschen überhaupt nicht vorstellbaren Weise in der Bekämpfung der einladen-den Aufrufe, was den Gesandten Gotts (Gott segne ihn und sche-nke ihm Heil!) dazu veranlasste, die Gepeinigten zur Auswan-derung nach Äthiopien aufzufordern, zumal sie sich nicht mehr zu helfen wussten. Tagtäglich mussten sie von den Islam-Leugnern der Quraisch ohne jede Rücksichtnahme und Barmherzigkeit Schläge sowie Ohrfeigen des Hohnes einste-cken, die ohne jeden Anstand und ohne jedes Mitgefühl waren. So blieb für den Propheten Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) angesichts dieser ungleichen Situation nur die Erlaubnis zur Auswanderung übrig, damit die Gläubigen in ferne Gegenden der Erde abreisten und sie vielleicht jeman-den fänden, der den Aufruf zu Gott hörte und voller Mitgefühl war und dem einladenden Aufruf Gotts Folge leistete. So wäre dies auch eine Verbreitung des islamischen einladenden Aufrufs.
Die Hiǧrah ist das einzige Mittel für die schwache Minder-heit, denn selbst wenn deren Glaube an ihren einladenden Aufruf ihr etwas an Macht gibt, mit der sie die Arten der Verletzung erdulden kann, sowie an Gewissheit, die sie sich gegenüber den Formen der Gewalt und Abschreckung behau-pten lässt, und an Hoffnung auf die Zufriedenheit Gotts und DESSEN Vergebung, was sie zum Opfern mit deren Blut und Gut veranlasst, sind diese Gläubigen, die sich Tag und Nacht der Verletzung entgegenstellen, doch nur Menschen, die begrenzte Kraft im Er-dulden haben. Somit bestand die einzige Lösung darin, dass sie dorthin auswanderten, wo sie Sicherheit für ihr Leben und Freiheit beim Ausüben dessen, wozu sie ob ihres Glaubens verpflichtet waren, fanden.

Da es nun der Wille Gotts erforderte, dass der islamische einladende Aufruf seinen normalen Weg geht, der den von Gott entworfenen Gründen für den Wandel der menschlichen Gesellschaften unterworfen ist, löste Gott, DER Inhaber von Macht und Autorität in Allem, das Problem zwischen den schwachen Muslimen in Mekka und dem Verletzen der Machthaber von Quraisch nicht. Vielmehr ließ ER den Konf-likt nach dem Gesetz des Lebens weitergehen, damit die frü-hen Muslime ein nachahmenswertes Vorbild für die Nachko-mmen bei der Verteidigung ihres Glaubens seien. Als das Verletzen der Quraisch gegen die Muslime sich verstärkte, erlaubte Gott den Muslimen die Hiǧrah nach Medina. Sie pflegten heimlich und weit von den Augen von Beobachtern auszu-wandern, damit sie nicht verletzt wurden oder den Fort-gang der Hedschra dorthin, wohin es ihnen der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) auftrug, verhinderten.

Ein Beleg dafür, dass Gott, der Hocherhabene, den Vor-gang der Hedschra nach den Gesetzen des Lebens fortwähren ließ, ohne dass ER durch ein Wunder intervenierte, das hätte verhindern können, dass die Muslime Verletzungen ausgesetzt sind, wanderten die etwas mächtigeren und stärkeren Muslime offen am Tag vor den Augen der Islam-Leugner von den Quraisch aus und forderten diese heraus ihnen zu folgen. Das zeigt sich etwa an ʿUmar Ibn Al-Ḫaṭṭāb (möge Gott an ihm Wohlgefallen haben!). Es wird berichtet, dass er mit gezück-ten Waffen auszog und sagte: „Wer will, dass ihn seine Mutter verliert oder sein Sohn eine Waise oder seine Ehefrau eine Witwe wird, soll mir bis hinter dieses Tal folgen.“ Nie-mand sah sich im Stande ihm nachzufolgen um ihn an der Auswanderung zu hindern.

Darüber hinaus waren die Maßnahmen, die der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) bei seiner Hiǧrah ergriffen hatte, durch äußerste Besorgnis sowie genaue Organisation geprägt. Die Muslime sollten dadurch wissen, dass Angelegenheiten nicht durch Planlosigkeit angepackt werden, sondern dass vielmehr aufmerksames Prüfen, einwan-dfreies Organisieren und exaktes Ausüben notwendig sind. Der Prophet plante seine Hedschra also präzise. Als er wusste, dass die Qureiš ihn vor seinem Aufbruch zur Hiǧrah  nach Jaṯrib töten wollten, wies er ʿAlī Ibn ʾAbī Ṭālib an in seinem Bett zu schlafen, damit dieser den Leuten vortäusche, dass der Prophet noch in seinem Haus sei. So verfolgten sie den Pro-pheten nicht, wodurch dieser wiederum genügend Zeit zur Durchführung der folgenden Planung hatte, nämlich sich in der Höhle zu verbergen.

Seine Auswahl der Höhle war ebenfalls ein Beweis für die Genauigkeit seiner Planung in einer Art und Weise, die einen Menschen überwältigt vor diesem Verstand stehen lässt, der eine andere Richtung als die Richtung nach Medina als Irre-führung der Verfolger wählte. Man muss hier einfach zuge-ben, dass es sich um eine Offenbarung Gotts handelte, denn der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke im Frieden!) war ja ein ungelehrter Mann, der nicht geschult ist zu einer derartigen Tarnung, von der nur Leute Ahnung haben, die durch das Studium der Historie Arten von Tricks kennen lernen, die ihnen die Fähigkeit zum Entwerfen eines derart genauen Planes verleihen.

Als Vervollständigung des Planes vergaß der Prophet auch nicht ʿAbdullah Ibn ʾAbī Bakr damit zu beauftragen Neuig-keiten bei den Treffen der Qureiš zu erlauschen und diese Neuigkeiten mit ʾAsmāʾ zu ihm zu schicken. ʿAbdullah sollte nicht selbst mit den Nachrichten zum Propheten gehen, und zwar aus Furcht, dass die Qureiš ihm auflauern und durch dessen Verfolgung den Ort des Gesandten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) erfahren könnten. Des Weiteren beauf-tragte der Prophet den Diener Abī Bakrs,ʿĀmir Ibn Fuheirah, an mit Schafen vorüberzuziehen um die Spuren von ʾAsmāʾ zu verwischen. Darüber hinaus pflegte dieser Diener den Propheten und dessen Freund mit Milch zu versorgen, die notwendigerweise für deren Mahlzeit war.

Der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) blieb mit seinem Freund drei Tage in der Höhle, damit die Qureiš sich beruhigten und die Hoffnung auf deren Auffinden aufgaben. Dann kam zu ihnen beiden ʿAbdullah Ibn Al-ʾUreiqiṭ mit zwei Reitkamelstuten – und zwar nach dem entworfenen Plan – und die beiden brachen auf und wandten sich in Richtung Medina. Trotz der Genauigkeit des Plans und der Präzision der Durchführung pflegten die beiden Gott, den Hocherhabenen, um Unterstützung zu bitten. So beschützte Gott die beiden und wachte über sie und ließ sie über diejenigen, die nach ihnen suchten, triumphieren. Gott sagt die Wahrheit, wenn ER sagt:

„Wenn ihr ihm nicht beisteht, so hat ihm bereits Gott beigestanden, als ihn diejenigen, die den Islam leugneten, vertrieben, als zweiten von zweien, als beide in der Höhle waren, als er zu seinem Gefährten sprach: „Sei nicht traurig! Fürwahr, Gott ist mit uns!“ Da sandte Gott SEINE Ruhe auf ihn hinab und unterstützte ihn stärkend mit Soldaten, die ihr nicht saht. Und ER machte das Wort derjenigen, die den Islam leugneten, zum niedrigen und das Wort Gotts als das höchste. Und Gott ist allmächtig, allweise.“        (Qurʾān,  Surah 9, Vers 40)

Als der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) nach Medina kam, begegnete er einem sehr komplizier-ten wirtschaftlichen Problem. Und zwar sah er sich einer Gesellschaft gegenüber, die aus den Einwohnern von Jathrib bestand, die sesshaft in ihren Häusern waren und über Besitz und Vermögen verfügten, und aus den Ausgewanderten, die ihre Häuser sowie ihren Besitz und ihr Vermögen in Mekka gelassen hatten und von dort mit leeren Händen aufgebrochen waren und nichts mitgebracht hatten, was ihnen beim Erwerb ihres Lebensunterhalts hätte helfen können. Was sollte er also tun?

Sollte er das Vermögen der Reichen von Jathrib konfis-zieren und dieses unter den Bedürftigen verteilen?

Er tat das nicht!

Denn das, was er tat, sollte ja wohl eine Gesetzesnorm werden, der die Muslime unter derartigen Verhältnissen zu folgen hatten. Da Gott nun weiß, was den Gesellschaften nutzt, inspirierte ER den Propheten jenes Konfiszieren eben nicht zu praktizieren, da es sich nicht um die optimale Lösung handelte. Die Ereignisse der Historie bestätigten auch den Misserfolg dieses Kurses beim Lösen wirtschaftlicher Prob-leme in den menschlichen Gesellschaften.

Verlangte er angesichts dieser Situation von den Mittel-losen Geduld, bis Gott einen Ausweg ankündigen würde?
Nein! Er tat das nicht!

Und wenn er es getan hätte, wäre es eine Angelegenheit des Sich-Unterwerfens und Sich-Ergebens angesichts der Wirtschaftskrise gewe-sen, ganz zu schweigen davon, dass es das Sich-Zufriedengeben mit den sozialen Verhältnissen und deren Status quo bedeutet hätte, wo es also Wohlhabende gab, die sich ihres Reichtums und ihres Besitzes erfreuten und ein Leben des Wohlstands lebten, während es Brüder von ihnen in der Gesellschaft gab, die sich vor Hunger krümmten, weil sie nichts fanden, wovon sie sich hätten ernähren können. Und es hätte nichts gegeben, was die Reichen dazu verpflichtet hätte jenen Bedürftigen Unterstützung anzubieten.

Aus diesem Grund verankerte der Prophet eine einzigartige Grundlage in der Menschheitsgeschichte, nämlich die Verbrü-derung zwischen den aus Mekka Ausgewanderten und den in Medina Helfenden. Das heißt, jeder Helfende nahm sich einen Bruder von den Ausgewanderten. Zu den Anforderungen an die Verbrüderung gehörte die Unterstützung bei der Überwin-dung der Krisenphase. Der Gesandte (Gott segne ihn und schenke im Frieden!) legte die Art der Hilfe nicht fest, dass also etwa der Helfende mit dem Ausgewanderten sein Vermö-gens teilen oder der Ausgewanderte von dessen Einkommen essen soll, denn das wäre ja eine Art des Konfiszierens gewe-sen. Vielmehr überließ der Prophet dies dem Gewissen des Muslim und der jeweiligen Situation der beiden Brüder. Und deshalb finden wir auch Aspekte des Gesprächs zwischen dem Gesandten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) und den Helfenden sowie zwischen den Ausgewanderten und den Helfenden, die uns das erste Ziel dieser Verbrüderung klar machen. Es ist überliefert, dass der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) zu den Helfenden sagte: „Eure Brüder ließen Vermögen und Kinder und kamen zu euch.“ Da erwiderten sie: „Wir teilen unser Vermögen unter uns.“ Der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schen-ke ihm Frieden!) entgegnete: „Gibt es nicht etwas anderes?“ Die Hel-fenden fragten: „Und was sollte das sein, o Gesandter Gotts?“ Er antwortete: „Sie sind Leute, die das Arbeiten kennen. Es reicht ihnen, wenn ihr mit ihnen die Früchte teilt!“ Das heißt, übertragt ihnen Arbeit auf den Feldern unter der Bedingung, dass sie die Hälfte deren Erträge nehmen!

Einmal geschah es, dass einer der Helfenden seinem Bruder von den Ausgewanderten anbot mit ihm sein Vermö-gen zu teilen und er die Hälfte davon nehmen solle um davon zu leben. Der Ausgewanderte lehnte aber diesen Vorschlag ab und sagte: „Möge Gott dein Vermögen für dich segnen! Ich bitte dich lediglich darum, dass du mir den Weg zum Markt zeigst, damit ich eine Arbeit ausübe, von der ich mich ernäh-ren kann.“

Die Verbrüderung galt nur als Mittel zum Ausstrecken der Hand zur Hilfe und Unterstützung derjenigen, die nach Medina ohne Vermögen kamen. Die Umstände unterschieden sich je nach Person. Bald gab man jemandem eine Gelegen-heit zur Arbeit, bald half man jemandem durch das Zeigen der Wege zum Verdienen des Lebensunterhalts in Medina und ein anderes Mal gab man jemandem einen Teil des Vermögens, mit dem dieser sein Leben beginnen konnte. Auf diese Weise lebte die Gesellschaft wie eine einzige Familie, die im Glück und im Unglück zusammenarbeitet. So fühlt der Mensch das, was sein Bruder erleidet, und setzt sich nach bestem Können für die Verringerung der aufgebürdeten Last aller Schwachen und Bedürftigen ein, selbst wenn die Angelegenheit den Verzicht auf einen Teil seiner Besitztümer zu deren Gunsten erfordert. Dies drückte der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) durch seine Worte aus: „Die Gläubi-gen sind bei ihrer gegenseitigen Liebe, ihrem Mitgefühl und ihrer Barmherzigkeit wie ein einziger Körper: Wenn eins seiner Organe leidet, werden auch alle anderen Organe über Schlaflosigkeit und Fieber klagen.“

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Lehren, derer sich die Muslime hinsichtlich der Hedschra bewusst sein müssen, viel sind. Wir haben drei Lehren davon in dieser Erörterung behandelt, nämlich:

Erstens: Der Islam mutet einem Menschen nur zu, was dieser ertragen kann. Wenn mithin vom Muslim auf dem Weg des einladenden Auf-rufs Geduld bei Verletzungen verlangt wird, dann ist die Absicht nicht das Andauern dieses Zustan-des bis zum Tod, sondern dass man zur Hedschra aufgefordert ist, wenn es keinerlei Hoffnung gibt sich dieser Verletzung zu erwehren. Dieser Sache müssen sich die Muslime bewusst sein. Sie unterliegen also den Strömen der Bekämpfung nicht bis zum Ausmaß eines Massenselbstmords, vielmehr müssen sie nach anderen Wegen suchen um ihr Ziel mit den kleinst-möglichen Opfern zu erreichen. Sie sollen nur dann auf das Sich-Opfern zurückgreifen, wenn alle friedlichen zum Ziel führenden Wege versperrt sind.

Zweitens: Die Muslime dürfen nicht die Angelegenheiten in einer planlosen Art und Weise laufen lassen, vielmehr müs-sen sie eine ordentliche Planung aufstellen und Präzision bei der Umsetzung in die Praxis walten lassen – wie es sie der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) durch seine Planung bei der Hedschra gelehrt hat. Dementsprechend hat das, was von den Muslimen verbreitet wird, dass sie näm-lich bei ihrem Handeln improvisieren und in ihrem Verhalten gleichgültig sind, überhaupt nichts mit dem Islam zu tun. Der Beweis ist, dass ihr Prophet (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!), der ja durch die Offenbarung unterstützt wurde, dies eben nicht getan hat, als er von Mekka nach Medina auswan-derte, und zwar nur deshalb, um ihnen ein Beispiel in der Art und Weise des Verhaltens in derartigen Situationen zu geben.

Drittens: Der Islam verpflichtet die Wohlhabenden dazu ihre Hand zur Hilfe ihrer mittellosen Brüder auszustrecken. Sofern sie dies tun, entledigen sie sich des größten Problems, dem sich die Gesellschaft gegenübersieht – der Armut. Wird die Armut beseitigt, verschwindet auch der Hass der Mittel-losen auf die Wohlhabenden und wird die Tendenz zur Dünkelhaftigkeit gegenüber den Armen zunichte gemacht. Auf diese Weise lebt jeder in Brüderlichkeit, in der jeder den anderen liebt und mit ihm zusammenarbeitet. Und darin liegt das oberste Ziel, das die menschlichen Gesellschaften wün-schen.


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26. DER TOD IST NICHT DAS ENDE
 FÜR DEN MENSCHEN

Das Thema, was mit dem Menschen nach dem Tod geschieht, hat einen großen Bereich des menschlichen Denke-ns auf all dessen Ebenen beschäftigt. Es ist tief in das Privat-leben des Menschen und in dessen immanente Glaubenssätze in einem Ausmaß eingedrungen, dass er ihm ein Interesse entgegenbringt, das alles übersteigt, was es sonst an The-men in allen Lebensbereichen gibt. Die Philosophen beschäftigen sich mit dieser Frage entsprechend ihren Orientierungen und Doktrinen. Auch die Religionen erörtern diese Frage – je nach Vorstellung vom Le-ben – mit deren Erklärungen und Darle-gungen. Das Thema besetzt den ersten Platz in der Liste der Fragen, auf die der Mensch eine Antwort sucht, sei es in seinen eigenen Betrachtungen oder in seinen literarischen Diskussionen und seinen gesellschaftlichen Reden. Der Erfolg einer jeden philosophischen Doktrin oder ideologischen Rich-tung ist sogar abhängig von deren Standpunkt gegenüber dieser Frage. Deshalb versuchen alle philosophischen Doktri-nen das klar zu machen, was sie das Weiterleben nach dem Tod nennen. So vermehren sich ihre Orientierungen und unterscheiden sich ihre Standpunkte zu diesem Thema. Diese ideologischen Bemühungen lassen sich in drei Aspekte zusa-mmenfassen.

Der erste Aspekt:

Dieser Aspekt ist das, was der biologische Fortbestand genannt wird. Das bedeutet, dass wir nach unserem Tod in Gestalt unserer Kinder und Kindeskinder durch die verschie-denen Generationen fortleben.

Da sich diese Meinung auf die Anwendung biologischer Konzepte be-schränkt, versichert sie, dass jedes Lebewesen nichts weiter als ein vor-läufiges Samendepot des Lebens und das Leben des Individuums lediglich ein Depositum sei, das den Söhnen und Töchtern nach dessen Tod übergeben wird.

Der zweite Aspekt:

Er wird gesellschaftlicher Bestand genannt und bedeutet, dass sich das Fortleben unserer Existenz nach dem Tod auf die Erinnerungen unserer Familie und Freunde beschränkt, denn es sind die Individuen, die der Gesellschaft Höchstleis-tungen zur Verfügung stellen, die für sich einen langen gesell-schaftlichen Fortbestand ermöglichen. So hängt un-ser Bleiben vom Ausmaß unseres Verdienstes ab, das heißt wir tragen möglicherweise in der Gesellschaft zu einem Anteil bei, von dem wir verdienen, dass er das Gedenken an ihn nach unserem Tode ewig aufrechterhält. Auf jeden Fall bleibt nach unserem Tod alles, was wir an Gutem und Barmherzigkeit getan haben, bestehen, und wer aus unse-rem guten Willen Nutzen zieht, wird auf die Bewahrung unseres schät-zenden Gedenkens hinwirken und unseren Segen lobend hervorheben.

Der dritte Aspekt der Aspekte des Fortbestands des Lebens wird die charakterliche Unsterblichkeit genannt. Die Vertreter dieser Vorstellung meinen, dass es einen Konflikt zwischen Gut und Böse in der Welt der Menschen gibt. So wird das Bemühen eines Individuums, das seine Individualität und seine persönliche Identität aufgibt und das Übel bekämp-ft, in diesem Bereich zur Aufgabe eines Stückchens an Bösem führen und ein anderes Stückchen an Gutem an dessen Stelle setzen. Es ist so, als ob es ein Denkmal bleibt, das an das Gedenken des Ewigen des Menschen mahnt und dessen Bemühung auf diesem Gebiet lobend hervorhebt. So meint der Mensch, dass er, obwohl er seiner Persönlichkeit verlustig gegangen ist, sein Leben nicht sinnlos gelebt hat, zumal sein Leben mittels dieses Anteils beiträgt zu einer Stellung und zu einem Ziel, das ihn von unfruchtbarer Nutzlosigkeit fernhält und ihn auf ein menschliches Niveau mit einer wahren Bedeu-tung erhebt. Dieses Niveau hat seine Bedeutung und seinen bleibenden Sinn.

Freilich geben diese Vorstellungen dem Menschen, der nicht aufhört sich selbst zu fragen und dessen Mitmenschen sich danach erkundigen, ob es nach dem Tod ein Weiterleben gibt oder nicht, keine definitive Antwort. Man vertritt die Meinung, dass das biologische Fortleben oder der gesellschaf-tliche Bestand oder die charakterliche Unsterblichkeit – auch wenn es eine unbestrittene Tatsache ist, allerdings ein bruch-stückhaftes Bild von den Formen des Fortbestands nach dem Tod – des Nachdenkens darüber gar nicht wert seien. Ist unsere Existenz nach dem Tod kein Dasein, in dem Individua-lität und Persönlichkeit bestehen bleiben und ein Andauern von Ziel und Streben enthalten, wird diese Existenz kein echter Fortbestand mit irgendeiner vernünftigen Bedeutung sein.

Niemand außer die Religionen hat das Bleiben der Persön-lichkeit nach dem Tod durch eine die Menschen – mit all deren unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftliche Stu-fen – befriedigende Darlegung behandelt. Sie haben den Leu-ten dargelegt, dass der Tod nicht ein Ende für sie ist, sondern vielmehr ein Übergang von einer Phase zu einer anderen Phase oder von der irdischen Welt zu einer anderen Welt, die sich in ihren Gesetzen und ihren Bestimmungen von dieser Welt, in der die Menschen leben, unterscheidet. Die Men-schen werden im Leben nach dem Tod in ihrer Eigenschaft als Individuen weiterleben und Hoffnungen sowie edle Tätigkei-ten haben – weitgehend dem ähnlich, was sie hatten, als sie in dieser Welt lebten.

Denn es ist ja so, dass den Menschen, was er auf der Bühne des diesseitigen Lebens an divergierendem und wider-sprüchlichem Verhalten und Verfahren der Menschen bei der Anwendung des Prinzips von Belohnung und Strafe sieht, zur Annahme eines definitiven Glaubens bewegt, dass es nämlich ein anderes Leben geben muss, in dem die Waage der Gerech-tigkeit sich keiner Laune beugt, von keinen Klassen- oder Rassenrichtungen beeinflusst wird, in keine Einöden von Nimbus und Macht fällt und sich zu keinem Zierrat der dies-seitigen Welt und deren Genuss neigt, als es da gibt das Erlan-gen von Vermögen und das Genießen von Gelüsten und Vergnügungen. Denn falls das Leben des Menschen bar dieser Hoffnung ist, wird es befallen von tödlicher Frustration, zers-törerischer Verzweiflung und Mutlosigkeit, was seine Betei-ligung am Antrieb des Entwicklungs- und Fortschrittsrades lähmt. Und all dies ist nur deshalb so, weil der Mensch Tag und Nacht vor seinen Augen Pein sieht, die über die Köpfe der Hochherzigen gegossen wird, sowie Gunstbezeigungen, die in den Gebieten von Übeltätern, Totschlägern und Bluts-augern flattern. Er sieht jeden Tag Strafe, die auf Unschuldige herabfällt, und Orden und Medaillen, die an der Brust derer angeheftet sind, die sich abscheulichste und grässlichste Ver-brechen gegen die Rechte von Individuen und Gesellschaften zu Schul-den kommen lassen. Er merkt durch seine zahlrei-chen Empfindungen, dass viele Leute enorme Reichtümer auf illegalen Wegen erlangen, ohne dass sie auch nur die gering-ste Anstrengung aufwenden, während die Anderen sich am Feuer der Belastung auf dem Weg des Erlangens von dem, womit sie ihr Leben fristen, verbrennen.

Gäbe es also kein anderes Leben, in dem die Rechte zu ihren Trägern zurückkehren und in dem jeder bestraft wird, der Unrecht begangen oder von seinem Bruder das Recht ungerechtfertigt genommen hat, sowie in ihm jeder belohnt wird, der Gutes gegenüber dem Bedürftigen gewirkt hat, dann überschattete Depression dieses Leben und es wäre wie ein Dschungel, in dem der Starke den Schwachen zerreißt, ohne dass ihn die Furcht vor der Macht göttlicher Gerechtigkeit abschreckt.

Der Glaube daran, dass jeder Mensch nach seinem Tod für das, was er im diesseitigen Leben getan hat, zur Rechenschaft gezogen wird, trägt zur Stabilität des Lebens in der Gesell-schaft bei und verleiht den Seelen der Individuen das Gewand innerer Ruhe, wenn sie begreifen, dass die Vergeltung für Gutes das Gute ist und dass Gott denjenigen bestrafen wird, der eine Sünde begeht – früher oder später nach dem Tod. Gott, der Erhabene, sagt:

„Aber gewiss! Wer sich Übles hat zu Schulden kommen lassen und wer in Sünde verstrickt ist, so werden jene Insas-sen des Höllenfeuers sein und sie werden ewig darin verwei-len. Und diejenigen, die glauben und rechtschaffene Werke verrichten, jene werden Insassen des Paradieses sein und werden ewig darin verweilen.“
                                        (Qurʾān,  Surah 2, Verse 81-82)
Und ER sagt auch:

„....Oder wähnen denn diejenigen, die die Schlechtigkeiten begehen, damit, dass WIR sie wie diejenigen, die glauben und die rechtschaffenen Werke wirken, gleich werden lassen in ihrem Leben und in ihrem Tod? Schlecht ist es, was sie urteilen!“                (Qurʾān, Surah 45, Vers 21)

Wer das Leben nach dem Tod ableugnet, hat für seine Auffassung keinen Beweis. Vielmehr ist sein Ableugnen auf Vermuten gegründet. Und auf Vermutungen kann sich keine Ansicht stützen. Das Abbiegen einer Orientierung in eine Richtung, die für sich das Vermuten als Beleg nimmt, ist nicht statthaft, insbesondere wenn sich daraus Schaden für das Individuum und für das gesellschaftliche Leben ergibt.

Wir haben bereits dargelegt, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod notwendig und erforderlich für das Individuum und für die Gesellschaft ist. Wer ihn abstreitet, streitet eine vitale Angelegenheit für den Fortbestand des Lebens ab. Und deshalb kommt diesem Leugner kein Gewicht zu. Dass er sich lediglich auf Vermutungen stützt, die für ideologische Orien-tierungen, die einen wichtigen Aspekt im Leben der Men-schen repräsentieren, im Grunde überhaupt nicht geeignet sind, vermehren noch seine Schwäche. Gott bestätigt das, wenn ER sagt:

„Und sie sagen: „Es gibt nichts außer unser irdisches Leben. Wir sterben und wir leben und nichts außer die Zeit vernichtet uns.“ Und sie haben davon kein Wissen, sie vermu-ten nur.“               (Qurʾān,  Surah 45, Vers 24)

Wer beim Abstreiten eines Lebens nach dem Tod als Beweis die Undenkbarkeit der Rückkehr von Körpern in ihren ersten Zustand nach deren Auflösung in Staub nennt, der ver-gisst die Fähigkeit DESSEN, DER sie aus dem Nichts erscha-ffen hat. Gott, der Erhabene, sagt über denjenigen, der mit ein paar Knochen in seinen Händen zum Propheten (Gott segne ihn und schenke im Frieden!) kam, nachdem sie in diesen Zustand geraten waren:

„Und er führt uns als Gleichnis an und vergisst seine Erschaffung. Er spricht: „Wer belebt die Gebeine, so sie zerfallen sind?“ Sprich: „Beleben wird sie DER, DER sie erstmals hervorgebracht. Und ER ist um jegliche Schöpfung wissend.“                       (Qurʾān,  Surah 36, Verse 78-79)

Wer hingegen an die Seelenwanderung glaubt, dass also der Geist dessen, der gestorben ist, den Platz in einem neuge-borenen Wesen einnimmt, kann uns auf Grundlage dieses Glaubens nicht das Phänomen der Zunahme der Erdbewohner erklären. Denn wenn jeder Mensch stirbt und dessen jeweili-ger Geist den Platz eines Menschen einnimmt, der neu gebo-ren wird, woher kommt dann die ständige Zunahme?

Dies ist doch ein klarer Beweis für die Hinfälligkeit dieses Glaubens und eine Bestätigung dafür, dass Gott derjenige ist, DER SEINE Schöpfung vermehrt, wie ER es will. ER infor-mierte uns durch SEINEN Propheten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!), dass jeder, der stirbt, nach dem Tod wieder zum Leben erweckt wird und belohnt wird, wer Recht-schaffenes gewirkt hat, und bestraft wird, wer Sündhaftes begangen hat. Gott, der Erhabene, sagt:

„An dem Tag wird Gott alle auferwecken und ihnen ver-künden, was sie getan. Gott hat es registriert und sie haben es vergessen, und Gott ist eines jeden Dinges Zeuge.“
                                               (Qurʾān,  Surah 58, Vers 6)



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27. DIE RELIGIÖSEN ANSCHAUUNGEN HINSICHTLICH DES ZUSTANDS DES VERSTORBENEN IN DESSEN GRAB

Die meisten Religionen stimmen hinsichtlich des Prinzips der Vergeltung nach dem Tod überein. Wer also Rechtschaf-fenes in diesem Leben wirkt, wird nach seinem Tod belohnt werden, und wer Böses tut, wird je nach dem, was er an Schlechtigkeiten und Fehltritten verübt, bestraft werden. Frei-lich unterscheiden sich die Religionen in der Form der Beloh-nung und Bestrafung sowie deren beiden Orte.

Die Religionen, zu deren Prinzipien das Anerkennen eines anderen Lebens neben diesem weltlichen Leben nicht gehört, stellen Belohnung und Bestrafung als ein sichtbares Bild dar, das heißt, dies geschieht schon im diesseitigen Leben. Der Brahmanismus, der Buddhismus und die anderen Religionen, die die Seelenwanderung vertreten, also den Übergang der Seele vom Verstorbenen in ein neugeborenes Kind, meinen, dass die Seele eines rechtschaffenen Menschen ihren Platz in einem Kind einnehmen wird, dessen Leben leicht und dessen Position im sozialen Leben höher sein wird als die ehemalige Position.

Wer indes Sündhaftes beging, dessen Seele wird einen Platz in einem Körper nehmen, der sich auf einer niedrigeren Stufe als der Körper befindet, der jenes Sündhafte beging. Die Klassifizierung der Grade erfolgt gemäß der Art des Sündhaf-ten, das der Mensch verübte, sowie gemäß deren Menge und dessen Grad. Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Glaube-nsrichtung mit dieser Konzeption der Philosophie der Bestra-fung den Körper vernachlässigt. Hier wird nicht der Körper, sondern nur die Seele bestraft, was im Widerspruch zur Gere-chtigkeit steht, denn der Körper genoss zusammen mit der Seele das Leben auch. So muss er an der Belohnung und Bestrafung beteiligt werden. Bekanntermaßen ist eine Glau-bensrichtung, die gegen dieses selbstverständliche Prinzip verstößt, weit vom Weg der Wahrheit entfernt.

Darüber hinaus gibt es Religionen – wie das Judentum –, die nicht darauf eingehen, was nach dem Tod geschieht. Der Studierende der israelitischen Bücher sieht, dass sie nichts von der Auferstehung und vom Letzten Tag erwähnen. Der alte Testament selbst betrachtet vielmehr das diesseitige Leben als die alleinige Welt des Menschen und entsprechend gibt es keinen Glauben an die Auferstehung oder an Paradies und Hölle. Das ist eine Entstellung der Botschaft Gotts, DER uns informiert hat, dass es Auferstehung, Paradies und Hölle sowie ein Leben nach dem Tod gibt.

In diesen Religionen, die die Erwähnung dessen, was es nach dem Tod an einem anderen Leben gibt, unterlassen, gibt es keine Erwäh-nung des Zustands des Verstorbenen in dessen Grab, denn sie erken-nen dies implizit nicht an. Freilich ist es normal und gemäß dem Verständnis von Gerechtigkeit, dass es eine Vergeltung für das gibt, was der Mensch im diessei-tigen Leben präsentiert. Die Vergeltung wird erst dann voll-kommen, wenn sie beide den Menschen bildenden Elemente, nämlich die Seele und der Körper, umfasst. Dies berichtet uns der ehr-würdige Koran. So sagt Gott, der Erhabene:

„Und jenes, da es Gott ist, DER die  Wahrheit ist, und da ER die Toten zum Leben erweckt, und da ER einer jeden Sache mächtig ist. Und da die Letzte Stunde kommt – daran gibt es keinen Zweifel. Und da Gott auferweckt, wer in den Gräbern.“                  (Qurʾān,  Surah 22, Verse 6-7)

Die Auferstehung ist also eine Wahrheit, denn Gott hat uns über sie informiert und sie gilt als Verwirklichung der Gere-chtigkeit Gotts, denn das Leben ist voller Übeltäter, die das Recht der Guten rauben und der Bestrafung des Diesseits entgehen. Es ist mithin keine Gerechtigkeit, dass man sie ohne Bestrafung lässt.

Gemäß dem Konzept der Bestrafung im Islam kommt der Verstorbene in dessen Grab einem Festgenommenen gleich, dessen Angelegenheit zu entscheiden ist. In der Juristen-sprache: Er ist in Untersuchungshaft. Natürlich unterscheiden sich die Umstände der Festgenommenen. Wer Rechtschaffe-nes gewirkt hat, dessen Grab wird ausgedehnt, und wer Böses getan hat, dessen Grab wird eng. Von ʾUmm Bischr wird überliefert, dass sie berichtete: „Der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) kam zu mir und sagte: «Bittet Gott um Schutz vor der Qual des Grabes!» Ich fragte ihn: «O Gesandter Gotts! Gibt es denn im Grab Qual?» Er antwortete: «Fürwahr, sie werden in ihren Gräbern mit einer Tortur gequält, die das Vieh hört.»“

Wenn nun also der Mensch rechtschaffen ist, wird dessen Grab für ihn ausgedehnt werden und er bleibt in einer Atmos-phäre der Ruhe, bis er am Jüngsten Tag auferweckt wird. Von ʾAbī Hurairah wird überliefert, dass der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) sagte: „Der Gläubige in seinem Grab ist gewiss in einem grünen Garten und sein Grab wird 70 Ellen weit und für ihn so hell sein wie der Mond in einer Vollmondnacht.“ Es wird auch überliefert: „Das Grab ist die erste der Stufen des Jenseits. Wenn der Mensch dem entgeht, wird das Folgende für ihn leichter, und wenn er dem nicht entgeht, wird das Folgende schwerer.“

Jeder, der gestorben ist und für den Belohnung oder Bestrafung fällig wird, erhält seinen Anteil, egal ob er begra-ben ist oder nicht. Haben ihn  Raubtiere gefressen oder ist er verbrannt oder im Meer ertrunken, wird sein Körper belohnt respektive bestraft genauso wie der Verstorbene, der in einem Grab begraben wurde, und zwar als Verwirklichung des Prin-zips der göttlichen Gerechtigkeit.



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28. DIE VERBINDUNG ZWISCHEN DEN LEBENDEN UND DEN TOTEN

Niemand bezweifelt – sei er nun Atheist oder ein religiöser Mensch – das Eintreten des Todes, denn es handelt sich um ein generelles Phänomen, das alle Menschen jeden Tag sehen. Freilich stellt das, was nach dem Tod passiert, eine Frage dar, in der die Menschen verschiedener Meinung sind. Die Athe-isten meinen, dass der Tod das Ende des Men-schen bilde und es kein Leben nach dem Tod gebe. Der ehrwürdige Qurʾān äußert sich über ihre Meinung, wobei er darlegt, dass diese sich auf keine wissenschaftliche Grundlage stützt. Der Erha-bene sagt:

„Und sie sagen: „Es gibt nichts außer unser irdisches Leben. Wir sterben und wir leben und nichts außer die Zeit vernichtet uns.“ Und sie haben davon kein Wissen, sie vermu-ten nur.“                (Qurʾān,  Surah 45, Vers 24)

Die Umstände des Verstorbenen nach dessen Entfernen aus diesem sichtbaren Leben sind den Lebenden unbekannt und diese haben kei-nerlei Beweis, der sie zum Wissen dessen führt, was dem Menschen nach dessen Entfernen aus dem diesseitigen Leben passiert, es sei denn das, worüber uns die Offenbarung informiert hat, denn allein Gott hat das Wissen um diesen Aspekt. ER gab dem Menschen keine Fähig-keit zur Aufdeckung dieses Aspektes. Vielmehr informierte ER ihn über einen Teil davon mittels der Offenbarung, die ER SEINEN Gesandten hinabsandte. In diesen Bereich fällt auch die Möglichkeit der Existenz einer Verbindung zwischen den Toten und den Lebenden.

Es ist feststellbar, dass es keine körperliche Verbindung zwischen den Toten und den Lebenden gibt. Was nun aber an Phänomenen geistiger Verbindungen existiert, die zu den Lebenden in Form von Traumbilden in deren Schlaf kommen, gibt es nichts, was uns die Wirklichkeit dieses Phänomens darlegt. Dementsprechend kann man dieses Phänomen nicht vollkommen leugnen. Außerdem haben wir keine schlagenden Beweise für dessen Bestätigung. Vielleicht ist es Realität und vielleicht sind es seelische Symptome, die in Form von Träu-men auftreten. Aus diesem Grund soll der Muslim an dessen Existenz, wie es ist, glauben, das heißt, er soll das Phänomen nicht dahingehend zu interpretieren versuchen, dass es eine Art Verbindung zwischen Lebenden und Toten sei, zumal es Koran-Verse gibt, die diese Verbindung zwischen ihnen verneinen.

Gott, der Erhabene, sagt:

„Wenn dann schließlich zu einem von ihnen der Tod kommt, sagt er: ‚Mein Herr, sende mich zurück! Vielleicht handle ich Rechtschaffenes in dem, was ich unterlassen habe. Mitnichten! Es ist fürwahr eine Äußerung, deren Sprecher er ist. Und hinter ihnen ist eine Schwelle (Barzaḫ) bis zu einem Tag, da sie auferweckt werden.“
                                                                (Qurʾān,  Surah 23, Verse 99-100)

Die Kommentatoren sagen, diese Schwelle sei die Barriere zwischen Diesseits und Jenseits. Auch werden vom Propheten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) die folgenden Worte überliefert: „Wenn ein Mensch stirbt, erlischt sein Handeln außer dreierlei: ein laufendes Almo-sen, ein nützliches Wissen oder ein rechtschaffener Sohn, der für ihn Bittgebete spricht.“ Dies bedeutet indes nicht das Vorhandensein einer körperli-chen respektive seelischen Verbindung zwischen Toten und Lebenden. Vielmehr ist dies die Darlegung der Kontinuität der Belohnung dessen, was der Verstorbene in seinem Leben an rechtschaffenen Handlungen getan hat. Wer also etwas wie ein Landstück oder einen Grundbesitz oder anderes als from-me Stiftung vermacht, aus dem auf irgendeine Weise ein kontinuierlicher Gewinn wie etwa für die  Armen und Bedürf-tigen oder unter irgendeinem sozialen Aspekt des Staates reichlich fließt, dessen Handeln setzt sich fort und seine Belohnung bleibt auch ununterbrochen, solange sich diese Quelle für diejenigen, die es brauchen, ergießt. Die Beloh-nung kommt nach seinem Tod nicht zum Stillstand; vielmehr werden für ihn die guten Taten sogar nach seinem Tod weiter aufgezeichnet.

Das gilt auch für den, der ein wissenschaftliches Werk hinterlässt, von dem die Menschen profitieren. Er wird dafür belohnt, solange dieses Wissen unter den Menschen bleibt und diese aus ihm Nutzen ziehen. Darüber hinaus profitiert ein Mensch vom Handeln seines rechtschaffenen Sohnes, denn dass er seinen Sohn gut erzieht, gilt als ein rechtschaf-fenes Tun für ihn selbst. Solange dieser Sohn lebt und für ihn Bittgebete spricht, nimmt Gott diese Bittgebete an. Die Verbi-ndung im oben genannten Ḥadīṯ ist keine körperliche oder seelische Verbindung zwischen dem Toten und dem Leben-den, sie ist vielmehr eine Darlegung, dass das rechtschaffene Handeln eines Menschen diesem sogar nach dessen Tod nutzt.

Was unter den Menschen verbreitet ist, dass ein Verstor-bener zu einem Lebenden im Traum kommt und diesem empfiehlt etwas zu tun oder zu unterlassen oder er auf ihn böse sei, weil dieser sich auf diese oder jene Weise verhalte, so gibt es weder vom Qurʾān noch von der  Sunnah für die Authentizität dieser Verbindung zwischen dem Lebenden und dem Verstorbenen einen Beweis. Am einfachsten lässt sich dies wie folgt formulieren:

Es handelt sich um eine Verarbeitung dessen, was im Unterbewusstsein desjenigen, der diesen Traum hatte, abläuft. Das ist ergo kein zuverlässiger Beweis, auf den man sich bei der Bestätigung einer derartigen Verbindung stützen könnte.



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29. DIE AUFERSTEHUNG

Das Wort „Gerechtigkeit“ nimmt bei allen Menschen trotz der Unter-schiedlichkeit deren zivilisatorischen Niveaus, Ver-schiedenheit deren sozialen Positionen und Auseinanderklaf-fen deren kultureller Stufen einen hohen Rang ein. Denn wenn man das Wort „Gerechtigkeit“ bei irgendeinem Konflikt respektive Streit erwähnt, findet man, dass die Streitenden sich einmütig dem fügen, was Gerechtigkeit und Geradheit unter ihnen erzielen. So kann ein Opponent das Prinzip der Anwendung all dessen, was Gerechtigkeit unter ihnen realisie-rt, nicht anfechten.

Freilich rufen Stil sowie Art und Weise bei der Lösung von Konflikten nicht in jedem Fall Gerechtigkeit hervor. Ebenso werden Merkmale der Gerechtigkeit unter den Menschen beseitigt. So findet ein ungerecht Behandelter niemanden, der ihm sein Recht vom Unterdrückenden gibt, und es gibt keine Mittel und Maßnahmen, die die Maßlosigkeit dessen, der die Menschen ausnutzt und sie deren Rechte beraubt, begrenzen. Aus diesem Grund gehört es zur Weisheit Gotts, dass ER den Menschen im diesseitigen Leben eine Frist gibt, damit sie tun, was sie ihrem Willen gemäß tun wollen. Dann lässt ER sie nach dem Tod auferstehen um jeden von ihnen für das, was er tat, zur Rechenschaft zu ziehen.

Gott, der Erhabene, sagt:

„Und wenn Gott die Menschen nach dem bestrafte, was sie erworben, ließe ER auf ihrer Oberfläche keine Kreatur zurü-ck. ER gewährt ihnen jedoch Aufschub bis zu einem bestimm-ten Zeitpunkt. Wenn nun ihr Zeitpunkt gekommen ist – für-wahr, dann kennt Gott SEINE anbetend Dienenden sehr wohl!“                       (Qurʾān, Surah 35, Vers 45)

Der Glaube an die Auferstehung nach dem Tod ist mithin eine Not-wendigkeit, die durch die Weisheit Gotts ob der Verwirklichung der Gerechtigkeit unter den Menschen bedin-gt ist. Wer also Gutes getan hat, dessen Vergeltung ist Gutes, und wer entgegengesetzt handelt, wird für das, was er im dies-seitigen Leben getan hat, bestraft. Dies gilt somit als eine der Grundlagen des Glaubens. Wer dies leugnet, ist kein Muslim. Gott, der Erhabene, sagt:

„Frömmigkeit ist nicht, dass ihr eure Antlitze gen Westen oder Osten richtet. Jedoch ist fromm, wer an Gott glaubt und den Jüngsten Tag (nämlich den Tag der Auferstehung) und die Engel und an das BUCH und die Propheten...“
                                            (Qurʾān,  Surah 2, Vers 177)

Wer an die Auferstehung nicht glaubt, ist bereits vom rech-ten Weg abgeirrt. Gott, der Erhabene sagt:

„O ihr, die ihr glauben! Glaubt an Gott und SEINEN Gesandten und das BUCH, das ER auf SEINEN Gesandten hinabkommen ließ, und das BUCH, das ER zuvor hinabsand-te! Wer Gott leugnet und SEINE Engel und SEINE Bücher und SEINE Gesandten und den Jüngsten Tag, dessen Fehlge-hen ist ja bereits sehr weit gegangen.“
                 (Qurʾān, Surah 4, Vers 136)

Gott, der Hocherhabene, wird den, der die Auferstehung leugnet, in die Hölle werfen, und zwar gemäß einer Überliefe-rung, dass ein Mann von den den Islam Leugnenden der Qureiš zum Propheten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) mit Knochen kam und sagte: „O Muhammad! Glaubst du, Gott belebt dies, nachdem es verfallen ist?“ Der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) sagte zu ihm: „Ja! ER wird auch dich auferstehen und die Hölle betreten lassen!“
Dann kamen die Worte Gotts, des Erhabenen, herab:

„Und er erteilt UNS eine weise Lehre und vergisst seine Erschaffung. Er spricht: „Wer belebt die Gebeine, so sie zerfallen sind?“ Sprich: „Beleben wird sie DER, DER sie erstmals hervorgebracht. Und ER ist um jegliche Schöpfung wissend.“                             (Qurʾān,  Surah 36, Verse 78-79)

Die Bestätigung der Fähigkeit Gotts zur Erschaffung ganz am Anfang ist ein Beweis für die Möglichkeit zur Wieder-erschaffung, denn die Wiedererschaffung steht der Realisie-rung näher als die Erschaffung ganz am Anfang. Zu diesem Beweis kommt noch hinzu, dass der Mensch die Gerechtigkeit liebt und die Ungerechtigkeit hasst.

Zu dem, woran kein Zweifel besteht, gehört, dass der Schöpfer vollkommener als das Geschöpf ist. Somit ist auch die Gerechtigkeit Gotts vollkommener als die Gerechtigkeit des Menschen. Lehnt die Gerechtigkeit des Menschen die gleiche Behandlung von Unterdrücker und Unterdrücktem, Mörder und Ermordetem sowie Gehorsamem und Ungehor-samen ab – dann lehnt doch erst recht ohne Zweifel die gött-liche Gerechtigkeit die gleiche Behandlung von Gläubigem und Islam-Leugnendem sowie Rechtschaffenem und Freveln-dem ab. Gott, der Erhabene, sagt:

„Und WIR erschufen den Himmel und die Erde und was zwischen beiden nicht ohne Sinn und Zweck. Jenes vermuten diejenigen, die den Islam leugnen. Wehe also denen, die den Islam leugnen vor dem Höllenfeuer! Machen WIR denn etwa diejenigen, die glauben und die rechtschaffenen Werke tun, wie die Unmoralischen auf Erden? Machen WIR denn die Gott Fürchtenden wie die Schamlosen?“(Qurʾān, Surah 38, Verse 27-28)
30. DIE RECHENSCHAFTSABLEGUNG 

Zu den grundlegenden Prinzipien, auf denen die Religio-nen beruhen, gehört der Glaube an die Rechenschaftsable-gung, das heißt, jeder Mensch wird für das, was er in seinem Leben getan hat, zur Rechenschaft gezogen – Gutes für Gutes und Schlechtes für Schlechtes. Freilich unterscheiden sich die Religionen in der Art und Weise der Belohnung und Bestra-fung. Einige von ihnen meinen, dies werde im Diesseits in Form eines anderen Lebens der Seele nach der Entwerdung des Körpers sein. Auf Grund dieses anderen Lebens werde dessen Bestrafung oder Belohnung festgelegt. Einige andere setzen die Vergeltung im Diesseits fest, und zwar in Form von Hungersnot und Untergang für denjenigen, der sich Gott widersetzt, und in Form von komfortablem Leben und Macht unter dem Schutz eines starken Staates für denjenigen, der Gott gehorcht und DESSEN Lehren folgt.

Was den Islam betrifft, so legt er den Menschen dar, dass es einen Tag der Rechenschaftsablegung gibt, der nach dem Sammeln der Menschen aus deren Gräbern sein wird. Gott, der Erhabene, sagt:

„Und es wird in das Horn geblasen und da eilen sie plötzlich aus ihren Gräbern hervor zu ihrem Herrn! Sie wer-den sagen: „O wehe uns! Wer hat uns auferweckt von unserer Ruhestätte? Das ist es, was der Allerbarmer verheißen hat, und die Gesandten haben die Wahrheit gesprochen!“ Es wird nur ein einziger Schrei sein, und da sind sie alle plötzlich vor UNS herbeigebracht. Heute wird also keiner Seele irgendein Unrecht geschehen und euch wird nur das vergolten, was ihr getan habt.“                    (Qurʾān,  Surah 36, Verse 51-54)

Der Glaube an den Letzten Tag ist mithin eine grund-legende Bedingung für die richtige Ausübung des Islam, denn Glaube bedeutet, dass wir an Gott, DESSEN Engel, DESSEN Bücher, DESSEN Gesandte und an den Letzten Tag, nämlich den Tag der Auferstehung, glauben, an dem die Seelen zu den Körpern zurückkehren. Dann stehen die Menschen barfuß und nackt aus ihren Gräbern auf und die Waagen werden aufge-stellt um mit ihnen die Handlungen der Menschen zu wiegen. Gott, der Erhabene, sagt:

„Wessen Waagen nun schwer sind, so sind jene die Erfolg-reichen. Und wessen Waagen leicht sind, so sind jene diejeni-gen, die ihre Seelen verlieren; sie sind ewig in der Hölle Ver-weilende.“           (Qurʾān,  Surah 23, Verse 102-103)

Am Tag der Rechenschaftsablegung werden auch die Aufzeichnungen ausgebreitet, nämlich die Seiten, auf denen die Handlungen der Menschen niedergeschrieben wurden, das heißt die Bücher, die die Engel schrieben und in ihnen alles registrierten, was der Mensch sagte und handelte. Gott, der Erhabene, sagt:

„Und wenn die Seiten ausgebreitet werden.“
                                      (Qurʾān,  Surah 81, Vers 10)

Das heißt, wenn die Seiten, auf denen die Handlungen der Menschen stehen, für die Rechenschaftsablegung ausgebreitet werden, wird jeder Mensch sein Buch respektive seine Seiten nehmen. Gott, der Erhabene, sagt:

„Und was nun den betrifft, dem sein Buch in seine Rechte gegeben wird, so wird ihm eine leichte Abrechnung gerechnet und er wird freu-dig zu seinen Angehörigen zurückkehren. Was aber den betrifft, dem sein Buch hinter seinem Rücken gegeben wird, so wird er ein großes Geschrei erheben und einer Höllenlohe ausgesetzt sein.“
                                                           (Qurʾān,  Surah 84, Verse 7-12)
Ahmad und At-Tirmiḏī überlieferten von ʾAbī Mūsā Al-ʾAšʿarī, dass dieser gesagt habe, der Gesandte Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) habe gesagt: „Die Men-schen werden drei Dingen ausgesetzt; zwei Dinge, denen sie ausgesetzt sind, sind Streitgespräch und Ausreden und eine Sache, der sie ausgesetzt sind, ist das Umherfliegen der Seiten. Wem sein Buch in seine rechte Hand gegeben und eine leichte Abrechnung gerechnet wird, der betritt das Para-dies, und wem sein Buch in seine linke Hand gegeben wird, der betritt die Hölle.“

Dementsprechend muss man an die Auferstehung und das Sammeln aus den Gräbern glauben, wie auch der Glaube an den Tag der Rechenschaftsablegung Pflicht ist, nämlich an den Tag, an dem die Handlungen der Menschen Gott vorgele-gt werden. Somit wird das Geschick jedes Menschen gemäß dem, was er im Diesseits getan hat, festgelegt. Hat er Gutes getan, nimmt er sein Buch mit seiner rechten Hand und betritt das Paradies, und hat er Böses getan, nimmt er sein Buch mit seiner linken Hand und betritt das Höllenfeuer.

Wer etwas davon ableugnet, ist ein Islam-Leugner, denn er leugnet eine Sache ab, die durch den Text des ehrwürdigen Qurʾān erwiesen ist. Es gibt viele Qurʾān-Verse, die die Exis-tenz des Letzten Tages und die Rechenschaftsablegung an ihm bestätigen. Zu diesen Versen gehören die Worte des Erha-benen:

„Und einem jeden Menschen, WIR haben ihm seinem Nacken seinen Vogel auferlegt. Und am Tage der Auferste-hung werden WIR ihm ein Buch vorlegen, das er ausgebreitet vorfinden wird. „Lies dein Buch! Es genügt deine Seele heute als Abrechnende wider dich.“
      (Qurʾān,  Surah 17, Verse 13-14)

„Seinen Vogel“ bedeutet hier: Was von ihm an Handlung, sei es Gutes oder Böses, weggeflogen ist, das ist ihm auferlegt und dem gemäß wird ihm vergolten.

Ferner hat Gott bei diesem Tag geschworen. Der Erhabene sagt:

„Nein! ICH schwöre beim Tag der Auferstehung!“
                                          (Qurʾān,  Surah 75, Vers 1)

ER hat uns auch darüber informiert, was an diesem Tag passiert:

„Verkündet wird dem Menschen an jenem Tag, was er voraussandte und was er in Rückstand gerieten ließ.“
                                               (Qurʾān,  Surah 75, Vers 13)

ER sagt auch:
„O ihr Menschen, fürchtet euren Herrn! Fürwahr, das Erdbeben[1] der Stunde ist eine gewaltige Sache. Am Tage, da ihr es sehen werdet, wird jede Säugende vergessen, wen sie säugt, und wird jede Schwangere ihren Fetus gebären; und du wirst die Menschen trunken sehen, und sie sind nicht trunken. Aber die Strafe Gotts ist schwer.“
        (Qurʾān,  Surah 22, Verse 1-2)

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31. DIE FÜRBITTE

Die islamischen Denkrichtungen stimmen darüber überein, dass Gott niemanden bei SEINER Rechenschaftsablegung am Jüngsten Tag ungerecht behandeln wird, denn Unterdrückung bedeutet Mangel und Gott ist über jeden Mangel erhaben. Darüber hinaus folgen Beweise und Belege in einer ununter-brochenen Form aufeinander, die Meinungsunter-schiede in dieser Angelegenheit aufheben. Zu diesen Beweisen gehören die Worte Gotts:

„Und das Buch wird vorgelegt und dann siehst du die Missetäter sich fürchtend vor dem, was in ihm. Und sie sagen: „O wehe uns! Was für ein Buch ist das! Es übergeht nichts Kleines und nichts Großes, ohne es zu registrieren.“ Und sie werden, was sie getan, gegenwärtig finden; und dein Herr tut niemandem Unrecht.“             (Qurʾān, Surah 18, Vers 49)

Und auch SEINE Worte:

„Fürwahr, Gott begeht auch nicht nur eines Stäubchens Gewicht Unrecht. Und ist da irgendeine gute Tat, so verviel-facht ER sie und gibt von SICH aus gewaltige Belohnung.“                                                
                                       (Qurʾān,  Surah 4, Vers 40)

In zahlreichen Ḥadīṯen werden die Androhung Gotts gegen die Unrecht Handelnden und SEIN Missbilligen des Unrechts sowie Informationen des Propheten (Gott segne ihn und sche-nke ihm Heil!) an die Muslime darüber, dass Gott niemanden SEINER Geschöpfe ungerecht behandelt, überliefert.

Gott sieht jedoch möglicherweise über den hinweg, der SEIN Recht verletzt, und mithin vergibt ER einigen Gläubi-gen. Gott, der Erhabene, sagt:
„Fürwahr, Gott vergibt nicht, dass IHM beigesellt wird, und ER vergibt, was unterhalb diesem ist, wem ER will...“
                                           (Qurʾān,  Surah 4, Verse 48/116)

Die Verzeihung der Sünden ist eine Gunstbezeigung von Gott gegenüber einem Menschen. Und die Gunstbezeigung ist eins der Merkmale der Edlen. Auf dieser Grundlage entstand zwischen den Gelehrten eine Glaubensfrage, ob nämlich die Androhung Gotts ausbleibe, das heißt, ob Gott vielleicht von SEINER Androhung des Quälens des Sündigen Abstand neh-me und dessen Sünden verzeihe. Das ist die Meinung der Anhänger der Sunnah. Was aber die Muʿtazilah und die Ḫāriǧīten betrifft, so leugnen sie dies ab und begründen dies damit, dass der Sündige ein Vergehen verübt habe und somit seine Strafe erhalten müsse. Sonst entziehe sich ja ein Sünder der Bestrafung dessen, was er verübte.

Aus dieser Frage erwuchs das Thema der Fürbitte am Tag der Auferstehung. Alle Denkrichtungen stimmen darin über-ein, dass es keine Fürbitte für einen Islam-Leugner gibt. Sie unterscheiden sich indes in der Angelegenheit der Sünder unter den Gläubigen. Die Muʿtaziliten und Ḫāriǧāten vertreten eine ablehnende Meinung und führen als Beweis dafür die folgenden Worte des Erhabenen an:

„... Die Ungerechten werden keinen innigen Freund haben und keinen Fürbitte Leistenden, dem gefolgt würde.“
                                            (Qurʾān,  Surah 40, Vers 18)
Und auch SEINE Worte:

Und fürchtet den Tag, da eine Seele nichts für eine andere Seele leistet und keine Fürbitte von ihr akzeptiert und keine Erzatzleistung von ihr genommen wird. Und es wird ihnen nicht geholfen werden.         (Qurʾān,  Surah 2, Vers 48)
Was aber die Anhänger der  Sunnah betrifft, so bestätigen sie die Für-bitte für aufrichtige Menschen und sagen, dass die Fürbitte auf zwei Dinge beschränkt sei, nämlich Gotts Erlau-bnis für den Fürbitte Leistenden und Gotts Zufriedenheit mit dem Menschen, für den Fürbitte ge-leistet wird. Sie belegen dies mit den Worten des Erhabenen:

„...Wer ist es, der bei IHM Fürbitte einlegt es sei denn mit SEINER Erlaubnis?...“         (Qurʾān, Surah 2, Vers 255)

Und auch mit SEINEN Worten:

„...Und sie legen keine Fürbitte ein – außer für den, mit dem ER zufrieden ist...“      (Qurʾān, Surah 21, Vers 28)

Sie entgegnen auf die Qurʾān-Verse, mittels derer die Muʿtazilah ihre Meinung hinsichtlich des Abstreitens der Fürbitte belegt, dass sich diese Qurʾān-Verse auf die Islam-Leugner beziehen, und es ist bekannt, dass alle darin überein-stimmen, dass es keine Fürbitte für die Islam-Leugner gibt.

Dementsprechend bestätigen die Anhänger der Sunnah die Fürbitte für diejenigen Gläubigen, denen Gott es erlaubt. Darüber hinaus bestätigen sie die Fürbitte für den Propheten (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!). Sie erwähnen, dass dieser das Recht auf zahlreiche Fürbitten habe; dazu gehöre seine Fürbitte für die Menschen am Tag der Auferstehung, bis sie beurteilt werden, und sie ist bekannt als die große Fürbitte zwecks Beschleunigung der Rechenschaftsablegung und Beruhigung der Menschen vor dem Schrecken der Lage. Dies gilt als eine Besonderheit für ihn allein unter allen Propheten.

Ferner gehöre dazu seine Fürbitte für ungehorsame Beken-ner des Eins-Seins Gotts, die ob ihrer Sünden die Hölle betre-ten. Er wird ihretwegen Fürbitte einlegen um sie aus der Hölle herauszuholen. Ferner seine Fürbitte für Insassen des Paradie-ses zur Vermehrung deren Belohnung und Erhöhung deren Ranges sowie seine Fürbitte für Leute, deren gute und schle-chte Taten ausgeglichen sind. Er wird für sie Fürbitte einle-gen, damit sie das Paradies betreten. Und seine Fürbitte für einige Islam-Leugner unter seinen Verwandten, die zu den Insassen der Hölle gehören, damit deren Qual erleichtert wird. Und dies gilt ganz besonders für ʾAbū Ṯālib.

Einige moderne Forscher sind der Meinung, dass die Für-bitte lediglich eine Art Vermittlung sei, die man in den men-schlichen Gesellschaften ausübt, wobei man durch Vermitt-lung dessen, der eine Beziehung zu denen hat, die Macht besi-tzen, Verfehlungen ausübt ohne dafür zur Rechenschaft gezo-gen zu werden. Außerdem entfällt die Bestrafung des Misse-täters um der Zufriedenheit des Machthabers willen. So wer-den die Merkmale der Gerechtigkeit beseitigt – Gott verbiete, dass ER eine Angelegenheit akzeptiere, die die Ausübung von Gerechtigkeit unter den Menschen antastet! –, und aus diesem Grund leugnen sie die Fürbitte ab und interpretieren die Qurʾān-Verse bezüglich dieses Themas wie es die Muʿatazi-liten in der Frühzeit des Islam taten.

Freilich widerspricht die Realität der Fürbitte dem Kon-zept, zu dem sie gelangen. Will nämlich Gott einem Misse-täter ob einer Geste in dessen Leben oder irgendeines lobens-werten Verhaltens verzeihen und gleichzeitig einen anbetend Dienenden ehren, bewegt ER diesen anbetend Dienenden zur Fürbitte für den, dem Gott vergeben will. In Wahrheit vergibt Gott diesem anbetend Dienenden, egal ob der Fürbitte Einle-gende seinetwegen Fürbitte einlegt oder nicht. Zweck dieser Angelegenheit ist es, dass Gott den Fürbitte Einlegenden ehren will und so führt ER diesen zur Fürbitte in einer Angelegenheit, deren Annahme bereits entschieden ist. Durch diese Bedeutung unterscheidet sich die Fürbitte vom Phäno-men der in unserer menschlichen Welt existierenden Vermitt-lung. Als Beweis dafür dient, dass die Fürbitte für jemanden, der Gott leugnet, sowie für den, der andere deren Rechte beraubt, nicht angenommen wird, bis dieser den anderen durch seine guten Taten deren Rechte wiedergibt. Verrichtete dieser keine guten Taten, wird von deren Missetaten genom-men und seiner Rechenschaftsablegung hinzugefügt. Auch gibt es keine Fürbitte für den, der schwere Sünden verübt.

All dies legt dar, dass die Fürbitte eine Ehrung für den Für-bitte Einlegenden für den ist, dem Gott verzeihen will, und kein Mittel zum Verlust von Rechten sowie keinen Freispruch für den, der sich gegen das Recht anderer versündigt.




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32. DIE EIGENTLICHEN BEDEUTUNGEN DER ÜBER DAS JENSEITS ANGEFÜHRTEN TERMINI TECHNICI

Gott verleiht dem Menschen den Verstand und inspiriert ihn zum Nachdenken über die ihn umgebenden Naturphäno-mene. ER verurteilt sogar den, der seinen Verstand für diese Orientierung nicht benutzt. Der Erhabene sagt:

„Denken sie denn nicht über sich selbst nach?...“
               (Qurʾān,  Surah 30, Vers 8)
Ferner sagt ER:

„Stellen sie denn nicht Betrachtungen über das Reich der Himmel und der Erde an und was Gott an irgendeinem Ding erschaffen hat,...“           (Qurʾān, Surah 7, Vers 185)

Der Mensch hat auch schon seinen Verstand benutzt und äußerst zahlreiche Forschungen zur Aufdeckung der Geheim-nisse der Natur unternommen. Freilich konnte er trotz des ungeheuren Fortschritts im Bereich wissenschaftlicher For-schungen zu nur wenigen Geheimnissen der Natur gelangen, und zwar deshalb, weil der Verstand des Menschen auf eine bestimmte Fähigkeit begrenzt ist, die er nicht überschreiten kann.

Wenn sein Fall hinsichtlich der ihn umgebenden Naturphä-nomene also derart aussieht, wird dieser doch erst recht in noch viel stärkerem Maß auf dem Gebiet der Erforschung dessen, was ihm verborgen ist, unfähig sein, und das ist die Metaphysik. In das, was mit ihr zusammenhängt, kann der Verstand nicht eindringen, denn er ist nicht in der Lage sie zu erreichen. Ihre Quelle ist ausschließlich das Hören, das heißt, was die Offenbarung mittels eines Propheten, dem sie geoffe-nbart wurde, berichtet. Aus diesem Grund nennt man diese Art im islamischen Glauben Eschatologie. Zu dem, was über die Eschatologie überliefert wird, gehö-ren die Informationen über die Waage, den schwertschneidigen Brückenweg namens Sirat, das Wasserbecken mit dem für immer Durst löschenden Wasser namens Haud und andere.

Was nun die Waage betrifft, so wird sie im ehrwürdigen Koran er-wähnt, und zwar in den Worten des Erhabenen:

„Und WIR stellen gerechte Waagen für den Tag der Auferstehung auf;...“             (Qurʾān, Surah 21, Vers 47)

Und auch in den Worten:

„Was nun aber den betrifft, dessen Waage schwer ist, so wird er in einer angenehmen Lebenslage sein; und was den betrifft, dessen Waage leicht ist, so wird dessen Mutter der Höllengrund sein.“           (Qurʾān,  Surah 101, Verse 6-9)

Freilich sind die Gelehrten hinsichtlich der Bestimmung von Gestalt und Form der Waage unterschiedlicher Meinung. Die Sunniten sagen, sie habe einen Balken und zwei Schalen, und das in ihnen Gewogene seien die von Gott erschaffenen Seiten der Taten oder Vorbildlichkei-ten, und Gott, der Erha-bene, wiegt sie entsprechend der Vergeltung der Taten und gemäß dem, was mit diesen Taten an Belohnung oder Bestra-fung zusammenhängt. Die Muʿtazilah hingegen bestreitet diese Vorstellung über die Waage und interpretiert das Wie-gen in Anbetracht guter Taten und sagt: „Das Wiegen jeder Sache ist dieser angemessen.“

Was aber Şirāṭ betrifft, so gibt es zahlreiche Qurʾān-Verse, die über den geraden Weg (Sirātu-l-mustaqīm) und über Gotts Rechtleitung des Menschen zu ihm sprechen. Darüber hinaus gibt es einen Vers, der über den Weg des Höllenfeuers spricht. Mittels dieser Qurʾān-Verse ver-steht man, dass dieser Weg den richtigen Weg bei der Rechtleitung und beim vernunft-gemäßen Handeln bedeutet. Wer also rechtgeleitet ist, besch-reitet den rechten Weg, den Gott für seine anbetend Dienen-den vorgezeichnet hat, und zwar in den Worten des Erha-benen:

„Und dass dieser MEIN Weg gerade ist. So folgt ihm also!...“          (Qurʾān, Surah 6, Vers 153)

Wer aber fehlgeht, weicht vom geraden Weg ab und tendiert zum Weg zur Hölle, worüber Gott, der Erhabene, wie folgt spricht:

„... „Versammelt jene, die ungerecht handelten und ihre Gefährten und was sie anzubeten pflegten unter Ausschluss von Gott und führt sie also auf den Weg des Höllenfeuers!“          
                                    (Qurʾān,  Surah 37, Verse 22-23)

Freilich gibt es viele Ḥadīṯe, die über den Weg des Jenseits (Ṣirāṭ) berichten. Darunter verstehen wir ein ausgestrecktes Gebilde über den Rücken der Hölle, bei dem alle Menschen eintreffen. Ferner wird in den Ḥadīṯen überliefert, dass dieser Weg feiner als ein Haar sei. Die Geschwindigkeit der Men-schen auf ihm ist entsprechend ihrer Taten. Die Muʿatazilah streitet dies jedoch ab und interpretiert Ṣirāṭ als den Weg zum Paradies und als eindeutige Mittel und als Anbetungshandlun-gen wie Gebet, Sozialpflichtabgabe und andere Handlungen, mittels derer der anbetend Dienende sich Gott, dem Hoch-erhabenen, nähert.

Was aber das au-Becken betrifft, so gibt es im ehrwürdigen Qurʾān darüber nicht die geringste Erwähnung. Nur in Ḥadīṯen wird darüber berichtet, wie etwa in dem, den Muslim von ʾAnas überliefert, dass dieser nämlich sagte: „Als der Gesandte Gotts unter uns war, hielt er ein Schläfchen. Danach erhob er lächelnd seinen Kopf. Da fragten wir ihn: «Was veranlasst dich zum Lachen, o Gesandter Gotts?» Er erwiderte: «Mir wurde soeben eine Surah herabgesandt.» Und dann rezitierte er:

„Fürwahr, WIR gaben dir den Fluss der Fülle des Guten namens Kauṯar!“                    (Qurʾān,  Surah 108, Vers 1)

Er fragte: «Wisst ihr, was der Kauṯar ist?» Wir erwiderten: «Gott und SEIN Gesandter wissen es am besten.» Er sagte: «Das ist ein Fluss, den Gott mir versprach. In ihm ist eine Fülle des Guten, und er ist ein Wasserbecken, bei dem meine Gemeinschaft am Tag der Auferstehung eintreffen wird. Seine Gefäße sind so zahlreich wie die Sterne am Himmel. Der anbetend Dienende zuckt vor ihnen. Dann sage ich: „O mein Herr! Er gehört zu meiner Gemeinschaft!' Da wird gesagt werden: 'Weißt du denn nicht, was sie nach dir anrichteten?“

Einige moderne Gelehrte meinen, dass der Glaube an das, was im ehrwürdigen Qurʾān über die Zustände des Aufer-stehungstages vor-kommt, Pflicht sei, und dazu gehöre der Glaube an die Existenz der Waage und anderer Dinge.

Was nun aber die wirkliche Bedeutung der hinsichtlich der Zustände des Jüngsten Tages erwähnten Termini technici bet-rifft, so muss man sich bei ihnen auf den Text verlassen. Das heißt, wir glauben an die Existenz der Waage am Jüngsten Tag, aber deren Form und die Art und Weise des Wiegens liegen außerhalb unserer Verstandeskraft. Wir sollten mithin nicht tiefer darauf eingehen, sondern dabei allem folgen, was die Offenbarung oder authentische Ḥadīṯe über die Zustände des Jenseits wie Sirat-Weg, au-Wasserbecken und anderes berichten.

33. PARADIES UND HÖLLENFEUER

Gott beauftragte SEINE Propheten und Gesandten SEINEN anbetend Dienenden zu übermitteln, dass ER für die Gott Fürchtenden Paradiesgärten des Glücks und für die sich Auflehnenden das Feuer der Hölle vorbereitet hat, und zwar in Verwirklichung der Gerechtigkeit im Bereich der Belohnung und Bestrafung. Der Erhabene sagt:

„Und strebt eilends nach einer Vergebung von eurem Herrn und einem Paradies, dessen Ausdehnung Himmel und Erde ist, bereitet für die Gott Fürchtenden!“
                                                  (Qurʾān, Surah 3, Vers 133)

Und ER sagt als Information für die sich Auflehnenden:

„Sprich zu denen, die den Islam leugnen: „Ihr werdet überwältigt und in die Hölle hineingezwängt werden; und schlimm ist die Ruhestatt!“          (Qurʾān,  Surah 3, Vers 12)

Und ER sagt auch:

„Fürwahr, die Hölle ist eine Wacht – ein Ort der Heim-kehr für die Tyrannen, in ihr verweilend eine unendlich lange Zeitperiode. Sie kosten in ihr nichts Kühles und kein Getränk außer siedendes Wasser und stinkende Flüssigkeit als eine angemessene Belohnung. Sie erwarteten keine Rechenschafts-ablegung und ziehen UNSERE Zeichen gänzlich der Lüge. Und jede Sache registrierten WIR in einem Buch. „So kostet nun! WIR werden euch niemals mehr geben außer an Pein!“
                                      (Qurʾān,  Surah 78, Verse 21-30)
Im ehrwürdigen Koran steht eine ganze Anzahl von Namen für das Paradies. Dazu gehört Haus des Friedens:
„Für sie ist ein Haus des Friedens bei ihrem Herrn...“
 (Qurʾān, Surah 6, Vers 127)
Und ER sagt weiterhin:

„Und Gott ruft zum Haus des Friedens und leitet recht, wen ER will, zu einem geraden Weg.“
                                                   Qurʾān,  Surah 10, Vers 25)

Man nennt das Paradies auch Haus der Ewigkeit, denn sein Glück ist bleibend und vergeht nicht. Der Erhabene sagt:

„Fürwahr, dies ist UNSERE Versorgung, für die es nie ein Versiegen geben wird.“            (Qurʾān, Surah 38, Vers 54)

Und ER sagt auch:

„...Sein Essen ist immer und sein Schatten...“
                                     (Qurʾān,  Surah 13, Vers 35)
Ferner sagt ER:

„...und sie werden nie von ihnen vertrieben.“
                                        (Qurʾān,  Surah 15, Vers 48)

Darüber hinaus ist das Paradies unter dem Namen Para-diesgarten Firdaus oder Haus des Aufenthalts bekannt. Der Erhabene sagt:

„Die den Paradiesgarten Firdaus erben; sie sind ewig darin Verweilende.“               (Qurʾān,  Surah 23, Vers 11)

ER sagt ferner:

„Die Gärten Eden – sie betreten sie. Geschmückt werden sie in ihnen mit Armspangen aus Gold und Perlen sein, und ihr Gewand wird in ihnen Seide sein. Und sie werden sagen: „Der Lobpreis ist Gotts, DER die Kümmernis von uns genom-men. Fürwahr, unser Herr ist gewiss der stets Vergebende, der würdigend Dankbare, DER uns in SEINER Huld im Haus dauernden Aufenthalts ansiedelte. Es berührt uns in ihm keine Erschöpfung, und es berührt uns in ihm keine Ermattung.“
 (Qurʾān,  Surah 35, Verse 33-35)
Des Weiteren wird das Höllenfeuer mit zahlreichen Namen benannt, zu denen Saqar gehört. Gott, der Erhabene, sagt:

„Am Tage, da sie ins Höllenfeuer geschleift werden auf ihren Gesichtern: „Kostet die Berührung des Höllenbrands! [saqar]!          (Qurʾān,  Surah 54, Vers 48)

Und ER sagt auch:

„ICH werde ihn einem Höllenbrand [saqar] aussetzen. Und was lässt dich wissen, was der Höllenbrand ist? Er ver-schont nichts und lässt nichts übrig, den Menschen versen-gend. Über ihm sind neunzehn.“
 (Qurʾān,  Surah 74, Verse 26-30)
Außerdem wird die Hölle Saʿīr genannt. Der Erhabene sagt:

„Fürwahr, der Satan ist euch ein Feind. So nehmt ihn als Feind! Er ruft nun aber seinen Anhang nichts weiter als des-halb herbei, damit sie zu den Insassen der lodernden Flamme [Saʿīr] gehören.“       (Qurʾān,  Surah 35, Vers 6)

Und ER sagt auch:

„Und desgleichen offenbarten WIR dir einen arabischen Qurʾān, dass du die Mutter der Städte (gemeint: Mekka) warnst und wer rings um sie und dass du warnst vor dem Tag des Sammelns, kein Zweifel ist an ihm – eine   Gruppe im Paradiesgarten und eine Gruppe in einer lodernden Flam-me.“        (Qurʾān,  Surah 42, Vers 7)
Darüber hinaus ist die Hölle unter den Namen Feuer, Ğahannam, Ğaḥīm und weiteren Namen bekannt, für die der Platz nicht ausreicht um sie alle aufzuzählen.

Hinsichtlich der Erschaffung von Paradies und Hölle vor dem Auferstehungstag sind die Gelehrten unterschiedlicher Meinung. Eine Gruppe der Muʿatazila leugnet das ab und behauptet, dass beider Erschaffung vor dem Tag der Beloh-nung und Bestrafung ja von gar keinem Nutzen sei, wobei sie die Worte des Erhabenen

„...bereitet für die Gott Fürchtenden“  (Qurʾān,  Surah 3, Vers 133) als Beweis dafür anführt, dass diese ob der Realisierung seines Eintritts als Ausdrucksweise der Zukunft mittels der Vergangenheit zu sehen seien.

Die Sunniten vertreten die Ansicht, dass das Paradies schon erschaffen vorhanden sei. Sie belegen dies mit den Worten des Erhabenen:

„Und haltet diejenigen, die um der Sache Gotts willen getötet wurden, ja nicht für tot! Sie sind vielmehr lebend bei ihrem Herrn; sie werden versorgt.“
                                              (Qurʾān, Surah 3, Vers 169)

Es ist überliefert, dass Ibn Masʿūd nach diesem Qurʾān-Vers fragte und ihm gesagt wurde: „Als eure Brüder bei ʾUḥud getötet wurden, legte Gott ihre Seelen in die Brust grüner Vögel, die an den Flüssen des Paradieses auftauchen, von dessen Früchten fressen und auf Leuchtern aus Gold im Schatten des Thrones Zuflucht suchen.“

Ebenso wird von ʾAbī Hurairah überliefert, dass der Prophet (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) gesagt habe: „Wenn Ramaḍān kommt, werden die Paradiestore geöffnet, die Höllentore geschlossen und die widerspenstigen Satane gefesselt.“ Dies und anderes an Qurʾān-Versen und Ḥadīṯen bestätigt ergo die Existenz des Paradieses und der Hölle zum jetzigen Zeitpunkt.

Freilich wurden einige Gelehrte danach gefragt, und sie entgegneten: „Das Schweigen darüber ist besser.“ Und das ist in diesem Kontext eine passende Antwort, denn dies gehört zu den übersinnlichen Dingen, die die menschliche Vernunft nicht erforschen kann; sie soll vielmehr den Text, so wie er ist, ganz annehmen ohne dessen Erklärung oder Kommentie-rung zu versuchen, da dies ja ihre Kraft übersteigt.



*    *     *


















34. DIE ENGEL

Zu den übersinnlichen Dingen, ohne die der Glaube eines Muslim nicht vollkommen ist, gehört der Glaube an die Exis-tenz von Engeln, und zwar gemäß den Worten des Erhabenen:

„Der Gesandte glaubt an das, was zu ihm von seinem Herrn herabgesandt ward – und die Gläubigen. Jeder glaubt an Gott und SEINE Engel...“       (Qurʾān,  Surah 2, Vers 285)

Wer also an die Existenz von Engeln nicht glaubt, ist ein Islam-Leug-ner, da er etwas notwendigerweise Bekanntes in der Religion in Abrede stellt.

Freilich sind die Gelehrten hinsichtlich der Natur der Engel unter-schiedlicher Meinung. Die Mehrheit vertritt die Meinu-ng, dass sie aus Licht erschaffen sind und stützen sich auf einen im Sahih Muslim und im Musnad von Imam Ahmad Ibn Hanbal überlieferten Hadith. Andere sind der Ansicht, es sei nicht möglich, dass Licht sich verkörpere, denn es sei ja eine Auswirkung des Feuers, und demzufolge wären die Engel aus Feuer erschaffen. Sie stützen sich dabei auf die Worte des Erhabenen:

„Und den Çinn – WIR erschufen ihn zuvor aus dem Feuer des Samum.“              (Qurʾān, Surah 15, Vers 27)

Man sagt auch: Gott erschuf zwei Naturen: den Menschen aus Lehm und den Ğinn aus Feuer. Und sie erklären das arabische Wort جان Ğān dahingehend, dass es von جن ǧanna abgeleitet ist, was verborgen sein bedeutet. Da nun die Engel verborgen und mit dem Auge nicht zu sehen sind, gehören sie zu den Ğinn.

Diese Meinung findet jedoch keine Akzeptanz unter den Muslimen und so ist die herrschende Meinung, dass Gott die Engel aus Licht, die Menschen aus Lehm wie Keramikwaren und die Ğinn aus einer Feuermischung erschuf, und die Dschān sind die Ğinn, die Gott, der Erhabene, in SEINEM BUCH mit den Worten erwähnt:

„Sprich: „Geoffenbart ward mir, dass eine Schar von den Çinn zugehört hat. Da sprachen sie: «Fürwahr, wir hörten einen wunderbaren Qurʾān, der zum vernunftgemäßen Han-deln führt. So glauben wir an ihn, und wir werden unserem Herrn niemals jemanden beigesellen.
           (Qurʾān,  Surah 72, Verse 1-2)
Und es ist auch gegen die Vernunft, dass sie Engel seien, denn das anbetende Dienen liegt in der Natur der Engel und so bedürfen sie keiner Botschaft.

Dementsprechend ist der Glaube an die dritte Natur Pfli-cht, die Gott aus Licht erschuf, wie genauso der Glaube Pfli-cht ist, dass Gott unter ihnen Präferenzen hat. So gibt es unter ihnen nahestehende Engel, als da sind:

Gabriel, der mit der Übermittlung der Offenbarung an die Propheten und Gesandten beauftragt ist, wie der Erhabene sagt:

„Mit ihm kam der vertrauenswürdige Geist herab“
                                             (Qurʾān,  Surah 26, Vers 193)
Michael, der in folgenden Worten des Erhabenen erwähnt wird:

„Wer ein Feind Gotts und DESSEN Engel und DESSEN Gesandter und Gabriels und Michaels ist, so ist Gott fürwahr ein Feind der Islam-Leugner.“       (Qurʾān, Surah 2, Vers 98)
Israfil, der mit dem Blasen des Horns am Auferstehungstag beauftragt ist.

Darüber hinaus muss man an Malik, den Höllenvogt, glau-ben. Der Erhabene sagt:

„Und sie rufen: „O Malik! Machte dein Herr uns doch ein Ende!“ Er wird sagen: „Fürwahr, ihr seid Verbleibende!“
                                              (Qurʾān, Surah 43, Vers 77)

Und der Vogt des Paradieses. Es wird gesagt, sein Name sei Raḍwān.

Außerdem ist der Glaube an die Höllenvogte Pflicht, denn der Erhabene sagt:

„Über ihm sind neunzehn. Und WIR haben zu Hütern des Höllenfeuers niemanden außer Engel gemacht...“
                              (Qurʾān,  Surah 74, Verse 30-31)
Und die Wächter. Der Erhabene sagt:

„Und ER ist der bezwingende Herr über SEINE anbetend Dienenden, und ER sendet Wächter über euch...“
                                          (Qurʾān,  Surah 6, Vers 61 )

Und ER sagt auch:

„Für ihn sind begleitende Schutzengel vor ihm und hinter ihm. Sie beschützen ihn auf Gotts Geheiß...“
                                          (Qurʾān, Surah 13, Vers 11)

Sowie die Schreiber gemäß der Worte des Erhabenen:

„Und fürwahr, über euch sind Wächter, ehrwürdige, schr-eibende.“         (Qurʾān,  Surah 82, Verse 10-11)
Kurz gesagt, der Glaube an die Engel, deren Namen im ehrwürdigen Qurʾān stehen, ist Pflicht. Überdies muss man daran glauben, dass es weitere Engel gibt um den Thron zu tragen, und Engel, die die Menschen sterben lassen, und andere.

Der Beweis für die Existenz von Engeln und die Pflicht des Glaubens an sie besteht in deren Erwähnung in zahl-reichen Versen im ehrwürdigen Qurʾān sowie in der Anwei-sung Gotts an die Gläubigen, dass diese an deren Existenz insgesamt wie einzeln zu glauben haben. Wer sie ergo ableug-net, ist schon vom geraden Weg abgewichen. Gott, der Erha-bene, sagt:

„...Und wer Gott leugnet und SEINE Engel und SEINE Bücher und SEINE Gesandten und den Jüngsten Tag, dessen Fehlgehen ist ja bereits sehr weit gegangen.“
                                               (Qurʾān,  Surah 4, Vers 136)

Außerdem wird über Engel in Ḥadīṯen des Gesandten Gotts (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) berichtet. Zu diesen Ḥadīṯen gehört, was Muslim überliefert, dass der Pro-phet (Gott segne ihn und schenke ihm Heil!) bei seinem Bitt-gebet, wenn er das Gebet der Nacht verrichtete, zu sagen pflegte: „O Gott! Herr Gabriels und Michaels und Israfils! Schöpfer der Himmel und der Erde! Wissender um das Unsi-chtbare und Sichtbare! DU urteilst zwischen DEINEN anbete-nd Dienenden hinsichtlich dessen, worüber sie unterschiedli-cher Meinung sind. Leite mich mit DEINER Erlaubnis zu dem recht, worin man hinsichtlich der Wahrheit unterschiedlicher Meinung ist! Fürwahr, DU leitest recht, wen DU willst, zu einem geraden Weg!“

Auch die Worte des Propheten: „Der Himmel brüllte stöhnend und er hat recht stöhnend zu brüllen: Es gibt keine Stelle vier Finger breit in ihm, an der nicht ein sich nieder-werfender Engel wäre.“

Überdies verhindert der Verstand die Existenz der Engel nicht, zumal sie Spuren hinterlassen, die ihre Existenz bele-gen. Zu diesen Spuren gehören:
a)        as Gelangen der Offenbarung zu den Propheten und Gesandten, wobei sie diese meistens durch den vertrau-enswürdigen Geist Gabriel (Friede sei mit ihm!), also den mit der Offenbarung betrauten Engel, erreichte.
b)        Das Sterben der Menschen durch das Ergreifen deren Seelen ist ebenfalls eine sichtbare Spur. Ferner belegt dies die Existenz des Todesengels und dessen Helfer. Gott, der Erhabene sagt:

„Sprich: Es nimmt euch der Engel des Todes hinweg, der mit euch betraut ist...“       (Qurʾān, Surah 32, Vers 11)

Und letztendlich stimmen die Menschen darin überein, dass das Nicht-Sehen einer Sache auf Grund von Sehschwä-che oder Verlust der Sehfähigkeit die Existenz dieser Sache nicht ausschließt. Es gibt sogar viele materielle Dinge, die man erst sehen konnte, als man das Fernrohr erfunden hatte. Auf diese Weise schließt das Nicht-Sehen der Engel deren Existenz nicht aus, denn wir haben keine Möglichkeiten, die uns bei deren Sehen helfen. Solange die Offenbarung uns  deren Existenz be-richtet, ist der Glaube an sie Pflicht.



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[1]) Mit „Erdbeben der Stunde“ ist der Tag der Abrechnung gemeint.


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مقدمة المدونة

                  مقدمة المدونة تعددت الأصوات المطالبة بتجديد الخطاب الديني؛ إذ أدلى بدلوه في هذا المجال المتخصصون وغير المتخصصين ...